Springsteen On Broadway (Der Film)

© Springsteen On Broadway Sony Music 2018
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Bruce Springsteen

Titel: Springsteen On Broadway
Seitenverhältnis: ‎ 16:9 – 1.78:1
Regisseur: ‎Thom Zimny
Sprache: Englisch (Untertitel deutsch)
Audio: Dolby Digital 2.0 und Dolby 5.1
Laufzeit: 153 Minuten
Studio: Netflix
Aufnahme: 17.07./18.07.2018
Erscheinungstermin: ‎2018
Website (Künstler)



Rezension (Konzertfilm)

Das 2018er Album Springsteen On Broadway habe ich bereits seit einigen Jahren auf Vinyl und CD. Der Anteil des gesprochenen Wortes gegenüber den sparsam arrangierten Songs ist zugegebenermaßen vergleichsweise groß. Das macht das wiederholte und unmittelbare Hören der insgesamt 16 Songs nicht gerade leicht.

Beim Streaming, beim CD-Player kann man – je nach Modell – die Playlist entsprechend programmieren, bei Vinyl funktioniert das nicht.

Konzertvideo ausschliesslich auf Netflix

Ursprünglich als intime Solo-Performance am Broadway konzipiert, wurde die Show nach 236 ausverkauften Vorstellungen im Walter Kerr Theatre vordergründig nur auf einem begleitenden Album verewigt.

Auf die Idee, nach einem offiziellen Videomitschnitt zu suchen, kam ich allerdings erst kürzlich. Und ich wurde tatsächlich auch fündig. Ausschließlich als Netflix-Abonnent hat man seit Jahren Zugang zu diesem exzellenten Auftritt, den ich mir mittlerweile zweimal angesehen habe.

Im Nachhinein muss ich mich natürlich schon fragen, warum ich nicht sehr viel früher recherchiert habe.

Das zugehörige Live-Album von Bruce Springsteen selbst ist für sich genommen schon sehr gut, doch erst der Videomitschnitt macht es mit Springsteen’s Mimik und Gestik überragend.

Inhalt und Atmosphäre

On Broadway ist mehr als nur ein Konzertfilm. Es ist ein zutiefst persönliches Porträt eines Künstlers, der sein Leben, seine Musik und seine Weltanschauung offen auf der Bühne reflektiert.

Der Film und das Album sind weit entfernt von den Stadion-Rock-Exzessen, die man von Springsteen gewohnt ist. Stattdessen erleben wir diesen Künstler allein mit seiner Gitarre, einem Klavier und seiner unverwechselbaren Stimme. Zwischen den Songs erzählt er autobiografische Geschichten, die auf seinem Bestseller Born to Run: Die Autobiografie basieren.

Die Show ist eine Reise durch sein Leben, seine Wurzeln in Freehold, New Jersey, seine Beziehung zu seiner Familie und seine Karriere. Springsteen präsentiert sich hier nicht als unantastbarer Rockstar, sondern als Mensch mit Schwächen, Humor und Einsicht. Seine Sprache ist mal poetisch, mal rau, ein Spiegel seiner Musik.

Die musikalische Präsentation ist ebenso beeindruckend wie die Erzählungen.

Musik und Erzählstil

Springsteen interpretiert viele seiner Hits neu und reduziert sie auf ihre emotionalen Kernaussagen. Die Intimität, mit der er die Songs vorträgt, lässt selbst altbekannte Klassiker frisch wirken.

Die Songs sind sparsam arrangiert, was ihre lyrische Kraft unterstreicht. Es gibt jede Menge besonderer Momente.

Springsteen funktioniert nachweislich auch ohne die E-Street Band, die man bei diesem Auftritt tatsächlich nicht einen Moment lang vermisst.

Bewegend die beiden Duette mit Ehefrau Patti Scialfa bei Tougher Than the Rest und Brilliant Disguise.


„Ich habe noch nie eine Fabrik von innen gesehen und doch schreibe ich darüber. Vor Ihnen steht ein Mann, der unglaublich und absurd erfolgreich geworden ist, indem er über etwas geschrieben hat, mit dem er absolut keine persönliche Erfahrung hat. Ich habe mir das alles ausgedacht. So gut bin ich.“

Bruce Springsteen


Der „Boss“ schreibt nicht wirklich und ausschließlich über Fabriken (oder über Autos).

Der weltweit erfolgreiche Singer und Songwriter geht allerdings seit jeher mit offenen Augen und Ohren, kurzum mit offenen Sinnen durch die Welt und schreibt am Ende über Emotionen, die viele seiner Fans auch kennen.

Springsteen on Broadway ist eine tiefgreifende, bewegende und ehrliche Hommage an das Leben, die Liebe und die Kunst.

Die fokussierte Show ist letztlich die Bühnenpräsentation seines autobiografischen Werkes „Born To Run“, in dem der „Boss“ uns seine Lebensgeschichte – wortreich und musikalisch reduziert – näherbringt.


Oh honey, tramps like us
Baby, we were born to run
Come on with me, tramps like us
Baby, we were born to run

Bruce Springsteen


Der Regisseur

Regisseur Thom Zimny, der seit 2002 mit Springsteen an einer Reihe von Film- und Videoprojekten gearbeitet hat, reproduziert die schnörkellose Ästhetik dieser Broadway-Produktion ohne Backstage-Szenen, ohne Interviews und quasi ohne Aufnahmen des Publikums.

Live spricht oder singt Springsteen oft abseits des Mikrofons. Zimny ​​unternimmt in seinem Film nichts, um diesen Effekt zu verändern.

Für Fans ist der Film ein Muss, für Neulinge ein geeigneter Einstieg in die Welt von Springsteen. Es zeigt einen Künstler, der sich selbst auf authentische Weise präsentiert und beweist, dass große Kunst manchmal in der Reduktion liegt.

Insgesamt 236 Mal hat Bruce Springsteen seine sehr persönliche One-Man-Show im intimen Walter Kerr Theatre mit 975 Sitzplätzen präsentiert.

Erstmalig ginge er damit einer geregelten Arbeit nach, erlebe eine Fünf-Tage-Woche, gibt er im Verlauf der gefilmten Vorstellung zu. Zudem bemerkt er, mit aufgesetzt ernsthaftem Blick, es sage ihm nicht besonders zu.

Natürlich ist das nicht ernst gemeint.

Weit über 100 Millionen Dollar soll er mit den Shows eingenommen haben. Das unterscheidet den Boss dann eben doch vom Großteil seiner Fanbase.

Verkaufsstrategie

Umso mehr ist es enttäuschend, dass Springsteen sich offensichtlich nicht dafür eingesetzt hat, dass der wirklich gelungene Videomitschnitt regelmäßig zusammen mit dem bevorzugten Tonträger oder wenigstens separat erworben werden kann.

Seinen Backkatalog hat er mittlerweile an Sony Music Entertainment verkauft.

Wahrscheinlich erscheint irgendwann doch noch ein sündhaft teures Boxset, das dann diverse Ton- und Bildträger, Multikanalsound und ggf. noch ein paar andere Gimmicks umfasst.

Irgendwie ernüchternd, gerade auch für Fans und Sammler wie mich.

© Gerald Langer


Tracklist

  1. Growin‘ Up
  2. My Hometown
  3. My Father’s House
  4. The Wish
  5. Thunder Road
  6. The Promised Land
  7. Born in the U.S.A.
  8. Tenth Avenue Freeze-Out
  9. Tougher Than the Rest (mit Patti Scialfa)
  10. Brilliant Disguise (mit Patti Scialfa)
  11. Long Time Comin‘
  12. The Ghost of Tom Joad
  13. The Rising
  14. Dancing in the Dark
  15. Land of Hope and Dreams
  16. Born to Run

Line-Up

  • Bruce Springsteen vocals, guitar, piano, harmonica
  • Patti Scialfa vocals and guitar on „Tougher Than the Rest“ and „Brilliant Disguise“