Slime
Datum: 08.03.2013
Venue: Stattbahnhof Schweinfurt
Support: The Screwjetz
Autor/Fotograf: Gerald Langer
Inhalt
Konzertbericht
„In Hamburg sagt man einfach Tschüss“
Schweinfurt (music-on-net) – Bevor die Hamburger Deutsch-Punk-Polit-Rocker Slime die Zuhörer in dem gut besetzten, aber eben längst nicht ausverkauften Stattbahnhof Schweinfurt in Wallung versetzen sollen, dürfen wir der Band The Screwjetz lauschen.
Support: THE SCREWJETZ
Die Band war erst kurz zuvor in das Programm aufgenommen worden. Die meisten werden sie nicht gekannt haben. Insofern ein nicht ganz leichter Stand für die Hessen, die aus meiner Sicht ein sehr passables Set liefern.
Angry Punk-Rock nennen sie selbst dieses Genre. Bei aller Wut bleiben sie freundlich und haben sichtlich Spass am gut halbstündigen Vorheizen für den angekündigten Headliner. Ihre für lediglich einen Euro feil gebotene Demo-CD am Merchandising-Stand haben am Ende des Konzertes hoffentlich viele mitgenommen. Ich selbst habe leider gedankenlos den Nebenausgang genutzt.
Slime aus Hamburg
Kurz nach 22 Uhr gehen dann Slime auf Sendung. Sie sind immer politisch, gesellschaftskritisch und damit auch polarisierend gewesen. In den 1990er Jahren hatte man der Band allerdings auch ein gewisses Maß an Kommerzialisierung vorgeworfen.
Als Intro hören wir die gesprochene Indizierung zweier Songs der Band, die in Abweichung ihrer eigentlichen Zielsetzung, durchaus auch Popularität zu fördern vermag. Verbote machen immer auch neugierig!
Die alte Wut ist vielleicht schon etwas raus, wenngleich die geballte Faust eine noch immer wiederkehrende Geste von Sänger Dirk „Dicken“ Jora ist.
1979 gegründet, 1994 dann nach diversen Wechseln dann aufgelöst und im Jahr 2009 neugegründet, liefert die Band heute noch immer durchaus hörbaren Punk-Rock, der textlich allerdings bei genauerem Hinhören hoffentlich die allermeisten auch etwas nachdenklich macht. Bei mir löst allerdings eine vergleichsweise kurze Ansage Nonkonformismus aus. Einen Soldaten sehr pauschal als Mörder zu bezeichnen, wie das Sänger Dirk tut, ist ein doch sehr undifferenzierter Blick auf die Wirklichkeit und mag vielleicht in ein sehr einfach strukturiertes, lediglich Schwarz von Weiß und auf diese Weise dann Gutes und Böses unterscheidendes Weltbild passen, es provoziert – hoffentlich nicht nur bei mir – durchaus auch andere Meinungen.
„Sich fügen heißt lügen“, ist das erste offizielle neue Album von Slime nach achtzehn Jahren. Es knüpft dabei fast nahtlos an die Vorgängeralben an. Textlich haben Slime sich dabei an den Dichter Erich Mühsam angelehnt, der im Jahre 1934 von den Nazis umgebracht wurde.
Politischer Anarchismus im Gewand des deutschen Punkrock der 2010er Jahre funktioniert durchaus und gebärt Songtitel wie „Wir geben nicht nach“ und „Seenot“ (Wenn Banker über Leichen gehen). Das Publkum tobt, geizt allerdings etwas mit Beifall.
Mit den klaren Bekenntnissen gegen rechte Gewalt, wie in Schweineherbst als Anspielung auf die mörderischen Übergriffe in Rostock-Lichtenhagen auf vietnamesische Asylbewerber, liefern sie heute Abend für mich eines ihrer stärksten und inhaltlich nach wie vor überzeugendsten Stücke ab. Zwanzig Jahre alt ist dieser Titel. Im Hinblick auf die derzeit wieder anlaufende politische Debatte um ein NPD-Verbot hat er an Aktualität nicht verloren.
Non established since 1979 kann man auf der Facebook-Seite der Band lesen. Inwiefern das wirklich zutreffend ist, mag jeder Hörer für sich selbst entscheiden. Insgesamt war es ein gelungener punk-rockiger Abend. Und wenn dann auch noch Songs und ihre Ansagen nachdenklich machen, ist doch schon viel erreicht. Wir müssen schließlich nicht in allen Punkten übereinstimmen.
„In Hamburg sagt man Tschüss“, so Dirk am Ende, bevor vom Band die musikalische Interpretation von Heidi Kabel eingespielt wird.
Line-UP | THE SCREWJETZ
Peter (Huhn) Screwjet – (git/voc)
Markus Screwjet (bass)
Paddy Screwjet (drums)
Felix Screwjet (git)
Setlist | THE SCREWJETZ
Wasser
Kleine Lügen
Unvergleichlich
Das Schweigen
Siegerkind
Das Lied über Menschen
Welt in Flammen
Wir laufen weiter
Defensive unbewaffnet
Herz aus Gold
Line-Up | SLIME
Gesang | Dirk „Dicken“ Jora (seit 1979) |
Gitarre | Michael „Elf“ Mayer |
Gitarre | Christian Mevs (seit 1980) |
Bass | Nici (seit 2010) |
Schlagzeug | Alex Schwers (seit 2010 |
Setlist | SLIME
A.C.A.B.
Hey Punk
Legal, Illegal, Scheißegal
Wir geben nicht nach
Schweineherbst
Sich fügen
Alle gegen alle
Alptraum
Zum Kampf
Störtebecker
Wenn der Himmel brennt
Bett aus Lehm
Gewalt
Freiheit in Ketten
Untergang
Artificial
Rebellen
Seenat
Brüllen
Der Tod ist eine Meister
Zugaben:
Gewinnen
Linke Spiesser
Religion
Deutschland
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