Scott Matthew
Datum: 08.11.2011
Venue: Cairo Würzburg
Autor/Fotograf: Gerald Langer
Setlist
- 1. Wonder Of Falling In Love
- 2. True Sting
- 3. Black Bird
- 4. Felicity
- 5. Duet
- 6. Sinking
- 7. Buried Alive
- 8. Upside Down
- 9. Seedling
- 10. Sweet Kiss In The Afterlife
- 11. Friends and Foes
- 12. In The End
- 13. No Place Called Hell
Zugaben
- 1. Abandoned > Little Bird
- 2. Only Girl > The Wild Ones (Suede)
- 3. Little Bird > Tonight You Belong To Me (amerik.Trad., 1926)
- 4. White Horse > Palace Of Tears
- 5. No Surprises (Radiohead)
Konzertbericht
Ein fröhlicher Melancholiker sorgt für nachdenkliche Minuten im Advent
Würzburg (music-on-net.com) Muss jemand, der vor allem traurige Lieder komponiert und spielt, deswegen auch selbst dauerhaft auf Herbststimmung abonniert sein? Sicherlich nicht!
Ein kleiner Spielort wie „das Cairo“ bietet den Vorteil des recht unmittelbaren Kontaktes von Publikum und Künstler. So passiert es, dass den ersten Besuchern des Konzertes ein gut gelaunter Scott Matthews bereits auf der Treppe begegnet und en passant ein Fläschchen Rotwein für den abendlichen Auftritt bestellt.
Das Cairo präsentiert sich heute Abend teilbestuhlt – eine gute Entscheidung, vor allem wenn man zu den ersten Besuchern zählt. Bis kurz nach 21.00 Uhr hat sich der Zuschauerraum gefüllt, auch auf den hinteren Stehplätzen herrscht eine noch angenehme Dichte. Schön, dass der einzige unterfränkische Auftritt des seit einigen Jahren in New York lebenden Australiers nicht vor leeren Reihen stattfindet, sondern sozusagen vor fast ausverkauftem Haus. Keine Selbstverständlichkeit, auch wenn hohe musikalische Qualität angeboten wird.
Das Trio um Scott Matthew (Ukulele, Gitarre) mitEugene Lemcio am Bass, manchmal am Keyboard, und Sam Taylor, überwiegend an der Gitarre, am Cello aber gleichermaßen überzeugend, bietet ein rein akustisches Konzert der Extraklasse. Mit dem Einsatz des Schlagzeuges – auf seinem letzten Album „Gallantry’s Favorite Son“ erstmalig in seinem Klanguniversum eingesetzt – hat Scott Matthew ohnehin seine Akzeptanzprobleme. Aber ein richtiges Schlagzeug wird heute niemand vermissen. Die wenigen notwendigen rhythmischen Schläge erfolgen durch Scott’s Flachhandtrommeln auf die putzige Ukulele, die der durchaus auch körperlich große Songwriter im Laufe des Abends nur einige wenige Male gegen eine ausgewachsene Gitarre austauscht.
Seine durchdringende klare Stimme wird von den beiden musikalischen Mitstreitern vortrefflich unterstützt. Schön auch mit anzusehen, wie sein langjähriger Freund, Eugene Lemcio, die meisten Stücke ganz kurz ansingt. Hier entsteht in sehr entspannter Atmosphäre populäre Kammermusik mit Texten zum genaueren Zuhören.
Zwischen den einzelnen Stücken schelmische Ansagen von Scott, der sich unter anderem an „Father Thomas“ von der Kölner Kulturkirche erinnert, wo Matthew bereits im November aufgetreten war. Ihn hätte „Sweet Kiss In the Afterlife“ leider nicht so recht überzeugen können. Oder die Schwierigkeit, den Song „Duet“ als Duett umzusetzen, wenn ein Partner schlichtweg fehlt. Heute Abend hat er ihn jedenfalls in seinem Gitarristen gefunden.
Natürlich gibt es auch eine Setlist – sie steckt aber nur den Rahmen für ein Programm ab, welches man auch kurzfristig noch ändern kann. Ein kleiner klärender Plausch mit den Kollegen und ab geht’s bei den Zugaben auf die Alternativroute der Coversongs. Und auf selbiger fährt das Trio ebenso überzeugend.
Der erste Zugabenblock endet mit einem überwältigenden „Tonight You Belong To Me“ – mit gesungenem Trompetensolo. Hier demonstriert Matthew eindrucksvoll seine Verbundenheit mit dem amerikanischen Songbook.
Nach gut siebzig Minuten ist somit das eigentliche Konzert schon vorbei. Auf das Verschwinden „Backstage“ hat man aufgrund in Österreich gesammelter leidvoller Erfahrungen verzichtet. Die einzige (Notausgangs-) tür führte nämlich unmittelbar ins Freie. Im Cairo ist diese Tür erst gar nicht vorhanden!
Es folgen – nach freundlicher Aufforderung des Publikums – die letzten beiden Stücke. Nur der schlacksige Scott Matthew
mit seiner Ukulele auf der Bühne. „Palace Of Tears“, eine rührende Hommage an den Tränenpalast in Berlin-Bahnhof Friedrichstraße und anschließend eine – bestimmt auch Thom Yorke – absolut überzeugende Version von Radioheads „No Surprises“. Wer hier nicht Gänsehaut bekommt, sollte dringend seinen Hausarzt aufsuchen.
Der Schlusspunkt unter das gelungene Set ist somit unverrückbar gesetzt. Wohin man auch schaut – zufriedene Zuhörer. Die Würzburger dürfen auch wirklich glücklich sein. Andernorts war das Konzert des Trios nämlich noch etwas kürzer. Scott Matthew („…there is something special in this place…“) hat sich im ehemaligen Frauengefängnis eben richtig wohl gefühlt. Wir dürfen uns somit berechtigte Hoffnung machen, dass er wieder einmal vorbei schaut.
Bildergalerie | Scott Matthew
