Marc Marshall & All Stars Band
Datum: 09.03.2018
Venue: Kurhaus Baden-Baden
Show: Mr. M’s Jazz Club, Kurhaus, Baden-Baden, 08.-10.3.2018
Website
Autor/Fotograf: Jörg Neuner
Inhalt
Konzertbericht
Marc Marshall und die All Stars Band nebst dem einen oder anderen Gast
Baden-Baden (music-on-net) Was sie denn in Baden-Baden so treiben würden, wird Marc Marshall gerne mal gefragt, wenn er in der Weltgeschichte unterwegs ist.
„Wir feiern die Leidenschaft zur Musik.“ antwortet er dann.
Er muss es wissen, denn er hat einen wesentlichen Anteil daran. Alljährlich im März feiert er drei Abende lang die Leidenschaft für den Jazz nebst dem einen oder anderen Genre in seinem – Mr. M’s – Jazz Club. Im altehrwürdigen Kurhaus wird der Benazet-Saal nicht auf den Kopf gestellt, aber immerhin umgedreht. Nicht die große Bühne wird bespielt, sondern ein kleines intimes Wohnzimmer am anderen Ende des Saales. Auf zwei Sofas tummelt sich Mr. M’s mit seinen Musiker-Gästen, umringt von der All-Star-Band und auf Augenhöhe mit dem Publikum. Man plauscht Champagner-schlürfend miteinander und begibt sich in wechselnden Formationen an die Mikrofone und Instrumente.
Die Musiker genießen das offensichtlich, denn es gibt reichlich Wiederholungstäter auf der Setlist. Und dem Publikum gefällt es wohl auch – drei Tage hintereinander den Saal zu füllen, spricht für sich. Lediglich der Gastgeber sieht sich überfordert und bittet in seiner Eröffnungsnummer inständig schmachtend und rockend alle Anwesenden um Unterstützung mit Help Me Make It Through The Night – und stellt sich mit dem Country-Klassiker von Alt-Haudegen Kris Kristofferson ganz in die Tradition von Montreux; auch dort schaffen es schließlich völlig jazz-unverdächtige Acts wie ZZ-Top auf die Bühne.
Die andere – und eigentliche – Tradition der hier gefolgt wird, ist die des Jazz und Blues in Baden-Baden. Auch bei der nunmehr elften Auflage des kleinen Festivals wird der Joachim-Ernst-Berendt-Preis verliehen, um an die Ursprünge dieser Stilrichtungen in Europa anzuknüpfen. In Gedenken an den Baden-Badener Initiator der ersten Jazz und Blues-Konzerte in Deutschland wird dieser Preis an zeitgenössische internationale Musiker verliehen – in diesem Jahr an Helge Schneider. Der fragte sich am Vorabend, ob die vom Künstler Markus Lüpertz gestaltete Trophäe denn nun aus Bronze oder Knetgummi gestaltet sei.
Der erste Gast dieses zweiten Abends ist der schwedische Saxophonist und Flötist Magnus Lindgren – weder verwandt noch verschwägert mit Pippi Langstrumpf. Oder vielleicht doch ein bisschen, denn er macht sich die Querflöte, wie sie ihm gefällt. Er ignoriert gleich mal völlig die eher klassische Prägung dieses Instruments, hantiert damit wie mit einer E-Gitarre und produziert reichlich untypische gutturale und rockige Tone. Außerdem eignet sich der lange Stab bestens, um alle All-Star-Band-Mitglieder durch ihre Soli zu dirigieren. Hinterher erklärt er Mr. M. auf Deutsch, dass dieser Titel Message From Kaknäs inspiriert wurde vom Blinksignal des Fernsehturms von Stockholm, das einfach einen unglaublichen Groove hat.
Torsten Goods braucht man hier eigentlich nicht mehr vorzustellen, er weiß selber nicht mehr genau, ob er nun zum fünften oder sechsten Mal seine grüne Jazz-Gitarre auf die Bühne trägt. Er ist immer wieder good für soulig gefühlvolle Stücke wie Sommer Lovin‘, kann aber auch kräftigst in die Saiten hauen und beatboxen.
Die Dame des Abends war auch schon mal da, allerdings ursprünglich im Publikum – wurde aber ausgespäht und auf die Bühne zitiert. Da machte Marialy Pacheco dann eine gute Figur und hat heute direkt einen Sofaplatz ergattert – beziehungsweise auf dem Pianohocker. Die zierliche Kubanerin wirbelt wild über die Tasten, wobei zwischendrin deutlich Töne Ihrer klassischen Ausbildung durchkommen.
Cosmo Klein ist der Exot im heutigen Sortiment. Unterwegs zwischen Rock, Pop, House und zuhause in internationalen Dance-Charts mit zahlreichen Projekten mit verschiedensten Künstlern. Mit lässig offenen Boots stiefelt er auf die Bühne und verkörpert leibhaftig den Troubleman – steigt auf einen gerade leeren Stuhl in der ersten Reihe und feuert das Publikum zum Mitsingen an. Immer wieder erstaunlich, wie sich die Baden-Badener spontan begeistern lassen, wenn da einer kommt, der das überzeugend rüberbringt.
Mit typischer Mr. M-Dynamik kann es gleich danach wieder ganz sanft und melodisch werden mit Lindgrens Saxophon und Goods Gitarre und dann wieder überquellende kubanische Pacheco-Lebensfreude am Piano. Ein Highlight ist das Herbie-Mann-Medley von Lindgren: Die Querflöte explodiert förmlich, wird mit zusätzlichen Kehlkopflauten und überlagerten Loops fast zum Didgeridoo – und der Schwede windet sich um sein Instrument wie um eine Reckstange.
Das Bass Face Trio ist der Überraschungsgast – aber heute Abend nur ein Duett. Die beiden Musiker, die seit Jahren vor und nach dem eigentlichen Programm die Gäste an Flügel und Bass die Gäste unterhalten, werden heute erstmalig auf die Bühne gebracht. Und dürfen sich auch mal einen richtigen Applaus abholen.
Schöne Geschichten zur Musik gibt es auch: Goods kann zu Have I Told You Lately That I Love You berichten, dass seine Mutter die gleiche Schule in Irland besucht hat wie Van Morrisson, der es geschrieben hat. Und Pachecos Metro erzählt von der Geschichte der U-Bahn in Havanna, die Castro nie gebaut hat. Sie hat es mit 18 Jahren geschrieben, als sie immer frustriert auf den überfüllten Bus warten musste, und es verändert sich seitdem beständig, je nachdem, mit wem sie es spielt – heute ist das Simon Oslender an der Orgel. Ihr Piano hämmert den hektischen Verkehr in den Saal, die Orgel schwebt unbeeindruckt darüber hinweg oder schlängelt sich darunter hindurch.
Gegen Ende wird es dann wie gewöhnlich nochmal schneller und lauter und die Bühnen-Sofas immer leerer. Marshall und Goods vergreifen sich an U2’s When Love Comes To Town, wozu sich dann Bruno Müller zum Gitarren-Duell stellt. Mit Klein an der Spitze gipfelt der Abend im funkig-fetzigen Let’s Work von Prince. Mit der letzten Zugabe bedankt sich Marc Marshall schließlich artig bei allen, die ihm durch die Nacht geholfen mit You’ve Got A Friend.
Line-up | Marc Marshall
Marc Marshall – vocals
Magnus Lindgren – flute, saxophone
Torsten Goods – vocals, guitar
Marialy Pacheco – piano
Cosmo Klein – vocals
Line-up | All Stars Band
Simon Oslender – hammond organ, keyboards
Bruno H. M. Müller – guitar
Marty Klein – piano, keyboard
Michael Pauker – bass
Matse Meusel – drums
Frank Lauber – saxophon, arrangements
Setlist | Marc Marshall & The All Stars Band

Konzertfotos | Marc Marshall And The All Stars Band

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