Mogwai
Datum: 04.02.2014
Venue: Batschkapp Frankfurt am Main
Support: Forest Swords
Autor/Fotograf: Gerald Langer
Inhalt
Konzertbericht
Melancholie und brachiale Härte – Rave Tapes
Frankfurt am Main (music-on-net) – Die legendäre Frankfurter Batschkapp hat vor wenigen Wochen erst ihre neuen Räumlichkeiten in der Gwinnerstraße 5 bezogen.
Ich bin sehr zeitig vor Ort und stehe nur kurz am Zugangstor zum geräumigen Gelände, bevor dieses frühzeitig geöffnet wird. „The Doors Are Open“ – aber leider kurz vor 19 Uhr nur vereinzelte Zuhörer auszumachen. Die Situation ist etwas irritierend. Kurz nach 19 Uhr wird dann auch der Zugang in die eigentliche Veranstaltungsräumlichkeit gewährt. Eine wunderbar schlichte Schuhkarton-Architektur mit eingebauter Empore, die heute Abend allerdings geschlossen bleibt. Um 20 Uhr ist die Halle dann recht plötzlich nicht nur sehr gut , sondern in den vorderen Reihen nahezu dicht gefüllt, so dass Forest Swords in einer Dreierformation mit ihrer Performance beginnen können.
Support: Forest Swords
Forest Swords ist ein außerordentlich artifizielles Projekt von Matthew Barnes. Es gibt keine Band im Rampenlicht. Barnes spielt Bass, seine Assistenten sitzen an Macbooks und streuen geschickt Sound-Schnipsel ein. Die Bühne ist so stark abgedunkelt, so dass ein Fotografieren der Protagonisten mit üblichem Fotoequipment – ohne „Nachtsichtadapter“ – kaum mehr möglich ist. Dafür werden im Bühnenrückraum Projektionen eingespielt, die teils abstrakte, teils gegenständliche florale und skulpturale Traumwelten in Slowmotion oder im Zeitraffer präsentieren. Eine sehr anmutige Stimmung in sehr konsequenter Umsetzung, die sicherlich auch an sogenannten lost places, bestimmt auch in Museumsräumen und Kunsthallen ihre besondere Wirkung entfalten kann.
In der Batschkapp wird der rund halbstündige Trip mit deutlich mehr als nur höflichem Applaus bedacht. Das Publikum ist nun ausreichend sensibilisiert für die lauteren Klanglandschaften Mogwai’s.
Mogwai
Nach knapp halbstündiger Umbauarbeit und einem letzten Soundcheck, betreten die im besten Sinne wenig charismatischen Mogwai endlich die tiefe Bühne. Das Bühnenbild selbst ist dem Cover-Design ihres aktuellen Albums Rave Tapes nachempfunden und präsentiert sich dabei dreidimensional.
Der zwölfte Longplayer der Band aus Glasgow ist erst vor wenigen Tagen erschienen. Dennoch würde ich die Prognose wagen, dass geschätzt die Hälfte der Besucher dieses Album in digitaler oder analoger Form schon besitzen oder zumindest gehört bzw. irgendwo gestreamt haben. Ich habe es mir natürlich zuvor auch mehrfach angehört. Es war sozusagen mein Soundtrack während der längeren Autofahrt nach Frankfurt, selbst noch im mäßig anstrengenden Feierabendverkehr des Finanzzentrums am Main.
Konzertfotos | Mogwai
Soundtracks sind letztlich der Schlüssel zum musikalischen Universum der schottischen Postrocker Mogwai. Zuletzt haben sie insbesondere mit Zidane: A 21st Century Portrait und vor allem Les Revenants zwei Maßstab setzende Filmmusiken in Albumlänge geschaffen.
Das schottische Quintett liefert zwar heute Abend erwartungsgemäß schwere Kost, die stark von Gitarren, Drums and Beats und nunmehr auch vermehrt Keyboard geprägt ist, aber sie spielen wenigstens nicht im Dunkeln. Ihre Soundscapes, die zumindest bei mir wenig Assoziationen zur schottischen Landschaft wecken, eher zum bunten Leben und Ableben in einer Großstadt, werden mit einer ausdrucksstarken Lightshow unterfüttert. Die Band, an der einen und anderen Stelle unterstützt von Luke Sutherland an Gitarre und Violine, hat ihre Stärken sicherlich nicht in Rockerposen. Selbst in Ihrem Minenspiel kann man nur schwer Emotionalität, viel eher doch Konzentration ausmachen.
Ihr musikalisches Profil ist bestimmt durch ihre brachiale Härte und ihr kompaktes Zusammenspiel als Band. Im Wechsel mit traumwandlerischen, teils psychedelisch-sphärischen Tönen werden geschickt immer wieder neue Stimmungen beim Hörer erzeugt. Es werden auf diese Weise individuelle Kurzfilme evoziert, die in unserer Gedankenwelt, vor unserem geistigen Auge abzulaufen scheinen. Die Band präsentiert folgerichtig selbst keinerlei Filmmaterial, sondern überlässt das Filmemachen dem Betrachter, der so auch zum eigenen Regisseur wird.Dabei wird einem im Nachhinein auch bewusst, wie perfekt der Support durch Forest Swords mit seiner relativ konkreten Visualisierung zu Mogwai im Hauptprogramm passt.
Mit einem sehr starken We’re No Here vom Album Mr. Beast und einer dazu hervorragend passenden Lightshow geht ein insgesamt – mit Zugabenteil – neunzigminütiges Konzert zu Ende.
Das finale Stück wird derart überwältigend präsentiert, dass vereinzelte Rufe nach Zugabe erfolglos verschallen müssen. Ein klassischer Spielfilm und ein Fussballspiel ist nach einer solchen Spielzeit schließlich auch vorbei.
Der Abspann läuft bereits – die letzten Töne von der Bühne erreichen uns, als die Band diese schon längst verlassen hat. Wir liegen fömlich unter einer tonnenschweren sprichwörtlichen Klangplatte, unter der uns Mogwai begraben haben, werden fast erdrückt und bahnen uns ganz vorsichtig den Weg ins nächtliche Frankfurt oder erst einmal zum Auto. Wie die Untoten bei „Les Revenants“. Geradezu gespenstisch!
Setlist
- 1.Heard About You Last Night
- 2.Rano Pano
- 3.Master Card Play
- 4.I’m Jim Morrison, I’m Dead
- 5.The Lord Is Out of Control
- 6.White Noise
- 7.Friend of the Night
- 8.How to Be a Werewolf
- 9.Deesh
- 10.Blues Hour
- 11.Remurdered
- 12.Mexican Grand Prix
Encore:
- 13.New Paths to Helicon, Pt. 1
- 14.We’re No Here
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