William Fitzsimmons
Datum: 23.02.2014
Venue: Colos-Saal Aschaffenburg
Support: Denison Witmer
Autor/Fotograf: Gerald Langer
Inhalt
Konzertbericht
Entspannende Therapiesitzung
Aschaffenburg (music-on-net) – Traurige, nachdenkliche Lieder brauchen einen würdigen Rahmen, um bis in die letzte Reihe spürbar zu werden. Der Colos-Saal in Aschaffenburg ist nicht ausverkauft, aber mit etwa 400 Besucherinnen und Besuchern ausreichend gefüllt, um für amerikanische Singer-/Songwriter Geschichten empfänglich zu sein.
Den Anfang macht Denison Witmer aus Lancaster, Pennsylvania. Mit seiner akustischen Gitarre versucht er das Publikum auf Lagerfeuertemperatur zu bringen. Die Songs sind ein Mix aus Titeln seines aktuellen Albums, schlicht Denison Witmer betitelt, und älterem Material. Zehn Alben hat der Amerikaner mittlerweile eingespielt. Beim letzten half unter vielen anderen auch William Fitzsimmons aus. Meine Hoffnung, dass Fitzsimmons bereits im Vorprogramm auftritt, erfüllt sich leider nicht. Stattdessen streift sich Denison Witmer eine Strickmütze über, setzt sich eine Brille auf und bindet sich anschließend eine Bartatrappe, Modell „William Fitzsimmons“ um.
Konzertfotos | Denison Witmer
Zugegebenermaßen hat er die Gestik von Fitzsimmons gut beaobachtet und einstudiert. Doch all die Geschichten, über seinen Sohn Asa, zuviel Glühwein beim letztjährigen Frankfurter Weihnachtsmarkt, lenken leider zu sehr ab. Sie schaden eher seinem ohnehin kurzen Set. Gerade sein letztes Album zeigt eine feine Songauswahl, die vom deutschen Rolling Stone infolgedessen mit vier Sternen dekoriert wurde. Heute Abend bleibt Witmer bei seinem gut halbstündigen Auftritt etwas hinter seinen Möglichkeiten zurück. Schade!
Pünktlich um 21 Uhr betritt William Fitzsimmons mit Band die Bühne. Sofort ist Charisma spürbar, was eben nicht allein an seinem – von mir auf einen halben Länge geschätzten – Vollbart, fehlende Kopfbehaarung, Nickelbrille und kunstvoll geschnürten Kampfstiefeln, verwaschener Jeans und kariertem Hemd, auch noch aus der Hose hängend, liegt. Er sorgt für unglaubliche Ruhe, für Kontemplation, wenngleich auch er im Verlauf seines gut hundertminütigen Sets durchaus zum Scherzen aufgelegt ist.
Denn dauerhaft traurig zu sein kommt auch für den studierten Psychotherapeuten nicht in Frage. Dabei verlief sein eigenes Leben nicht ganz undramatisch. Da beide Elternteile blind waren, fand die Kommunikation mit dem sehenden William häufig über das Medium Musik statt. Die Scheidung der Eltern, seine eigene Scheidung, Scheidungskinder und andere zwischenmenschliche Tragödien sind sozusagen der Nährboden seiner Songs. Bei ihm fungiert der Witz, das Spaßen mit dem Publikum, als Gegengewicht zur gefühlten – wenn auch rein akustisch manchmal nur schwer verständlichen – Traurigkeit seiner gekonnt genuschelten Songs.
Konzertfotos | William Fitzsommons
Es ist ein alles andere als schweißtreibender Auftritt von Fitzsimmons und seiner Band, aber auch keine Gruppentherapiesitzung! Das neue Album Lions wird unangestrengt vorgestellt. Dazwischen ältere Songs, für die ihn seine Fans lieben. Sein junger Drummer percussioniert etwas, läuft im ersten Gang, muss sehr selten in den zweiten hochschalten. Zwischendurch bedient er Keyboards. Auch die beiden anderen Bandmitglieder an Gitarre und Bass bzw. Keyboards werden nicht an ihre körperlichen Grenzen geführt.
Nahezu alle Songs von William Fitzsimmons funktionieren eben auch ohne Band, nur mit Akustikgitarre und seiner ins Mikrofon gehauchten Stimme. Das leichte Fletschen seiner Zähne im dunklen Bartbewuchs deutet dann die Momente höchster musikalischer Intensität und körperlicher Anspannung an.
Nach knapp neunzig Minuten ein feines Zugabenset, das auch diverse Publikumswünsche berücksichtigt.
Selbst ein „Beer Song“ wird auf Zuruf intoniert. Manche Zuhörerin kann schon sehr beharrlich fordern, doch ein geschulter Psychologe kann auch mit dieser Impertinenz gut und charmant umgehen.
Das Konzert in Aschaffenburg hat ihm sichtlich Spaß gemacht. Seine Wiederkehr in den besten Live-Club des Jahres 2013 sogar sehr wahrscheinlich. Ich verlasse mich da ganz auf meinen Instinkt! Das von William Fitzsimmons genüsslich getrunkene kultige Hopfengetränk aus Aschaffenburg dürfte dabei nicht der allein ausschlaggebende Grund sein.
Setlist | Fitzsimmons
- Josie
- Brandon
- Beautiful
- From You
- Well
- Fortune
- Took
- Bird
- Everything
- Just Not
- Fade
- Centralia
- Blood
- Hold On Lions
- After All
- Heart
Encore
- Sparrow
- Passion Play
- Beer Song (Improvisation)
- Wild Flowers
- Home/Morning
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