Al Di Meola: Twentyfour

Al Di Meola

Album: Twentyfour
Format: DO-Vinyl, DO-CD, Digital
VÖ: 19.07.2024
Label/Vertrieb: earMusic
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Rezension (Album)

In einem gesonderten Beitrag habe ich bereits auf die Single-Auskopplungen des in wenigen Tagen erscheinenden Albums Twentyfour von Al Di Meola aufmerksam gemacht.

Diese Tracks sind allesamt hörenswert, doch entfalten sie ihr volles Aroma erst dann, wenn man sie in den Kontext der insgesamt 15 Songs umfassenden Tracklist des Albums stellt.

Musikalischer Lebenslauf des Gitarrenvirtuosen im Zeitraffer

Die ersten instrumentalen Gehversuche unternahm Al Di Meola im Kindesalter am Schlagzeug, bevor er ab seinem 7. Lebensjahr an der Gitarre ausgebildet wurde.

Chick Korea entdeckte ihn für seine Band Return To Forever. Bereits 1975 erhielt er mit dieser Formation den Grammy für die „beste Jazz-Performance einer Band“. Zu diesem Zeitpunkt war Al Di Meola gerade einmal 21 Jahre alt.

Mit den drei Soloalben Land Of The Midnight Sun (1976), Elegant Gypsy (1977), Casino (1978) und Splendido Hotel (1980), hatte er das Fundament für eine sensationelle Karriere gelegt, die anschließend in zwei auf Tonträgern festgehaltenen Gipfeltreffen von Ausnahmegitarristen gipfelte:

1981 nahm er zusammen mit John McLaughlin und Paco de Lucía das Live-Album Friday Night in San Francisco auf, 1982 folgte das Studio-Album Passion, Grace & Fire.

Danach gab es über Jahrzehnte zahlreiche, keineswegs mediokre, Album-Veröffentlichungen des US-amerikanischen Künstlers mit italienischen Wurzeln. Einiges davon steht auch in meinem Regal.

Der Musiker als Koch

Italienische Gerichte scheint er für wohlhabende Feinschmecker wohl ebenso kunstvoll zu komponieren wie seinen audiophilen Output, wenn man den einschlägigen Bildern auf seinem bevorzugten Social- Media-Kanal Facebook glauben darf. Wichtig zu erwähnen, dass er die so generierten Einnahmen regelmäßig wohltätigen Zwecken zuführt.

Krisen als Impulsgeber

Im Digipack der mir vorliegenden DO-CD äußert sich Al Di Meola fast philosophisch zum aktuellen Album:


„Twentyfour begann als Samen, der in einer dunklen Zeit im Jahr 2020 gepflanzt wurde, aber vier Jahre später erblühte er zu einem lebendigen Strauß musikalischen Ausdrucks, größer und schöner, als ich es mir jemals hätte vorstellen können. Was während der Pandemie als echte Therapieform begann, entwickelte sich zu einem vollwertigen Kunstwerk. Es ist ein Beweis für die heilende und transformierende Kraft der Musik.“


Ich möchte dieses Statement noch um einen weiteren besonderen Umstand ergänzen.

Im September 2023 erlitt Al Di Meola auf der Bühne einen Herzinfarkt, von dem er sich offensichtlich gut erholte. Dieses Momentum, die Erfahrung der eigenen Endlichkeit, dürfte dem Familienmenschen und spät berufenen Vater der noch sehr jungen Tochter Ava einen besonderen Impuls gegeben haben, mit Twentyfour nochmals alle Register seines musikalischen Vermögens zu ziehen.

Es tauchen immer wieder Motive früherer Alben auf, als würde sich im Jahre 2024, in wenigen Tagen wird Al Di Meola sein 70. Lebensjahr vollenden, gewissermaßen ein Kreis schließen.

Twentyfour stellt somit quasi die Essenz seines bisherigen musikalischen Vermächtnisses dar.

Für sämtliche Kompositionen und Arrangements zeichnet Al Di Meola verantwortlich, einen erheblichen Beitrag bei der verwendeten Instrumentierung leistet er ohnehin an der akustischen und elektrischen Gitarre, verschiedentlich auch an Bass und Keyboards.

Die musikalischen Zutaten seiner Mitspieler sind ebenso herausragend, ordnen sich aber dem „Leadgitarristen“, der immer noch leichthändig durch sein klangvolles Universum führt, unter.

Es fällt schwer, einzelne Tracks besonders hervorzuheben, nachdem Al Di Meola über die gewählten vier Single-Auskopplungen schon Akzente gesetzt hat.

Mit dem Opener Fandango demonstriert er immer noch seine flinken Finger, sein besonders schnelles Spiel auf den Saiten, das gerade auf früheren Veröffentlichungen ein Markenzeichen von ihm war. Heute muss er allerdings niemandem mehr etwas beweisen.

Al Di Meola arbeitet auf Twentyfour hörbar in Schichten.

Selbst bei den orchestralen Arrangements von Ava’s Dance In The Moonlight, seiner Tochter gewidmet, bleibt die Gitarre am Ende Ton angebend.

Eden nimmt mit dem feinen Gesang von Siuxx sicherlich eine Sonderstellung auf dem ansonsten rein intrumentalen Album dieses high-fidelen Feinschmeckers ein.

Twentyfour könnte tatsächlich auch einen – hoffentlich nur theoretischen – Schlusspunkt unter dessen beispiellose Karriere setzen.

Allerdings bin ich mir sicher, dass in Al Di Meola noch immer kreatives Feuer brennt, er auch weiterhin Alben veröffentlichen und anschließend auf Tour gehen wird.

Wie im Moment, siehe weiter unten.

Für all diejenigen, die in diesem Jahr nicht dabei sein können, bietet Twentyfour als DO-CD, sicherlich auch als Doppel-Vinyl, Klangqualität vom Feinsten in den eigenen vier Wänden.

© Gerald Langer


Tracklist

Disk 1 / 2 (CD)

01 Fandango
02 Tears of hope
03 Esmeralda
04 Capriccio suite
05 Ava’s dance in the moonlight
06 Immeasurable [Part 1]

Disk 2 / 2 (CD)

01 Immeasurable [Part 2]
02 Eden
03 Close your eyes
04 Immeasurable [Part 3]
05 Paradox of puppets
06 For only you
07 Genetik
08 Testament 24
09 Precocious


Line-up

Fandango

Brass & String Arrangements – Al Di M.
All guitars – Al Di M.

Tears Of Hope

Brass, Woodwinds & String Arrangements – Fabrizio Festa
Additional Arrangements – Derek Wieland
All Guitars – Acoustic, Electric, Basses – Al Di M.
All Percussions – Al Di M.
Oiano, Keyboards – Derek Wieland
Harmonica – Rodrigo G. Pahlen

Esmeralda

Guitars, Percussion, Keyboard – Al Di M.
Chatka Closed String Guitar Rhythm – Hernan Romero

Capriccio Suite

Part 1 – Solo Acoustic Guitar & Percussion – Al Di M.
Part 2 – Counterpoint Guitars – Al Di M.
Tabla – Amit Kavthekar
Chatka Guitar Muted Rhythm – Hernan Romero

Ava’s Dance In The Moonlight

Orchestration – Strings, Woodwinds Brass – Fabrizio Festa
Additional Orchestration – Derek Wieland
Chamber Orchestra – Orchestra Di Bellagio E Del Lago Di Como
Orchestra Artistic Director – Allesandro Calcagnile
Conductor – Fabrizio Festa
Acoustic & Electric Guitars, Bass, Percussion – Al Di M.

Immeasurable Part 1

Nylon Acoustic Guitar, Percussion – Al Di M.

Immeasurable Part 2

Nylon Acoustic Guitar – Al Di M.
Chatka Guitar Rhythm – Hernan Romero
Tabla – Amit Kavthekar

Eden

Guitars, Piano, Bass, Percussion – Al Di M.
Voice & Co-Production – Siuxx (Ivan Lopez)
Drums – Pere Munuera

Close Your Eyes

Guitars, Bass Guitar, Percussion, String Arrangements – Al Di M.

Immeasurable Part 3

Guitars, Percussion – Al Di M.
Chatka Guitar Buleria Rhythm – Hernan Romero

Paradox Of Puppets

Steel String Ovation & Electric Guitar – Al Di M.
Congas – Gumbi Ortiz
Drums – Tommy Brechtlein

For Only You

Solo Nylon Guitar – Al Di M.

Genetik

Electric & Acoustic Guitar, Keyboard, Percussuion – Al Di M.
Cajon – Gisella Giufra

Testament 24

Nylon & elecctric Guitars, Bass, Percussion, Keyboards – Al Di M.

Precocious

Ovation Guitar – Al Di M.
Tabla – Amit Kavthekar
Cajon – Richie Morales
Piano – Hernan Romero


Al Di Meola | Tourdaten 2024

16.07.2024 München | Bayerischer Hof
21.07.2024 Stuttgart | Jazz Open
24.07.2024 Wolfsburg | Sommerfestival
21.09.2024 Jazzfestival Viersen
02.11.2024 Eindhoven Jazzfestival