Finkenbach-Festival
Datum: 11.08 – 12.08.2023
Venue: Finkenbach im Odenwald
Autor: Gerald Langer
Website: https://www.finkenbachfestival.de/
Inhalt
Festivalbericht plus Interview mit den Festivalmachern
Das Finkenbach-Festival-Plakat 2023
Finkenbach-Festival 2023: Freitag, 11. August 2023
Vor etlichen Jahren hatte ich über einen Arbeitskollegen, der von meiner Begeisterung für Livemusik wusste, erfahren, dass es im Odenwald ein kleines, aber feines Musikfestival geben solle, das gewiss meinen Musikgeschmack treffen würde.
„Ich kam dennoch nicht in die Pötte“, wie man so schön sagt, weil der Würzburger Hafensommer regelmäßig am ersten Augustwochenende nach 17 Tagen bzw. Abenden auch für mich aufhört, das Finkenbach-Festival just am zweiten Augustwochenende stattfindet. Und etwas Zeit zum Regenerieren benötige ich schon auch.
Der Vernunft habe ich in diesem Jahr keine Chance gegeben, sondern mich einige Wochen vor dem Festival, das Line-up vor Augen, um eine Akkreditierung gekümmert.
Am Freitagnachmittag trete ich die Reise in den Odenwald an, nicht ohne vorher das „Navi“ auf „kürzeste Strecke“ zum Zielort programmiert zu haben.
Aus dem Landkreis Würzburg kommend, werde ich kurz auf die A3 geleitete und kurze Zeit später wieder auf das Bundes- und Staatsstraßennetz. Die Reise führt mich durch Spessart und Odenwald, landschaftlich vielerorts durchaus sehr ansprechend. Es geht äußerst langsam voran, insofern ideal, um sich selbst für das bevorstehende Finkenbach-Festival etwas zu entschleunigen.
„123 Kilometer“ hatte der Bordcomputer zuvor ausgerechnet. Am Ende sind es 145 Kilometer, etliche Straßen sind aufgrund von Baustellenarbeiten gesperrt, bis ich den ersten Zielort, mein Quartier, in der Peripherie von Finkenbach, erreiche.
Kurz nach 18:00 mache ich mich dann zum Festivalgelände mit dem Auto auf. Jörg, der auch in meinem Quartier weilt, und den ich später noch kennenlernen werde, ist stattdessen mit dem Fahrrad unterwegs.
Das Zweirad scheint eine äußerst gute Entscheidung zu sein, denn ich bin gegen 18:30 gezwungen, vor dem Ortsschild von Finkenbach mein Fahrzeug abzustellen. Der Ansturm auf das Finkenbach-Festival ist also groß. Was bin ich froh, dass ich wenigestens den Trolley für meine schwere Fotoausrüstung gewählt habe.
Der Hinterbach in Finkenbach
Finkenbach befindet sich im „Ausnahmezustand“, denke ich mir auf dem Weg zum vermuteten Eingang auf das Festivalgelände. Ausgeschildert ist hier nichts, die Kenner wissen um die Zugänglichkeit des Spielortes. Außerdem gibt es hier sehr freundliche Menschen am Wegesrand, die man fragen kann.
„Sie sind wahrscheinlich auch froh, wenn der Rummel wieder vorbei ist?“, so meine Frage an eine Dreiergruppe von vermuteten Rentner:innen am Wegesrand, die mit ihrem „hopfenhaltigen Kaltgetränk“ vor ihrem Haus sitzt. Ich hatte die Gesellschaft um „Wegweisung zum Finkenbach-Festival“ gebeten.
Ihre Antwort: „Rummel? Ach, endlich einmal was los hier. Viel Spaß beim Finkenbach-Festival!“
Einige Impressionen vom Finkenbach-Festival
Das „Finki“, wie es von vielen Festivalpilger:innen und von den Machern liebevoll genannt wird, stößt offensichtlich auf breite Zustimmung bei den Ortsansässigen.
Kurz vor 19:00 schlage ich auf dem Festivalgelände auf.
The Spacelords als Opener
The Spacelords eröffnen das heutige vierteilige Menü, das bis weit nach Mitternacht – und dabei auch regenfrei – dauern wird.
Der Fotograben ist breit, ich versuche mich in der für mich neuen Umgebung „etwas einzuschießen“. Insbesondere der Drummer hat es mir als Fotomotiv angetan.
Die Umbaupausen zwischen den Auftritten werden auch bei den nächsten Bands in etwa 30 Minuten dauern, Zeit genung, um sich etwas zu setzen, zu trinken und/oder zu essen.
Birth Control
Die geschichtsträchtige Rockband präsentiert einen Mix aus alten und neueren Songs, der passt. Höhepunkt für mich das Drumsolo von Manni von Bohr. Natürlich darf am Ende der erfolgreichste Song der Band nicht fehlen: „…. If I were a gamma ray, a gamma gamma gamma ray ….“
Wucan
Der Heavy Flute Rock der Band aus Dresden ist für mich eine persönliche Neuentdeckungen. Diese Band hat Power.
Wille & The Bandits
Sauberer Bluesrock aus Großbritannien beendet die erste Festivalnacht.
Ich trete meine Rückreise zum Quartier mit einem ordentlichen Fußmarsch zum Auto gegen 01:30 an.
Hier geht es zu den Fotogalerien der Bands des ersten Festivaltages:
zur Bildergalerie: The Spacelords
zur Bildergalerie: Birth Control
zur Bildergalerie: Wucan
zur Bildergalerie: Wille & The Bandits
Finkenbach-Festival 2023: Samstag, 12. August 2023
Meine Schlafenszeit begrenze ich auf das unbedingt Notwendige.
Nach dem Frühstück sichte ich das Fotomaterial des Vortages, zwei Galerien – The Spacelords und Birth Control – stelle ich online. Das Internet funktioniert, die mobile Erreichbarkeit ist im Quartier definitiv nicht gegeben. Noch nicht einmal ein „E“ erscheint auf dem Display meines und anderer Smartphones.
Gegen 14:15 fahren wir, Jörg lässt heute sein Fahrrad stehen, massive Regenschauer haben den Vormittag geprägt, in Richtung Festivalgelände. Man mag eigentlich gar nicht aussteigen.
Das Nachmittagsprogramm: Jobarteh Kunda, Mrs Marshrooms und Mother’s Cake
Jobarteh Kunda nehmen überpünktlich ihre Arbeit auf und haben die undankbare Aufgabe, das Publikum, welches zu diesem Zeitpunkt noch etwas verloren auf dem Platz steht, zu stimulieren.
Mit den Mars Mushrooms, den österreichischen Mother’s Cake nimmt das Finkenbach-Festival 2023 dann deutlich an Fahrt auf.
Der Teppich ist ausgelegt für die zwei unangefochtenen Headliner des diesjährigen Festivals – Kraan und Lazuli. Und auch das Wetter soll weiterhin passen.
Die beiden Headliner: Kraan und Lazuli
Nach anfänglichen Problemen mit dem Sound mündet das Set von Kraan – Hellmut Hattler, Jan Fride und Peter Wohlbrand plus Martin Kasper an den Keyboards – in einen zeitlosen Groove, der alles andere als angestaubt wirkt, sondern frisch wie eh und je.
Nur mit der Lightshow habe ich als Fotograf meine liebe Not. Nach einigen Tracks verlasse ich den Fotograben etwas verzweifelt und schaue und höre aus der Ferne – in Höhe der „Essensausgabe“ – zu. Was für ein sauberer Klang, was für eine faszinierende Lightshow? Ich möchte von hinten fotografieren, bin aber nicht groß genug, um über all die Köpfe hinwegzusehen. Jetzt wäre eine kleine Haushalts-Aluleiter ideal.
Die mir seit Jahren empfohlene französische Band Lazuli haut mich – es ist schon 23:00 – danach regelrecht um. Die Leonetti-Brüder mit Band liefern ein phänomenales, dramaturgisch ausgefeiltes, Set, bei dem man sich wünscht, es möge nie enden.
Der Mix aus Progressive-Rock mit Elementen der Ethnomusik funktioniert hervorragend. Diese Band will ich unbedingt nochmals auf der Bühne erleben.
Die zauberhafte Fee beim Finkenbach-Festival 2023 nach Mitternacht
Deutlich nach 1:00 starten dann Axel Auer und seine Detroit Blackbirds. Feiner Bluesrock aus Heidelberg und Umgebung. Der Brite Neil Palmer, Moderator des Festivals, sitzt an den Keys, darf als „eingedeutscht“ bezeichnet werden. Ich breche nach zwanzig Minuten auf und bekomme den Einstieg des Special Guest Adax Dörsam gerade noch mit. Klingt gut, aber irgendwie bin ich doch etwas erschöpft.
Hier geht es zu den Fotogalerien der Bands des zweiten Festivaltages:
zur Bildergalerie: Jobarteh Kunda
zur Bildergalerie: Mars Mushrooms
zur Bildergalerie: Mother’s Cake
zur Bildergalerie: Kraan
zur Bildergalerie: Lazuli
zur Bildergalerie: Alex Auer & Detroit Blackbirds
Rechtzeitig vor dem Jubiläum, dem 40. Finkenbach-Festival am 9. / 10. August 2024, muss ich konditionell an mir arbeiten, damit ich dann das Konzertprogramm in voller Ausführlichkeit genießen kann.
„Dieses Motto sollte ich noch mehr verinnerlichen!“
Die Macher des Finkenbach-Festivals im Interview
(Gesprächspartner vom Orga-Team waren Holger Schäfer, Armin Löffler, Bernd Magin und Thomas Wilken)
„Überregional bekannt ist der Ort durch das Finkenbach-Festival, das seit 1977 fast alljährlich im Juli oder August Tausende von Fans der Rockmusik in den Odenwald lockt. Gegründet wurde das Festival von Mani Neumeier mit seiner Band Guru Guru und der Finkenbacher Feuerwehr. Heutiger Ausrichter ist der FC Finkenbachtal 1946 e.V.“. So lautet der Wikipediaeintag zu Finkenbach.
Hält tatsächlich ein Fußballverein, der sich für Rock engagiert, dieses traditionsreiche Festival am Laufen?
Holger:
Ja, seit 2020 ist der FC Finkenbachtal der alleinige Veranstalter des Festivals.
Wer sind denn die Gesichter des Teams Finkenbach-Festival? Gibt es bei Euch jemanden, der den Hut auf hat, einen Vorsitzenden? Ist er möglicherweise identisch mit dem Vorsitzenden des Fußballclubs?
Holger:
Wir sind in der Organisationsgruppe recht demokratisch aufgestellt. Die finalen Entscheidungen im Festival-Team treffen im Zweifel der 1. und 2. Vorsitzende, Holger Schäfer und Armin Löffler, die diesem angehören.
Einige Sponsoren kann man auf Eurer Homepage und dem Festivalplakat entdecken. Ich gehe davon aus, dass ihr überwiegend ehrenamtlich unterwegs seid. Wie bist Du, Thomas, in diese Rolle gerutscht?
Thomas:
Ich bin von Beruf Zeitungsredakteur und dazu noch stark musikalisch interessiert. Das Festival begleite ich bereits über den Job seit vielen Jahren. Mit dem Wechsel in der Organisation kam das Team auf mich zu und fragte, ob nicht meine Fähigkeiten einbringen möchte: slso z. B. Betreuung der Homepage und der sozialen Medien sowie die Pressearbeit. Ich habe natürlich sehr gern ja gesagt.
Wie groß darf man die Anzahl der Ehrenamtlichen, der im Hintergrund Tätigen, ohne die nichts gehen würde, in etwa ansetzen?
Armin:
Insgesamt sind rund 150 freiwillige Helfer beteiligt, ohne die das Festival in seiner jetzigen Form nicht stattfinden könnte.
Wer zeichnet für die Auswahl der Künstler:innen verantwortlich?
Holger:
Die erfolgt im engeren Kreis des Festival-Teams.
Habt Ihr viele Bewerbungen von Musiker:innen, aus denen Ihr auswählen müsst bzw. könnt?
Holger:
Ja, mehr als wir Slots zur Verfügung haben.
Wer hat bei der Auswahl das letzte Wort? Stimmt ihr ggf. darüber ab?
Holger:
Das allerletzte Wort hat hier auch der Vorstand des FCF, der sich aber gerne von Vorschlägen überzeugen lässt.
Orientiert ihr Euch bei der Auswahl der Bands, der Künstler:innen, an einem mehr oder weniger konkreten Anforderungsprofil?
Holger:
Die Bands müssen zum Finkenbach-Festival und zum Geschmack unserer Besucher passen, dann passt es. 😊
Andere Veranstalter:innen werden zunehmend mit öffentlichen Vorwürfen konfrontiert, sie würden nicht ausreichend darauf achten, dass mehr Frauen auf den Konzertbühnen zu finden sind. Mit Francis Tobolsky (Wucan) hattet ihr neben Miriama Broady (Jobarteh Kunda) zumindest zwei Damen auf der Finkenbach-Bühne. War diese Forderung nach Proporz auch schon einmal ein Thema bei euch?
Holger:
Ab und zu erreicht uns auch diese Meinung. Die meisten unserer Gäste stehen aber einfach nur auf gute, handgemachte Musik, egal von wem. Natürlich versuchen wir jedoch bei unserer Planung immer, dem Zeitgeist Rechnung zu tragen.
Bernd:
So viele Frauen wie 2022 hatten wir noch nie auf der Bühne.
Stehen neben Kraan schon Bands für das Jubiläumsjahr, „in dem ihr euch nicht lumpen lassen wollt“, fest?
Holger:
Hier sind wir eifrig in der Planung. Mehr wird noch nicht verraten.
Die alten „Krautrocker“ sind – rein biologisch betrachtet – leider eine zunehmend vom Aussterben bedrohte Spezies. Ich gewinne den Eindruck, dass Ihr sehr bewusst auch auf jüngere Bands setzt, die mit diesem Genre nicht mehr unmittelbar in Verbindung gebracht werden können.
Die rockenden Mother‘s Cake und Wille & The Bandits erwartet man nicht zwingend in dem Line-Up des traditionsreichen Finkenbach-Festivals, wenngleich beide natürlich eine Bereicherung des Angebotes darstellen und sicherlich auch für eine notwendige Verjüngung des Publikum sorgen. Wie wollt Ihr Euch künftig musikalisch ausrichten, um auch weiterhin für Jung und Alt attraktiv zu bleiben?
Holger:
Wir versuchen den Besuchern auch weiterhin einen guten Mix von etablierten Bands und solchen der jüngeren Generation zu bieten. Sie sollen die Fans – egal welchen Alters – ansprechen. Das Festival hat schon immer aus mehr als nur reinen Krautrockbands bestanden. Auch viele angrenzende Genres kommen bei uns zum Zug.
Wie darf man die Akzeptanz des Festivals bei den Anliegern vor Ort einsortieren? Ich habe den Eindruck gewonnen, dass man sich hier insgesamt ganz gut arrangiert hat?
Holger:
Der sehr große Teil der Bewohner steht hinter dem Festival und viele helfen auch bei Auf- und Abbau sowie am Wochenende.
Die Preise für Essen und Trinken sind moderat, was ja auch für die Tickets gilt. Könnt Ihr, bei stabilem Besucheraufkommen, diese Preise auch noch im nächsten Jahr weitgehend halten?
Armin:
Hier wäre es verfrüht, jetzt schon eine Aussage zu treffen. Wir versuchen den Besuchern auf jeden Fall immer wieder ein gutes Preis-Leistungsverhältnis zu bieten. Das ist uns in der Vergangenheit sehr gut gelungen.
Wird es im nächsten Jahr eine textliche und fotografische Aufbereitung von 40 Jahren Finkenbach-Festival in Form einer Chronologie und/oder einer Ausstellung geben? Es geht hier ja um Geschichte, um die des (Kraut-)Rocks auf der einen Seite, auf der anderen Seite um die Kultivierung eines „Spirits“, eines gewissen Lebensgefühls beim „Woodstock im Odenwald“.
Holger:
Vorschläge gibt es hierzu bereits, die gilt es nun zu verfeinern.
Wer ist von den jetzt noch Aktiven von Anfang an dabei?
Armin:
Die meisten unserer Vorstandsmitglieder sind, seit es der FC Finkenbachtal durchführt, dabei.
Herzlichen Dank für Eure Zeit!
Termin zum Vormerken:
Das 40. Finkenbach-Festival findet am 9./10. August 2024 statt