Slut
Datum: 27.01.2014
Venue: E-Werk Erlangen
Support: And The Golden Choir
Autor/Fotograf: Gerald Langer
Setlist | And The Golden Choir
Holy Diamond
It’s Not My Life
My Heaven Is Lost
My Transformation
Deadend Street
In Heaven
Angelina
Setlist | Slut
Bussova
Never Say nothing
Homesick
The Next Big Thing
Roadmap
If I Had A Heart
Still No 1
Remote Controlled
Why Pourquoi?
Backbone
Reminder
Alienation
Andy/Big Mistake
Staggered & Torn
Die Moritat von Mackie Messer
Holy End
Zugabe #1
Silk Road Blues
All Show
Easy Love
Zugabe #2
Hope
Konzertbericht
Analoges Knistern und mächtige Gitarrenwände
Erlangen (music-on-net)- Die Wetterverhältnisse leicht winterlich, der benachbarte Parkplatz vereist, leichte Unklarheiten meinerseits hinsichtlich der Formalitäten beim dortigen Parken, dafür eine nette und hilfreiche Mitarbeiterin des Erlanger E-Werkes, beschreiben kurz die Rahmenbedingungen eines fantastischen Konzertabends in der fränkischen Universitätsstadt.
Nicht nur bayerischer Indierock wird geboten, im Vorprogramm ein zunächst etwas überraschender, im Verlauf der kommenden fünfunddreißig Minuten aber mehr und mehr faszinierender Auftritt des Berliners Tobias Siebert, der unter anderem Produzent und Sänger der Berliner Band KLEZ.E ist, und hier als And the Golden Choir firmiert.
Bildergalerie | And The Golden Choir
Und das geht ungefähr so:
Aus einem Stapel mit gebrachten Vinyls wird mit sicherer Hand eine Scheibe ausgewählt, diese auf den Plattenteller gelegt, Tonarm lässig in die Rille gesetzt – ein erstes Knistern ist zu hören – ein Schluck Rotwein getrunken – man hört nun bereits den Grundrhythmus – bevor Tobias an der Gitarre oder am Minipiano mit prägnant hoher Stimme die Live-Arbeit aufnimmt. Herrlich abgefahrene Momente, zwischen laut und leise wechselnd, harmonisch, ab und dann leicht schräg, entstehen vor unseren Augen und Ohren. Publikumsbegeisterung also schon beim Support. Dankbarkeit und Freude bei Tobias Siebert, der offensichtlich schon einmal mit der Berliner Formation Me And My Drummer hier im E-Werk vor geraumer Zeit gastierte und eine ähnliche Resonanz erfahren durfte.
Nach zwanzigminütiger Umbaupause beginnt das Gitarrengewitter der Ingolstädter Band Slut.
Im Mittelpunkt steht die Präsentation ihres aktuellen – mittlerweile achten – Albums Alienation. Die Band habe ich erstmals 2002 am Münchner Königsplatz live erleben dürfen. Das Label Virgin feierte damals sein 20jähriges Jubiläum im Rahmen des Open-Airs Könixxtreffen, bei dem unter anderem auch Größen wie Reamonn, Bryan Ferry und Peter Gabriel auftraten. Den nachmittäglichen Auftritt von Slut habe ich noch in guter Erinnerung. Ihr Album „Nothing Will Go Wrong“ war gerade erschienen und sollte für die nächsten Jahre auch das Programm, sprich die Arbeitsweise der Band bestimmen. Es ging auch nichts schief. Die Band hat weiterhin großartige Alben eingespielt, die Rezensionen überwiegend sehr positiv, der Hype um Slut hatte sich aber gelegt.
Bildergalerie | Slut
Hier in Erlangen – überhaupt während der laufenden Tour – wurden kleinere Locations ausgewählt, was der Intensität ihres Auftrittes sehr entgegen kommt. Der Schwerpunkt liegt freilich beim aktuellen Album Alienation, doch einige weitere Leckerbissen aus dem reichhaltigen Fundus der Band werden hervorragend präsentiert. Selbst technische Probleme mit einem Mikro mitten in Why Pourquoi? werden munter improvisierend gemeistert. Die Lightshow – zurückhaltend, (leider) wenig Licht und Projektionen auf schiefhängende Bilderrahmen an der Bühnenrückwand. Unweigerlich muss ich an Loriot’s Sketch „Das Bild hängt schief“ denken und die sich anschließend entwickelnde Verwüstung in einem Wartezimmer, die hier natürlich ausbleibt.
Tobias Siebert ist bei den meisten Songs mit dabei, wenngleich Christian Neuburger, Frontmann, Sänger, Gitarrist (und gelegentlich Keyboarder) gleich zu Beginn der Show darauf hingewiesen hat, dass Slut auch weiterhin als Quintett unterwegs sein wollen. Die Komplexität des neuen Materials mache allerdings kompetente Unterstützung bei der Live-Präsentation notwendig. Und mit Tobias Siebert habe man zudem jemanden dabei, der einer der fünf Produzenten von Alienation gewesen sei.
Eine Bereicherung ist er auf jeden Fall, nicht nur, wenn er die E-Gitarre mit dem Mund spielt, sondern bei jeder seiner spannenden Soundfrickeleien. Mit Holy End (von T. Siebert und in dessen Riobuellebrueck Studio in Berlin Kreuzberg nach angeblich durchzechter Nacht entwickelt und aufgenommen), dem letzten Song auf dem aktuellen Album, geht das offizielle Set zu Ende.
Natürlich gibt es noch satte Zugaben. Der Silk Road Blues klingt wie eine Melange aus „frühe Pink Floyd treffen George Harrison“. Hier gelingt Slut eine schier unglaubliche Umsetzung dieses Studiosongs, der auf Alienation durchaus schon Qualität besitzt.
Selbst nach einem grandiosen Easy Love fordern die Zuhörer einen weiteren Nachschlag. Mit Hope vom Album Lookbook geht ein gut zweistündiges und dabei sehr spannendes Konzert endgültig zu Ende, welches das Publikum sichtlich zufrieden in eine kalte Winternacht entlässt.
Wäre daher schön, wenn die von Christian Neuburger beschriebene Studioarbeitsweise, Songs, die fertig erscheinen, nochmals in Frage zu stellen und neu zu überdenken, auch weiterhin für die unglaubliche Bühnenpräsenz der Ingolstädter zutreffen würde.
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