Kate Bush: Eventim Apollo London 2014 (Live)

Kate Bush

Datum: 29.08.2014, 19:45
Venue: Eventim Apollo (Hammersmith) London
Show: Before The Dawn
Website
Autor: Jörg Klingner


Full Setlist (Kate Bush – Eventim Apollo London 2014)

Introduction
Lily
Hounds of Love
Joanni
Running Up That Hill
Top of the City
King of the Mountain
The Ninth Wave (And Dream of Sheep, Under Ice, Waking The Witch, Watching You Without Me, Jig of Life, Hello Earth, The Morning Fog)
A Sky of Honey (Prelude, Prologue, An Architect’s Dream, The Painter’s Link, Sunset, Aerial Tal, Somewhere In Between, Tawny Moon (performed by Bertie McIntosh), Nocturn, Aerial)
Finale
Among Angels
Cloudbusting


Konzertbericht

Einfach überwältigend

London (music-on-net) – Exakt um 19:45 begrüßen die Zuschauer eine Künstlerin mit stehenden Ovationen, die diese Bühne das letzte Mal am 13. Mai 1979 betreten hat und nach dieser damaligen Tour nie mehr live aufgetreten ist:

Kate Bush, barfuß und bekleidet mit einem schwarzen Fransenkleid, betritt die Bühne. Im Gänsemarsch folgen die Backgroundsänger und – sängerinnen, unter ihnen auch ihr 16 Jahre alter Sohn.Die Emotionen, die dieser Auftritt von Kate Bush im Publikum auslöst, sind rundherum zu spüren und lassen keinen kalt – noch nie habe ich ein Publikum eine(n) Künstler(in) so frenetisch feiern gesehen wie bei diesem Konzert.

Und das sollte erst der Anfang eines Live-Events werden, das, wenn man nicht dabei war, eigentlich gar nicht zu beschreiben ist. Es ist ein unvergleichliches, das Bewusstsein der Zuschauer sprengendes Erlebnis. Der künstlerische, musikalische und technische Output übertrifft wohl alles, was bislang auf internationalen Bühnen live gezeigt wurde. Kate Bush war schon vor 35 Jahren bekannt dafür, ihre Songs mit der ihr eigenen Durchsetzungskraft mittels eigener Ideen und Vorstellungen live auf der Bühne zu präsentieren. Jetzt hat sie bei ihren insgesamt 22 im (Hammersmith) Eventim Apollo geplanten Bühnenshows alles daran gesetzt, die von ihr ausgewählten Songs so zu präsentieren, dass den Zuschauern die versponnenen Geschichten, die sie in ihren Songs erzählt, mittels technischem Equipment und Bühnendarstellung näher gebracht und verständlich gemacht werden.

Das fängt bei einer phänomenalen Begleitband an, ergänzt durch hervorragende Background-Sängern und -Sängerinnen, die nebenbei auch tanzen und schauspielern. Dazu die opernhafte Darstellungen der Songs und der Einsatz einer Bühnentechnik, welche die vielen Versuche anderer Künstler, ihre Songs visuell auf der Bühne umzusetzen, blass werden lassen muss.

Der Einsatz modernster Licht-, Laser-, Video- und Projektionstechnik, gepaart mit einem Surround-Sound-System sind State Of The Art. Dies alles lässt den Zuschauer staunen und zunächst sprachlos zurück, dieses Ereignis muss erst einmal verarbeitet werden.

Kate Bush – Eventim Apollo London 2014 – Das Konzert

Doch nun zum eigentlichen Konzert – wobei der Begriff Konzert wohl nicht ansatzweise das erklärt, was an diesem Abend geboten wird:

Nach dem musikalischen Intro folgen der erste Song Lily, danach Hounds of Love, Joanni, Running Up That Hill, Top of the City und King of the Mountain. Stimmlich und musikalisch perfekt. Die Kritiker, die behaupten, dass Kate Bush bestimmte Songs aufgrund ihres Alters gar nicht mehr singen könnte, straft die Künstlerin Lügen. Jede Nuance der Studioaufnahmen kommt auch auf der Bühne zum Tragen, besonders bei den ruhigeren Songs merkt man, welche gesanglichen Qualitäten diese Sängerin ausmachen. Kate Bush schafft es mit ihrer Stimme, die perfekt agierende Gruppe ihrer Begleitsänger/innen gesanglich noch zu toppen. Man merkt dabei leider auch, welche Welten sich zwischen einer Kate Bush und den vielen heutzutage gefeierten Pop- und Rocksängerinnen auftun.

Im Outro von The King of the Mountain beginnt der zweite Teil des „Konzerts“, die Geschichte einer jungen Frau, die nach einem Schiffsunglück alleine mit einer Rettungsweste im Atlantik treibt, gefangen in einer Zwischenwelt von Leben und Tod und der Hoffnung, dem nassen Element doch noch lebend zu entkommen, indem sie gerettet wird. Dies ist der „The Ninth Wave“-Teil des Albums Hounds of Love.

Zunächst sieht man ein Video, in dem ein Astronom einen Funkspruch eines kleinen Forschungsschiffes aufgegriffen hat, welches in Seenot geraten ist. Doch die Küstenwache glaubt zunächst nicht daran, dass ein Schiffsunglück geschehen ist.

Kate Bush – Eventim Apollo London 2014 – Das Bühnenbild

Schnitt – das Bühnenbild wechselt zu einer im Zwielicht gehaltenen Show, man sieht Kate Bush auf einer Leinwand, mit einer Rettungsweste im Ozean schwimmend, darauf hoffend, dass Hilfe kommt. Die Musiker verschwinden inzwischen in den hinteren Teil der Bühne, von dem aus sie ihren musikalischen Part weiter bestreiten. In ihrem Zustand zwischen Leben und Tod variiert der Schauplatz zwischen der Welt unter Wasser und der Welt da draußen. Skelettfische versuchen, die Frau in ihr Reich zu bringen, während sie versucht, mit der Welt da draußen in Kontakt zu treten. Die Welt unter Wasser wird durch Filmprojektionen, Bühnenlaser und opernhaft anmutenden Ausstattungsgegenständen (ein skelettierter Rumpf eines untergegangenen Schiffes, das Reich der Skelettgeschöpfe bestehend aus auf dem Meeresboden herumliegenden Einrichtungsgegenständen eines Schiffes, Wellenbewegungen durch riesige Stoffbahnen) umgesetzt. Die Außenwelt durch reale Räume, in denen sich zwei Schauspieler über das Fernsehprogramm unterhalten, während die Frau versucht, mental mit diesen in Verbindung zu treten. Suchmannschaften, die man nur schemenhaft durch das ständige Aufblinken ihrer roten Positionslampen an der Kleidung erkennt.

Klingt verrückt? Kommt noch besser.

Bei der nun folgenden Suche nach der Frau schwebt eine Plattform durch den unteren Zuschauerraum, das Knattern von Hubschrauberrotoren ertönt, Punktscheinwerfer, die durch das Publikum schwenken, Bodennebel symbolisieren die Suche nach der Frau. Die akustischen Effekte schwirren durch die ganze Halle, während Kate auf der Leinwand singt und die Fischgestalten versuchen, sie zu ergreifen. Zuletzt rettet sie sich zunächst auf eine ca. 3 Meter hohe Signalboje, die per Hebeeinrichtung von unten auf der Bühne erscheint, doch letztendlich greifen sie die Skelettfische und geleiten die Frau in ihr Reich.

Diese Elemente von Oper, Film, Licht und Sound werden perfekt choreografiert dargestellt, man wird förmlich vom Geschehen auf der Bühne aufgesaugt.

Kate Bush – Eventim Apollo London 2014 – Die Pause

Schnitt – Die Lichter gehen an, ein Sprecher gibt eine ca. 20-minütige Pause bekannt. Ich sitze fassungslos in meinem Sessel und überlege, ob ich das, was hier auf der Bühne geboten wurde, nur gesehen habe oder gerade selbst mitten im Geschehen war. Diesen visuellen und akustischen Overkill muss ich erst einmal verarbeiten. Umso gespannter bin ich auf den letzten Teil des Konzertes. Was kann das noch toppen?

Der dritte Part der Show ist die Umsetzung von „A Sky Of Honey“ von ihrem Album Aerial  (2005). Die Songs sind ruhiger und pastoraler als bei „The Ninth Wave“. Ursprünglich war „A Sky Of Honey“ eine Beschreibung über die Verbindung zwischen Sonnenlicht und Vogelgesang. Und warum der Gesang – bis auf wenige Spezies – abbricht, wenn die Sonne verschwindet. Und es geht um uns, die Menschen, wie wir die Natur betrachten, wenn wir uns in ihr befinden.

Die Band ist wieder auf der Bühne, auf der linken Seite, während sich das Bühnengeschehen auf der rechten Seite abspielt. Die Hauptperson ist ein Maler, der die Natur, den Himmel und die Geschehnisse, die sich dann rundherum auf der Bühne entfalten, auf einem Gemälde erschafft, begleitet von einer kleinen Peter-Pan-ähnlichen Holzfigur, die ängstlich und gespannt, mit der Lebenslust und dem Instinkt eines jungen Tieres die Veränderungen der Umgebung betrachtet. Die Holzfigur in Kindergröße wird mittels eines Puppenspielers auf der Bühne bewegt. Die von dem Maler auf einer umrahmten Projektions-Leinwand erschaffene Natur wird auf der rückwärtigen Bühnenleinwand nochmals erschaffen und variiert, je nachdem, welche Veränderungen der Maler auf seinem Gemälde erschafft. Dies geschieht durch Bild- und Filmprojektionen auf den jeweiligen Leinwänden und in sich überlappenden Filmprojektionen innerhalb der Leinwände, alles sehr aufwendig technisch umgesetzt. Dazu die perfekt harmonierende Band und über allem die glockenhelle Stimme von Kate Bush, die wie bereits 1979 über ein von ihr entwickeltes Kopfmikrofon an die Technik übertragen wird.

Die Bühne gleicht einem Gemälde von Monet, welches einem ständigen Wandel unterzogen wird. Auf der Bühne erscheinen Vogelmenschen, gegen Ende des letzten Songs spreizt Kate ihre schwarzen Flügel und fliegt davon (nicht wirklich verbrieft).

Das Ende

Ende der Vorstellung oder doch nicht?

Ein nicht endend wollender Applaus erfüllt die Halle, standing ovation, nicht die erste und nicht die letzte. Das Publikum scheint in der Tat verrückt zu spielen. Aber wann hat man so etwas schon gesehen und gehört?

Wer Pink Floyd mit ihrer Lightshow, Peter Gabriel mit seiner Bühnentheatralik  und andere spektakuläre Konzertereignisse gesehen und gehört hat – vergesst es!

Das, was ich heute im Londoner Eventim Apollo erleben, durfte sprengt die Vorstellungskraft von Konzertveranstaltungen im üblichen Sinne.

Kate Bush kommt noch einmal zurück auf die Bühne, alleine, setzt sich an das Klavier, um Among Angels von ihrer CD „50 Words of Snow“ zu spielen. Im Publikum könnte man eine Stecknadel fallen hören, so gebannt lauschen die Fans diesem einzigen akustischen Solo-Stück. Danach folgt als letztes Stück dieses Abends der Song Cloudbusting. Die gesamte Band und die SängerInnen kommen nochmals auf die Bühne, um diesen Song zusammen mit Kate Bush euphorisch enden zu lassen.

Das Publikum flippt nun auch völlig aus. Noch nie habe ich erlebt, dass ein Song komplett von fast 3500 Menschen mitgesungen, mit geklatscht und bejubelt wird. Niemand sitzt mehr, alle stehen und huldigen dem Werk dieser Ausnahmekünstlerin, wie es sie wohl nicht noch einmal geben wird.

Viele Stars wurden während der ersten Shows gesehen (Geri Halliwell, Holly Johnson, Björk, Marc Almond, David Gilmour, Lily Allen). Ein Gaststar während des Konzertes auf der Bühne wäre wegen der Komplexität der Show eher störend gewesen. Kate Bush braucht das auch nicht, sie ist der Star und der Gaststar ist ihre Show.

Dem geneigten Leser dieser Konzertkritik wird nicht entgangen sein, dass der Verfasser ein Kate Bush-Fan sein muss ob der enthusiastischen Worte über dieses Ereignis. In Worte fassen kann ich nicht wirklich, wie ich mich vor, während und nach des Konzertes gefühlt habe. Berauscht, trunken vor Glück, diesem Ereignis beigewohnt zu haben und meine vorab gehegte Hoffnung auf ein tolles Konzert bei weitem übertroffen gesehen zu haben.

Keine Kameras, keine Aufnahmegeräte bei Kate Bush

Obwohl viele Fans darauf gehofft hatten – kein Song von den ersten Alben wurde gespielt. Ganz ehrlich, ich habe auch keinen vermisst. Fotos gibt es leider keine, die Künstlerin hat  in einer vorab an die Fans gesendeten Email darum gebeten, keine Handys oder Tablets während des Konzertes zu benutzen, da sie ihre Aufführung mit den Fans teilen wollte und nicht mit in die Höhe gestreckten Aufnahmegeräten. Dies wurde auch von den Fans respektiert und eingehalten. Aber wie sollten Bilder auch dokumentieren, was an diesem und den noch folgenden Abenden dem Zuschauer geboten wurde und wird.

Kate Bush hat an diesem Abend gezeigt, was möglich ist, um Musik visuell und auditiv umzusetzen. Mit dieser Show hat sie die Messlatte für kommende Events anderer KünsterInnen gesetzt.  Ich bezweifle, dass dies jemand schafft.

Dies ist das Prog-Event des Jahres, wenn nicht sogar das Musik-Event des Jahres.

Keep on progging, Kate!!


Kate Bush - © John Carder Bush
Kate Bush – © John Carder Bush

Hier doch noch einige Bilder vom britischen Mirror


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