Umsonst und Draussen Würzburg
Datum: 08.06. bis 11.06.2023
Location: Mainwiesen Würzburg
Autor: Gerald Langer
Inhalt
Warum ich nicht mehr dabei bin
Das diesjährige Umsonst und Draussen Würzburg beginnt heute und ich bin nicht mehr dabei.
Seit 2012 habe ich dieses Würzburger Festival regelmäßig besucht, viel fotografiert, anfangs auch den einen oder anderen Text verfasst. Einige wunderbare Momente habe ich so auf den Mainwiesen erlebt und festzuhalten versucht.
Hier findet man meine zahlreichen Beiträge der vergangenen Jahre.
Ron Spielman beim Umsonst und Draussen Würzburg 2013 © Gerald Langer
Festivalfotografie beim Umsonst und Draussen Würzburg
Seit 2015 gehörte ich dem kleinen Team der Festivalfotograf:innen an. Wir stellten dem Festival eine Auswahl unserer Bilder zur Bewerbung und zur Dokumentation des Umsonst und Draussen Würzburg zur Verfügung. Anfangs lieferten wir erste Bilder mehr oder weniger „just in time“ für die sozialen Netzwerke, später mehr und mehr nach Beendigung des Festivals.
Für eine kleine Aufwandsentschädigung versuchte jeder von uns auf seine Art besondere Festivalmomente festzuhalten. Die „Entschädigung“ selbst war dabei von völlig untergeordneter Bedeutung, sondern eher eine symbolische, dennoch wirksame, Annerkennung unserer Arbeit.
Mein Schwerpunkt waren die Bands, weniger die atmosphärischen Bilder des Festivals, zu denen natürlich die Festivalgäste gehören. Die DSGVO erlaubt, streng genommen, nun mal nicht, die „unerlaubte Datenerfassung“ via Schnappschuss ohne vorheriges Einverständnis der fotografierten Personen. Ärger dieser Art will ich mir grundsätzlich ersparen.
Bilderklau
Meine letzten Jahre beim Umsonst und Draussen Würzburg waren allerdings auch immer wieder von etwas Frust wegen Bilderklau geprägt.
Zu diesem Thema habe ich mich bereits ausführlich in vorangegangenen Beiträgen geäußert, zuletzt in dem nachfolgenden:
Unerlaubte Bildnutzung (Bilderklau) beim Festivalsommer 2022 in Würzburg (Special)
Nach Abschluss des Umsonst und Draussen 2022 stand für mich fest, dass ich künftig nicht mehr für das Festival fotografieren werde.
Auch der Musikgenuss, gerade bei den wenigen Künstler:innen, die mich wirklich interessierten, blieb zunehmend auf der Strecke. Für mein Empfinden war es am Ende ein Herumhetzen zwischen den Bühnen, die Fotografie mehr oder weniger ein „Job“ ohne Leidenschaft. Insofern war das – Corona bedingt reduzierte – Umsonst und Draussen im September 2021 mit nur einer Bühne eines, an das ich mich besonders gerne erinnern werde.
Im Jahre 2022 gab es leider einige, völlig unnötige „Spannungen“ im Backstage-Bereich, die ich hier nicht weiter ausführen möchte, weil sie mich persönlich nicht unmittelbar betroffen haben. Das Gefühl, von einzelnen Vereinsmitgliedern nicht erwünscht zu sein, war zumindest für mich bereits latent spürbar.
Rückbesinnung nach dem Umsonst und Draussen 2022
Mir schwebte deshalb vor, mich bei künftigen Umsonst und Draussen Veranstaltungen in Würzburg entweder wieder auf meine Anfänge zu besinnen oder ggf. komplett aus diesem Festival auszusteigen.
Eine freie Fotoakkreditierung war mir, für den Fall, dass ich tatsächlich weiter beim Umsonst und Draussen aktiv sein sollte, allerdings schon wichtig, um so Ärger bei der Veröffentlichung von Bildern weitgehend ausschließen zu können.
Gleichzeitig wollte ich die Anzahl der von mir dort besuchten Konzerte deutlich herunterschrauben, unbedingt wählerischer sein.
Es sollte mir schlicht und ergreifend wieder mehr Spaß machen, so wie am Anfang, als ich die Konzertfotografie intensivierte.
Auf die schönen gemeinsamen Momente des Austausches mit den Fotokollegen wollte ich dennoch künftig nicht ganz verzichten.
Insgesamt war ich mir zu diesem Zeitpunkt, unmittelbar nach dem Festival, nicht ganz im Klaren darüber, wie es weitergehen wird, wie ich mich am Ende positioniere werde.
Doch schon bald geschah etwas, womit zumindest ich nicht gerechnet hatte.
Ralf Duggen kündigte im Juli 2022 seinen Rückzug aus der Geschäftsführung des Umsonst und Draussen Würzburg an
Die Kommunikation mit Ralf Duggen war über viele Jahre hinweg in jeder Hinsicht unkompliziert und direkt, schlichtweg perfekt. Auch die anderen Fotokolleg:innen dürften völlig unabhängig zu diesem Schluss kommen.
Mit seiner, für mich als Außenstehenden, im ersten Moment überraschenden Aufgabe der Geschäftsleitung ging leider eine durchaus erfolgreiche Ära des Würzburger Festivals, das er mit Hartmut Emser 1987/88 aus der Taufe gehoben hatte, zu Ende.
Nach Duggens Weggang formierte sich der Umsonst & Draussen e.V. zwangsläufig neu, die Geschäftsführung wurde am Ende an Lisa Altvater übertragen.
Die Auswirkungen des Rückzuges von Ralf Duggen auf die Organisation und die Abläufe beim diesjährigen Festival kann jeder Interessierte, insbesondere in den Beiträgen auf der Facebookseite des Vereins, nachvollziehen. Am vergangenen Wochenende wurden jedenfalls noch Ordner:innen gesucht, eine Woche zuvor die Nacht-Security.
In den zahlreichen Posts auf besagtem Netzwerk konnte man darüber hinaus einen ambitionierten „Neustartversuch des Teams mit gruppendynamischen Ansätzen“ beobachten. Es soll dabei auch um „wertschätzende Kommunikation“ gegangen sein. Grundsätzlich ist ein solcher Ansatz begrüßenswert, vor allem dann, wenn man entsprechende Defizite bei sich selbst festgestellt hat.
Festival-Fotograf:innen gesucht
Anfang April 2023 erschien folgender Aufruf auf Facebook mit entsprechender Verlinkung auf die Website des Festivals (der Aufruf wurde nach einiger Zeit wieder „vom Netz genommen“):
„Festival-Fotograf*innen gesucht!
Wir wollen das U&D 2023 in Bildern festhalten und dazu brauchen wir Fotograf*innen, die das Ambiente, die Vielfalt und schöne Momente des Festivals einfangen.
Musik gehört zu einem Festival, wie der Cocktail zum Sandstrand, doch ist das Bühnenspektakel nur ein Aspekt des Festivals. Mitnehmen wird man vielmehr diesen „einen Festivalmoment“, der in Erinnerung bleibt und den möchten wir gerne bewahren. Was diesen besonderen Augenblick auszeichnet, ist natürlich sehr individuell und erfordert kreativen Einsatz bei der Motivauswahl.
Diesen gibt es beim Aufbau, während des Festivals und auch beim Abbau und DU müsstest vor Ort sein, um ihn einzufangen.
Eins noch vorneweg: Geld sollte nicht der Beweggrund sein, denn wir machen das alles mit viel Herzblut, die Organisator*innen alle komplett ehrenamtlich, Künstler*innen für eine geringe Aufwandsentschädigung und unsere Mitarbeitende bezahlen wir natürlich alle mit Mindestlohn.
Wenn DU auf der Suche nach einem spannenden Projekt bist, vielleicht auch nach einer Referenz für Dein Portfolio, dann melde Dich bitte.
Was wir suchen?
Eine persönliche Bildsprache und eigenen Stil, von Hobbyfotografie bis Profi. Aber natürlich sympathische Personen, die auch zur U&D Family passen.
Wir möchten ein diverses Team aus sechs offiziellen U&D Foto-/Videomenschen zusammenstellen. Daraus mindestens zwei Kameramenschen wählen, für eine engagierte, enge Zusammenarbeit mit der Organisation vom Umsonst & Draussen Verein.
Gebraucht werden Medien auf Abruf für Social Media mit geringerer Auflösung, zudem gerne auch ein paar wenige bearbeitete in hoher Qualität für die Website, Pressearbeit, späteren Veröffentlichung in Printmedien. Ohne dass ein Fotocredit zwingend erforderlich ist, natürlich wollen wir Euch nennen und auch zeigen und verlinken.
Was wir bieten?
An allen Shooting-Tagen gibt es für die sechs Foto-/Videomenschen vollen Zugang zu allen Bereichen (AAA) sowie Verpflegung. Zudem bekommen die zwei Auserwählten, jeweils eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 250 Euro.
Allen anderen bieten wir selbstverständlich gerne auch eine freie Akkreditierung auf unserer Website an.
Ihr wollt Euch bewerben?
Das ist schnell und einfach per Mail möglich.
Schickt ab sofort bis 30.4. eine kurze Bewerbung mit Infos über Euch und wenigen Beispielen/Referenzen aus Euren bisherigen Tätigkeiten, am liebsten Link zur eigenen Website oder Portfolio als pdf.
Ihr könnt Euch auch gerne als Gruppe, Studienprojekt oder Partizipationsmodell bewerben. Wir sind offen für Eure Ideen, an katha@umsonst-und-draussen.de
Wir freuen uns darauf, mit Euch das Festival 2023 zu erleben und sagen schon mal ein herzliches Dankeschön!
Das U&D Team – Öffentlichkeitsarbeit“.
Miserable Kommunikation
Das Signal, das hier gesendet wurde, war klar. Es war Kommunikation mit dem Vorschlaghammer, die nur einen Schluss zuliess:
Mit dem alten „Fotografenstab“ wollte man künftig nicht mehr zusammenarbeiten. Zu einem solchen Schluss darf man natürlich kommen, wenn man Neues ausprobieren möchte und mit dem, was vorhanden ist, unzufrieden ist.
Auf die gewählte Art und Weise brüskiert man nur sehr effektiv und zudem auch noch öffentlich die betroffenen Fotograf:innen.
Gleichzeitig zeigt diese Aktion unverblümt die Gedankenlosigkeit dieser planlosen, unprofessionell agierenden „Ehrenamtlichen“, der U&D Family, die kurz vor Beginn des Festivals zu Spenden aufruft, weil sie die zweifellos vorhandenen finanziellen Risiken eines U&D Festivals erstmals zu überblicken scheint.
Doch zurück zur „Stellenanzeige“.
Die Vorgaben, die in obiger Suchanzeige gemacht wurden, waren für mich in vielerlei Hinsicht völlig inakzeptabel.
Die Kernaussagen des Vereins zum Thema Fotografie, an denen ich Anstoß nehme, habe ich fett markiert.
Fotografie ist letztlich für die U&D Family wertlos, nur so erklärt sich die hier beschriebene „Honorierung“.
In der „Familie“ arbeitet man selbstverständlich „umsonst“ und stellt Eigeninteressen hinten an.
Während andere Disziplinen, wie Nacht-Security, nach Mindestlohn bezahlt werden (müssen), setzt man bei der Festivalfotografie ganz offen und dreist auf die Naivität und Eitelkeit der dennoch interessierten Fotograf:innen.
Am 3. April 2023 schickte ich daraufhin meine „freie Akkreditierungsanfrage“ an folgende Adresse: post@umsonst-und-draussen.de. Diese Option war schließlich auf der Website des Umsonst und Draussen Würzburg angeboten worden. Nebenbei wollte ich natürlich austesten, wie die neue Organisation mit den „Altfotografen“ umgeht.
Ergebnis:
Bis heute erhielt ich, wie einige andere Kollegen im übrigen auch, auf meine Anfrage keinerlei Antwort.
Ist das möglicherweise der viel beschworene neue „Team Spirit“?
Dem nunmehr agierenden Team unter neuer Führung von Lisa Altvater spreche ich die Befähigung zu einer sachlichen und unvoreingenommenen Kommunikation ab.
Der zurückliegende Workshop „wertschätzende Kommunikation“ hat offensichtlich bisher nicht den gewünschten Erfolg gebracht, denn die vom Umsonst und Draussen e.V. unter neuer Führung gelebte Alltagsroutine sieht leider anders aus.
Viele Worthülsen um das große „Wir-Gefühl“ zieren Website und Facebook, doch der ganz normale Umgang miteinander, das was man Respekt, ja tatsächlich Wertschätzung nennt, bleibt auf der Strecke.
Ich weiß nicht, warum Ralf Duggen am Ende seinen Posten geräumt hat, aber ich ahne es.
The Ghost Rockets beim Umsonst und Draussen Würzburg 2013 © Gerald Langer
Mein längst überfälliger Schlussstrich
War ich anfangs, wie oben beschrieben, noch unschlüssig, wie ich mit dem Thema Umsonst und Draussen Würzburg künftig umgehe, ziehe ich nunmehr meinen längst überfälligen Schlussstrich unter eine mir – trotz alledem – überwiegend positiv in Erinnerung bleibende Zeit während der Ära Ralf Duggen.
Das Thema Umsonst und Draussen Würzburg ist für mich nun endgültig abgeschlossen.
Alles hat eben seine Zeit!
Update am 09.06.2023:
Am 08.06.2023, 19:01 erhielt ich eine entschuldigende E-Mail vom Umsonst und Draussen e.V., dass „wir“ akkreditiert seien.
Nun bin ich selbst als Seitenbetreiber allein und habe daraufhin einen anderen betroffenen Fotografen kontaktiert, ob er denn mittlerweile auch seine Akkreditierung erhalten habe. Auch heute morgen, um 9:00 lag ihm keine gleichlautende E-Mail vor.
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich mit obigem Beitrag keine nachträgliche Akkreditierung für mich erreichen wollte.
Mein Ziel ist es, transparent zu machen, wie sich eigene Entscheidungen entwickeln und, wie in diesem Falle, von außen beeinflusst, manchmal auch beschleunigt werden.
Der Beitrag hat bisher schon ausgesprochen viele Leser:innen. Danke dafür!
Ich habe mit meiner Verlinkung auf Facebook viel Zuspruch erfahren, aber eben nicht nur. Auf unflätige Kommentare reagiere ich nicht, egal, ob sie Kritik oder Zustimmung beeinhalten.
Auch möchte ich weder das „Lebenswerk“ der Schöpfer dieses Würzburg Festivals in Frage stellen, noch das Engagement vieler dort nach wie vor ehrenamtlich Tätiger.
Als kleiner Konzertfotograf mache ich mich am wirklich klitzekleinen Nebenthema „Festivalfotografie“ fest, erkenne die deutliche Diskrepanz zwischen dem propagierten „Wir-Gefühl“ des Vereins und der gelebten Wirklichkeit.
Am Ende geht es um Glaubwürdigkeit!