Modern Earl: Turning Point Herrenwies – Forbach 2016

Modern Earl

Datum: 11.11.2016
Venue: Turning Point Herrenwies in Forbach
Website
Autor/Fotograf: Jörg Neuner



Konzertbericht

Back in the Cave – Southern Country Rocker

Forbach (music-on-net) – Schön, wenn der Schmerz nachlässt. Manche Dinge registrierst du erst, wenn sie plötzlich aufhören und du denkst: oh, danke! Oder umgekehrt, etwas hört urplötzlich auf und du denkst: Verdammt, warum war ich da nicht öfter?!

Letzteres ist bei mir der Fall, als ich mich für das Konzert von Modern Earl im Turning Point akkreditiere. „Ist übrigens unser letztes Konzert“ bekomme ich als Info am Rande. Es verspricht also schon mal, ein denkwürdiges Konzert zu werden. Denn das Turning Point ist seit Jahrzehnten DIE legendäre Musik-Kneipe, ebenso gutsortierte Disco wie Whiskey-Bar ziemlich oben im Schwarzwald; das alles im Gewölbe des alten Schulhauses von Herrenwies, in dem neben der Band gar nicht so sehr viel mehr Leute Platz haben.

„Back in the Cave!“ begrüßt Christopher Earl Hudson das Publikum – keine 100 Leute, aber mit Nummernschildern vom Elsass bis nach Stuttgart. Die Band ist zum dritten Mal zu Gast, hat zwischendrin aber auch schon mal tausende Biker gerockt bei den Hamburger Harley-Days und am Faaker See.

Hier sind alle hautnah dran, der erste Zuhörer steht genauso nah am Mikro wie Earl… Und sofort gibt es das volle Brett, nach drei Liedern sind alle in Bewegung. Die vier Jungs haben aus dem Stand eine wahnsinnige Spielfreude, die absolut authentisch und ungekünstelt rüberkommt. Die Geschichten der Lieder spiegeln das genauso wieder, wie in Paid To Party. Ethan Schaffner steuert die ekstatische Lead-Guitar bei, wechselweise Banjo und Laptop-Steel. Der bärtige Ben Hunt brummt am Bass und spielt sich mit Earl die Bälle zu. Dahinter turnt Dan Telander an den Drums, sehr knackig und gerne auch im Stehen.

Von Lynyrd Skynyrd über Marshall Tucker bis Jerry Reed kommt einem dabei alles aus dem Süden in Sinn, die Stimme kratzt auch mal bis an Dylan ran und alles kommt einem in dem engen Gewölbe kräftig um die Ohren geflogen. Country-Rock vom Feinsten. Die meisten Lieder stammen aus eigener Feder, die wenigen Cover kommen von Johnny Cash, Willie Nelson oder eben der Marshall Tucker Band; AC/DC stiftet ein eher getragenes Stück mit Shook Me All Night Long.

Mein Highlight ist die Eigenkomposition Devil’s Playhouse wegen seiner sensationellen Dynamik. Wie ein über die Prärie aufziehendes Unwetter schwebt leise die Slide-Gitarre heran, die Drums legen ein noch verhaltenes Knistern in die Luft, entferntes Bassgrollen … dann bricht schlagartig das Gewitter los … ebbt wieder ab … kommt in Wellen wieder … reißt alles mit.

Das Publikum ist voll dabei, noch vor der Zugabe wird auf Bänken und Tischen getanzt. In Blackwood Betty muss nicht lange zum Mitsingen aufgefordert werden. Und sogar Talenders spektakuläres, ewig langes Drumsolo in Willie Nelsons Bloody Mary Morning bringt die Meute zum Mitsingen.

In der Zugabe kommt schließlich auch noch der unvermeidliche Alabama-Song – hatte ich eigentlich gar nicht unbedingt vermisst, bei dem grandiosen Eigenmaterial. Aber Sweet Home geht natürlich immer, zumal in eher akustischer Interpretation und mit etwas Walk On The Wild Side ganz interessant abgeschmeckt.

Als ich um Mitternacht wehmütig das letzte Konzert des Turning Points verlasse und in den Schnee stapfe, fällt mir auf Anhieb so gar kein Gig der letzten Zeit ein, das besser war.

Unbedingt anhören, die Jungs von Modern Earl treiben sich eigentlich die ganze Zeit in Europa herum.


Setlist | Modern Earl

Hooray
Whiskey On The Table
Catfish And Titties
Rocky Top
Blame The Bottle
Angel From Montgomery
I Know You Rider
Big Booty
You Shook Me All Night Long
Devil’s Playhouse

Set 2

Folsom Prison Blues
Hot Damn
Dixie
Hillbilly Band
Road Trippin’
Whiskey Sister
Backwoods Betty
Bloody Mary Morning
T For Texas

Encore

Long Haired Country Boy
Sweet Home Alabama
Old Man Coming Down From The Country


Konzertfotos | Modern Earl



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