Kris Kristofferson: Forum Schlosspark Ludwigsburg 2017

Kris Kristofferson

Datum: 30.06.2017
Venue: Forum am Schlosspark, Theatersaal in Ludwigsburg
Website
Autor/Fotograf: Jörg Neuner



Konzertbericht

Songwriter – Poet and Country-Outlaw – Still Standing

Für einen Opener gibt es drei Regeln: nicht lauter spielen als der Haupt-Act, keine Cover-Band, und schon gar nicht mit Songs vom Haupt-Act.

Rocket To Stardom als Opener

Still und schwarz ruht die Bühne, dann kommen drei Rockabillies, hauen zum Start Surreal Thing aus den Verstärkern und schmeißen damit gleich alle drei Regeln über Bord. Allerdings sind sie keine klassische Vorband, sondern das Projekt Rocket To Stardom zu Kris Kristoffersons Europa-Tour, wie auch schon in vergangenen Jahren; er bedient sich seiner eigenen Tribute-Band. Die meisten Songs bestreitet Kristofferson solo und akustisch, für einige Lieder gibt es ein rockiges Fundament von den Jungs. Die zweite Nummer If I Married  A Hooker hat er eigens für die Band geschrieben.

Die Legende Kris Kristofferson himself

Dann betritt die Legende himself die Bühne, schwarze Jeans und Hemd. Mähne und Bart schon lange komplett silbern – auf dieser Tour hat er seinen 81. gefeiert – haben die Jahre seinen hageren Typ erst so richtig herausgearbeitet: stechende, tiefliegende blaue Augen über den markanten Wangenknochen.

Mit Unterstützung der Band gibt es zuerst Darby’s Castle  und gleich wird klar: die Stimme hat dem ungezügelten Leben wohl den größten Tribut gezollt. Er hat sich in Interviews selbst nie für einen großen Sänger gehalten und schätzte die Fassungen seiner Lieder von Kollegen, die eine bessere Stimme haben. Für mich hat seine whiskygetränkte Grabesstimme immer am besten zu den melancholischen Geschichten gepasst. „I smoked my brain the night before  on  cigarettes and songs that I’d been picking” – Johnny Cashs Stimme war mir immer viel zu weich für Sunday morning coming down. Und die meisten Help Me Make It Through The Nights und Lovin’ Her Was Easiers im Umlauf sind arg verkitscht und verschmalzt.

Ausnahme natürlich Joplins Me And Bobby McGee, das in die Woodstock-Ära gepasst hat wie die Faust aufs Auge. Ebendieses kommt jetzt schon ganz am Anfang, unscheinbar vorgetragen, aber die Gänsehaut ist da.  „Freedom’s just another word for nothing left to loose“  auf der Liste mit Vorschlägen, welcher Songwriter nun als erster den Literatur-Nobelpreis bekommen sollte, kann Kristofferson nicht wirklich weit unterhalb von Dylan gestanden haben…und auch His Bobness hat einen seiner Songs aufgenommen: They Killed Him. Der folgt später auch, mit ganz ganz tiefer Grabesstimme.

In diesen Passagen ist die verbrauchte Stimme eine Weiterentwicklung, spinnt die Stories weiter, ist die Folge eben dieser Geschichten. Wie Willie Nelsons Gitarre Trigger, deren Löcher immer größer werden und deren typischer Sound weiter reift. Gehört zu dem Typen, der da mit 81 schonungslosen Jahren in seinen Cowboy-Stiefeln auf der Bühne steht und auf dem Griffbrett auch mal daneben greift – so what. Sein letztes Studio-Album von 2013 heißt Feeling Mortal – er hat wohl kaum aufgehört, sich in seinen Songs mit seinem Leben auseinander zu setzen. Mit derlei Authentizität schafft man es dann auch im fortgeschrittenen Alter noch in die Top 40.

Die erste Solonummer kommt mit Here Comes That Rainbow Again – ein ergreifendes Gefühl, diese trostspendende Geschichte von dem Mann mit der Gitarre alleine auf der Bühne vor dem schwarzen Nichts. Dann das launige Best Of All Possible Words – zugegeben, dazu passt Norah Jones mit ihren Little Willies noch ein bisschen besser. Heute endet etwas aprupt – “sorry, just missed the last words” – lacht. In manchen Liedern kommt die Stimme dann wieder etwas weiter hoch wie in Loving Her Was Easier. Oder auch druckvoller, wenn er in Under The Gun gegen den Rockabilly-Sound der Band ansingt.

Am persönlichsten kommt To Beat The Devil rüber, autobiographisch inspiriert und Johnny Cash und seiner Frau gewidmet – zuerst sein Vorbild, dann enger Freund und Kollege bei der Superband The Highwaymen. Zusammen mit Willie Nelson und Waylon Jennings haben sie sich gegenseitig inspiriert, um der Country-Music in den Siebzigern als Nashville-Outlaws den richtigen Tritt in den Hintern und nötige Impulse zu geben. 

Gegen Ende hat sich Kris Kristofferson richtig warm gesungen – oder liegt es an der Story? The Silver Tongued Devil And I hört sich zwanzig Jahre jünger an und die letzte Nummer kommt nochmal mit Band, kräftig und klar: Why Me Lord.

Wir hätten uns jetzt auch richtig warmgehört, aber leider kommt nur ein Zugabe, passenderweise Don’t Tell Me How The Story Ends.

No, please don’t …


Line-up | Kris Kristofferson

  • Kris Kristofferson – guitar, vocals
  • Rocket To Stardom
  • Julian Wiethoff – vocals, guitar
  • Bojan Lutz – bass guitar
  • Jens Feldhaus – drums

Setlist | Kris Kristofferson

  • Surreal Thing – Rocket To Stardom
  • Married To A Hooker – Rocket To Stardom
  • Darby’s Castle – all
  • Me And Bobby McGee – all
  • Here Comes That Rainbow Again – solo
  • Best Of All Possible Worlds – solo
  • Help Me Make It Through The Night – solo
  • Casey’s Last Ride – all
  • Nobody Wins – solo
  • Feeling Mortal – solo
  • From Here To Forever – solo
  • Broken Freedom Song – solo
  • Loving Her Was Easier – solo
  • Duvalier’s Dream – solo
  • I’d Rather Be Sorry – solo
  • They Killed Him – solo
  • Jody And The Kid – solo
  • Under The Gun – all
  • Pilgrim, Chapter 33 – solo
  • Jesus Was A Capricorn – solo
  • To Beat The Devil – solo
  • Sunday Morning Coming Down – solo
  • The Silver Tongued Devil And I – solo
  • For The Good Times – solo
  • A  Moment Of Forever – solo
  • Why Me Lord – all

Encore

  • Don’t Tell Me How The Story Ends – solo

Tour-Termine 2017 | Kris Kristofferson

  • 3.7. Jahrhunderthalle, Frankfurt
  • 4.7. Ulmer Zeit, Ulm
  • 6.7. Zelt Musik Festival, Freiburg
  • 7.7. Clam Rock Festival, Burg Clam, Österreich
  • 8.7. Lovely Days Festival, Eisenstadt
  • 9.7. Burg Finkenstein, Latschach, Österreich


Bildergalerie | Kris Kristofferson


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