Peter Karp
Datum: 22.03.2025
Venue: Blues-Club Baden-Baden
Inhalt
Konzertbericht
Seit 2018 warte ich darauf, dass Peter Karp die Bühne im Löwensaal in Baden-Baden besteigt. Damals hatte mich das Village-Habach angefragt, für ihre Konzert-Ankündigung ein Bild von Fabian Anderhub zu verwenden, das ich hier im Blues-Club gemacht hatte. Ich freue mich über die leider nicht selbstverständliche Geste und stöbere natürlich gleich durch das Programm des kleinen Kult-Clubs. Mal schauen, was im Bayrischen so geht.
So einiges. Um nicht zu sagen, so ziemlich alles, was im Blues einen Namen hat. Also natürlich viele Blueser, die auch in Baden-Baden schon zu Gast waren. Aber eben auch ein Peter Karp, den ich bislang nicht kannte und den ich mir gleich näher anhöre. Sehr cooler und vielseitiger Gesang, Dobro mit Bottleneck, Harp, Mick Taylor in der Bandgeschichte, Zusammenarbeit mit Sue Foley, der kanadisch-texanischen Blues-Lady … ja bitte und unbedingt.
Sechs Jahre und eine Pandemie später ist es tatsächlich so weit.
Und das Leben meint es gerade wirklich gut mit mir: nicht nur eine Slide-Guitar im Line-up, nein, deren zwei. Marc Johnson war der kongeniale Slide-Partner von Laptop-Steel-Zauberer Tom Gray – mit Delta Moon waren sie 2013 und 2019 hier an der Oos und sind mir und dem Publikum in bester Erinnerung. Frontmann Tom Gray hat leider zwischenzeitlich seinen heroischen Kampf gegen den Krebs verloren.
In der Pause erfahre ich am Merchandising-Stand, wie nun trotzdem ein Wiedersehen mit Johnson zustande kam. Ich plaudere mit Klaus Steigmeier, dem deutschen Tour-Manager der Band, der eben auch der Manager von Delta Moon war. Er hatte den richtigen Riecher, in welcher Band Johnson mit seinem Bottleneck gut aufgehoben wäre und brachte ihn mit Peter Karp zusammen. Gute Idee.
Soviel zur Vorgeschichte, auf die Bühne jetzt. Dort gibt es für die vier Bandmitglieder fünf Positionen, denn Karp spielt neben der Gitarre auch ein begnadetes Piano. Eyecatcher über dem Keyboard ist das wunderschöne Shure 55 SH – diesen Mikrophon-Klassiker habe ich im Blues-Club bisher noch nicht zu Gesicht bekommen. Karp eröffnet an den Tasten mit relaxtem Sprechgesang, ein leicht jazziger Touch von Steely Dan liegt in der Luft. Dazu rührt Paolo Xeres sachte mit den Besen auf seinen Drums, bevor Johnson sanft über die Saiten slidet.
Gleich darauf hämmert ein Jerry Lee Piano-Riff eine härtere Gangart ins Publikum. Rap-artiger Gesang und viele Breaks lassen erahnen, dass Karp mit Schubladen nicht viel am Hut hat, sondern auf der Basis des Blues aus jedem Song sein ganz eigenes Ding macht. Wenn ich ihm beim Gitarrenspiel auf die Finger schaue, muss ich an Willie Nelson denken. Neben ausgeprägtem Bending der Saiten auch immer wieder diese kurzen Aussetzer, wenn er sich mal eben nur um gefühlvollen Gesang kümmert. Oder zum Sprechgesang wechselt, scheinbar ohne Rücksicht auf Takt oder Melodie. Aber alles mit einer traumwandlerischen Sicherheit, dass der Song dabei nicht auseinanderfällt.
„Right here, right now! Beautiful Place“, flicht er mitten im Song ein. Allerdings.
Die Konstante des Abends, wenn es eine gibt, ist das grandiose Zusammenspiel der Gitarren – danke, Klaus Steigmeier, da haben sich wirklich zwei gefunden! Immer wieder gehen die beiden zusammen und verflechten ihre Soli, ohne dass auch nur ein Ansatz von selbstverliebtem Gekniedel aufkommt. Johnson übernimmt mit den beiden klassischen Fender-Gitarren die tiefere, rauher bis sägende Basis – Delta Moon lässt grüßen. Darüber spielt Karp die höheren, melodischeren und weicheren Melodien, das Ganze im fließenden Wechsel zwischen slide, picking oder Schlagen der Saiten. Mal stampfender Blues, mal treibender Rocker. Neben Jerry Lee Lewis habe ich auch mal kurz die Beatles im Ohr, als sich ein Stück kurz anhört, als wollte es zu Ballad of John & Yoko werden.
Kurz nach der Pause steigt Karp vom Sockel und rockt mit den Tänzern vor der Bühne. Vorausschauend hat er vorher sein Weißbierglas am Bühnenrand geparkt, um dem Publikum ganz nah zuprosten zu können. Tuchfühlung zum Publikum ist ihm wichtig. Er spricht über seine Motive vor und in den Songs. Geht in unmittelbaren Kontakt, ohne Mikro, singt Not Giving Up am Bühnenrand eindringlich und rein akustisch.
Um die Band zu vervollständigen – laut Karp die beste Besetzung, in der er je gespielt hat:
In der Rhythmus-Section wird der Drummer Paolo Xeres von seinem Bruder Marco am Bass ergänzt, der mit einem knackigen Solo glänzt. Paolo steht dem in nichts nach und spielt sein Solo gleich hinterher, von ganz sachte bis es krachte. Die Xeres Brothers, Vollblut-Italiener, die seit 40 Jahren zusammen spielen und die auch schon mit Delta Moon unterwegs waren.
Und Karp ist Vollblut-Musiker. Gitarre, Piano, eine harp holt er auch noch aus dem Köfferchen. Die gefühlvolle Stimme hell bis rauh. Mit seinem Gesang strahlt er eine Authentizität der Geschichten aus, die er in seinen ausschließlich eigenen Liedern erzählt, auch wenn man die Texte nicht alle mitbekommt. Man wünscht sich fast Untertitel wie bei Springsteen auf seiner letzten Tour, wenn er die Stories wirklich rüberbringen wollte. Die einschlägige Presse und Musiker-Kollegen wie Mick Taylor – mit dem Ex-Gitarristen der Stones hat er sein erstes Album aufgenommen und zusammen getourt – alle sind sich einig, dass Bruce nicht der einzige geniale Singer/Songwriter aus New Jersey ist. Sie bescheinigen Karp, seine zielsicheren Beobachtungen der amerikanischen Gesellschaft in innovative Lyrik umzusetzen, die gleichzeitig unterhaltsam ist und die Traditionen des Americana-Blues fortsetzt.
Auch seine eigene Geschichte hat er in dem Stück Alabama Town verarbeitet. Der Umzug von New Jersey nach Alabama, auch noch in einen Trailer-Park. Der vordergründige Abstieg ist für den 8-Jährigen aber auch die Keimzelle für die Musik, die er heute macht. Er lernt das Zuhören und entdeckt als musikalische Vorbilder eben nicht nur Lynyrd Skynyrd, sondern mit Steve Cropper und Wilson Pickett auch Funk und Soul.
Und noch eine Qualität hat Karp mit dem Boss gemein: er ist nicht von der Bühne zu kriegen. Die drei Lieder als Zugabe sind ja schon reichlich und werden vom jubelnden und tanzenden Publikum dankbar aufgenommen. Danach will Andrea Weyer vom Club schon ihre Absage machen, da kommen die Jungs nochmal auf die Bühne und reichen noch einen Song nach. Und den lässt Karp an den Tasten dann auch noch in ein sehr authentisches Let It Be übergehen … nochmal die Beatles – und nochmal Springsteen, der seine Konzerte gerne mal mit Twist And Shout beendet.
Kleines Schmankerl zum Schluss – eine schöne Geschichte, die Andrea dann am Ende andeutet. Sie tröstet mich dafür, dass Karp seine Resonator-Gitarre nicht mit dabei hatte, auf die ich mich auch gefreut hatte. Johnson hatte ja seine bekannten Tele- und Stratocaster am Start, aber was zur Hölle spielt Karp da eigentlich für zwei hübsche, kleine Gitarren? Andrea erzählt von dem Gitarrenbauer, der vor dem Konzert noch eben im Backstage war, um eine Anpassung vorzunehmen. Und der Blues-Club wird mal wieder seinem Ruf für den persönlichen Support der Bands gerecht, indem sie mal schnell noch einen Bohrer besorgen. Nach dem Konzert schwärmt Karp von seinen beiden brandneuen Gris Gris Gitarren. Er hat sie erst diese Woche gekauft und bestreitet gleich das ganze Konzert damit, um auszuloten, was er alles aus ihnen herausholen kann. Jetzt habe ich auch das Autogramm vom Gitarrenbauer mit auf dem Plakat – Johannes Stuhl aus dem Odenwald, auch der hat eine spannende Geschichte.
Wer hören möchte, wie die Geschichte weitergeht:
06.06. Vilsbiburg, Mitanand Fest
Autor/Fotograf
Line-up
Peter Karp guitar, piano, vocals
Marc Johnson guitar
Marco Xeres bass
Paolo Xeres drums
Websites
https://www.peterkarp.com/
https://www.grisgrisguitars.com
Bildergalerie











































