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Rezension (Album)
„Nie wieder Krieg“ – in großen leuchtenden Lettern kann man es auf dem vor einem Monat erschienenen 13. Album der deutschen Indie-Rocker Tocotronic lesen.
Der Albumtitel, der sich auf das berühmte Plakat von Käthe Kollwitz bezieht, muss geradezu programmatisch klingen, wenn man die aktuelle Situation in der Ukraine betrachtet.
Dass es sich bei „Nie wieder Krieg“ um kein Anti-Kriegs-Album handelt, wird schon beim gleichnamigen „Opener“ klar. Es geht um Gefühle, um innere Konflikte und insbesondere um Beziehungskonflikte.
„Nie wieder Krieg
© Nie wieder Krieg – Dirk Von Lowtzow (Tocotronic)
Nie wieder Krieg
Nie wieder Krieg
Keine Verletzung mehr
Nie wieder Krieg
Nie wieder Krieg
Nie wieder Krieg
Nie wieder Krieg in dir
In uns
In mir“
Veröffentlichungsstrategie während der Pandemie
Die Texte des Albums sollen bereits vor der Pandemie entstanden sein. Das Virus hat aber sicherlich Bezug auf die Veröffentlichungsstrategie genommen.
Bereits im April 2020, in ersten Lockdown, erschien die erste Auskopplung „Hoffnung“ als Video, im Oktober 2021 dann die zweite Single-Auskopplung „Ich tauche auf“, ebenfalls als Video, eine sehr sinnliche Kooperation mit der österreichischen Künstlerin Soap&Skin.
Im Jahr 2021 gaben Tocotronic tatsächlich einige wenige Konzerte unter dem Motto „Let There Be Tocotronic“, Rückschauen auf das bisher entstandene musikalische Werk der mittlerweile etablierten deutschen Band, die seit beinahe 30 Jahren von Hamburg aus die deutschsprachigen Bühnen Zug um Zug eroberte, dabei auch auf eine solide Fangemeinde vertrauen kann.
Lyrics von Dirk von Lowtzow bleiben unverkennbare Markenzeichen
Die „juvenile Rotzigkeit“ der ersten Alben ist mehr und mehr einer Feingeistigkeit in den Lyrics gewichen. Auf „Monster“ vermag Dirk von Lowtzow tatsächlich ein wenig wie Liedermacher Reinhart Mey zu klingen. Die besondere Intonation, die Pharasierung, die Mehrdeutigkeit der Texte bleiben nicht nur ein Markenzeichen des Frontmanns. Die Band kann natürlich auch noch Gitarrenrock. Das kurz gehaltene „Leicht lädiert“ gefällt diesbezüglich ganz besonders.
Die Albumveröffentlichung sollte am 28.01.2022 ursprünglich auf und vor der Berliner Volksbühne gebührend gefeiert werden, musste recht kurzfristig, natürlich aus pandemischen Gründen, als Live-Stream aus dem SO36 stattfinden. Dafür existiert dieses besondere Konzert bis auf Weiteres als Konserve auf YouTube.
Auch die geplante Tournee musste nochmals um einige Monate nach hinten verschoben werden.
Das Album eroberte völlig zurecht die deutschen Albumcharts, sogar eine Berliner Straßenbahn wurde mit dem Slogan „Nie wieder Krieg“ tapeziert und fährt nun mahnend durch die Hauptstadt.
Ein kleiner Wermutstropfen
Einzig die Veröffentlichungspolitik des Tonträgers ist aus der Sicht eines Tonträgersammlers suboptimal.
Das reguläre Album verfügt über 12 Tracks mit einer Gesamtlaufzeit von knapp 46 Minuten. Eine runde Sache, die für CD und Vinyl-Doppelalbum (45 RPM) gleichermaßen gilt.
Will man allerdings in den Genuß der drei Bonustitel kommen, muss man sich die vergleichsweise hochpreisige Fan-Box gönnen. Dort findet man die „Extended Versions“ auf CD und Vinyl zusammen mit einem T-Shirt der Einheitsgröße „L“. Wem’s halt passt!?!
Der Rest der „Gemeinde“ dürfte die Titel des wirklich hörenswerten Albums womöglich auf den einschlägigen Plattformen – samt Bonusmaterial – streamen.
Tracklist – Tocotronic: Nie wieder Krieg
1. Nie wieder Krieg
2. Komm mit in meine freie Welt
3. Jugend ohne Gott gegen Faschismus
4. Ich gehe unter
5. Ich tauche auf feat. Soap&Skin
6. Ich hasse es hier
7. Nachtflug
8. Ein Monster kam am Morgen
9. Crash
10. Leicht lädiert
11. Hoffnung
12. Liebe
13. Du weißt mehr als ich (Bonus)
14. Ein Mann zerfällt (Bonus)
15. Sirius (Bonus)
Line Up – Tocotronic: Nie wieder Krieg
Bass Jan Klaas Müller
Drums Arne Zank
Guitars Dirk von Lowtzow, Richard McPhail
Vocals Dirk von Lowtzow & Soap&Skin
Cello, Viola, Violine, Synthesizer Friedrich Paravicini
Tourdaten 2022 – Tocotronic: Nie wieder Krieg
15.06.2022 CH Zürich – X-TRA
16.06.2022 D Marburg – Schlossparkbühne
17.06.2022 D Jena – Kassablanca
18.06.2022 D Kiel – Kieler Woche ‚gewaltig leise‘
29.06.2022 D Erlangen – E-Werk
30.06.2022 D Stuttgart – LKA Longhorn
01.07.2022 D Köln – E-Werk
10.08.2022 D Wiesbaden – Schlachthof
13.08.2022 D Leipzig – Felsenkeller
18.08.2022 D Hannover – Capitol
20.08.2022 D Berlin – Columbiahalle
31.08.2022 D Magdeburg – AMO
01.09.2022 D Düsseldorf – Zakk
02.09.2022 D Bad Zwischenahn – Zu Gast im Park
07.09.2022 D Dresden – Alter Schlachthof
26.10.2022 D Freiburg – E-Werk
22.11.2022 D Dortmund – FZW
23.11.2022 D Saarbrücken – Garage
24.11.2022 D München – Tonhalle
22.12.2022 D Hamburg – Georg Elser Halle
Fortsetzung:
Let There Be Tocotronic
19.08.2022 D Hamburg – Stadtpark
03.09.2022 D Potsdam – Waschhaus
08.09.2022 AT Wien – Arena Open Air
09.09.2022 AT Wien – Arena Open Air