High End 2016: Welt der HiFi – Männerträume (Special)

High End 2016 München

Erlebnismesse für exzellente Unterhaltungselektronik
Ein Besuch der Messe in München aus der Sicht eines Musikliebhabers

Autor: Gerald Langer

München (music-on-net) – High End 2016 – endlich habe ich es einmal geschafft. Es ist mein erster Besuch der jährlich stattfindenden Messe in München. Ein Arbeitskollege gab den entscheidenden Impuls, sonst wäre die vom 5. bis 8. Mai 2016 auf dem Münchener Messegelände MOC durchgeführte Veranstaltung für Händler und interessierte Besucher wohl wieder an mir vorbei gerauscht.


Heute bin ich also für ein paar Stunden zu Gast bei der HIGH END SOCIETY, die aus dem 1982 gegründeten Verein „HIGH END Interessengemeinschaft für hochwertige Musikwiedergabe e.V.“ hervorging und in diesem Jahr ihr 35. Jubiläum feiert.

„Der Verband versteht sich insbesondere als Interessengemeinschaft der Hersteller und Vertriebe aus dem Bereich der hochwertigen Unterhaltungselektronik zur Förderung der hochwertigen Musikwiedergabe und zur Unterstützung sowie Zusammenführung aller daran interessierter Personen, Vereinigungen und Firmen.“

Wir haben uns den Samstag als Besuchstag ausgesucht. Mit dem ICE und der U-Bahn reisen wir entspannt an. Zwischen U-Bahnstation Kieferngarten und dem Messegelände hat sich schon eine kleine Karawane gebildet, die erkennen lässt, dass wir gegen 10:30 in eine nahezu reine Männerwelt abtauchen werden, bei der Damen überwiegend als high-endige Marken-Repäsentantinnen am Messestand auftauchen werden. An einem solchen Tag haben enthusiastische Musikliebhaber und Sammler von Tonträgern ohnehin nur Augen und Ohren für die technischen Schätze, die auf mehreren tausend Quadratmetern im MOC ihren vorübergehenden Platz gefunden haben und unser Herz manches Mal rasen lassen.

Gängige Tonträgerformate

Hier wird es immer unübersichtlicher. Es gibt längst nicht mehr nur das eine Tonträgerformat. Vielfalt macht sich breit. Die alte CD, ab und an die HDCD und SACD, ist ein noch immer anzutreffendes Medium, das in entsprechend hochwertigen Playern rotieren darf und dort durchaus noch bezaubern kann.

Die Hinwendung des Musikliebhabers zum Vinyl führt bei den Herstellern zu imposanten technischen Entwicklungen, die den Plattenteller samt Schallplatte auf höchst aufwändig gestalteten und konstruierten Unterkonstruktionen, geradezu kleinen Altären, drehen lassen.

Eindrucksvolle Tonbandmaschinen zur Wiedergabe von Masterbändern sind im Windschatten des Vinyl-Revivals ebenfalls im Aufwind.

Immer mehr verflüchtigt sich die Musik indes in hochauflösende Dateien, die als DSD oder HiRes-Files von Festplatten oder Clouds nach Bedarf abgerufen werden können.

Kopfhörer und Vorführräume

HiFi-Komponenten anzuschauen ist wunderbar. Das Probieren einiger Kopfhörer bestätigt meine Erfahrung dahingehend, dass angenehmes Klangempfinden unmittelbar am Ohr eben nicht alleine eine Frage der individuellen Finanzkraft ist, sondern auch der persönliche Geschmack und der Tragekomfort eine entscheidende Rolle spielen.

Bei diversen Kopfhörern samt auf sie abgestimmten Kopfhörerverstärkern kann man nach wie vor, mit in der Regel überschaubaren Investitionsmitteln und ohne großen räumlichen Platzanspruch, unglaublich gutes und sehr intensives „High Fidelity“ in den eigenen vier Wänden erleben.

Die regelrechten „Wallfahrtsorte“ der Messe sind klar die Vorführräume, die vor allem in den Obergeschossen untergebracht sind.

Hier werden einige Ketten aus HiFi-Komponenten präsentiert, die den Neupreis eines Mittelklassefahrzeuges deutlich überschreiten. Als „Otto Normalverbraucher“, zu dem ich mich zählen darf, sollte man gar nicht erst großartig das Rechnen anfangen. Wir sind heute schließlich zu Gast bei der „High End Society“, die als primäre Zielgruppe vorwiegend zahlungskräftige Kunden ins Visier genommen hat und sich damit über weite Strecken von bloßen Consumer-Events distanziert.

Die hier gewonnenen Höreindrücke sind zwar nicht durchweg überragend, die geschickte und den Zuhörer ergreifende Auswahl von Verstärkerkomponenten mit „hochwertigsten Zuspielern“ und überwiegend voluminösen Lautsprechern ist dennoch die Regel.

Angesteuert werden die „Mittelgebirgszüge aus Vor- und Endstufen, Monoblöcken, Plattenspielern, Medienplayern, SACD-Playern und Boxen“ überwiegend per App vom Tablet oder Smartphone durch die von den Herstellern jeweils befugten und vor Ort sehr rührigen wie beredten „Zeremonienmeister“.

Die Weltpremiere der neuen Premiumserie von Marantz, deren Leistungsvermögen der Chefentwickler Ken Ishiwata höchstpersönlich während der Messe präsentiert, allerdings zu festgelegten Zeiten, habe ich leider verpasst. Wir waren zu früh bzw. zu spät am Ort des Geschehens. Das, was ich mehr oder weniger im Vorübergehen hören durfte, klang allerdings wirklich herausragend und hat mich deshalb besonders interessiert, da ich dieser Marke seit einigen Jahren die Treue halte.

Gegen 16:45 sind wir im Großen und Ganzen durch. Zwei kurze Pausen haben wir uns zwischendurch gegönnt, noch vor zwölf Uhr ein paar Weißwürste mit einem alkoholfreien Weizen genossen.

Eigentlich bräuchte man das Zwei-Tages-Ticket, um sich intensiver noch mit dem riesigen Angebot der High End auseinanderzusetzen. Bei der High End 2017 vielleicht!

Resümee

Die High End 2016 in München hat mich durchaus begeistert, werden hier HiFi-Komponenten präsentiert, die man – wenn überhaupt – nur noch bei sehr wenigen exklusiven Händlern ansehen und anhören kann.

Nur kurze Zeit fühlte ich mich wie ein VW-Golf-Fahrer nach dem Besuch einer Automobilausstellung ausschließlich für Edelkarossen, die sich weit außerhalb der eigenen finanziellen Möglichkeiten befinden.

Ganz schnell bin ich wieder bei mir angekommen.

Als Endverbraucher unternahm ich einen kurzen und sehr schönen Ausflug ins „Fantasialand“ der möglichst authentischen Reproduktion konservierter Musik. Kosten spielen in dieser Liga eine eher untergeordnete Rolle. Hier werden HiFi-Komponenten auch als hochwertige Prestigeobjekte angeboten.

Dabei sieht der gelebte Alltag des üblichen Musikkonsumenten längst anders aus.

Plattenkäufe – ob als CD oder Vinyl – nur ab und dann, wenn überhaupt noch!

Musik in digitaler Form, dargereicht von Musikportalen wie Spotify, Tidal, Quobuz und wie die Anbieter alle heißen mögen, konsumiert unmittelbar am Smartphone oder bestenfalls über Digital-/Analogwandler vom heimischen Rechner auf die „Stereoanlage“ übertragen, sind leider Alltag.

Die nachkommenden Generationen haben den Bezug zu hochklassigen heimischen Wiedergabe-Equipment längst verloren. Der Tonträgermarkt und die damit häufig einhergehende Sammelleidenschaft lebt zu einem erheblichen Teil von Musikbegeisterten, die in den späten 1960er und 1970er Jahren von diesem sonderbaren Virus infiziert wurden und der konservierten Musik mit haptischem Erlebniswert nach wie vor eine entsprechende Wertschätzung entgegenbringen.

Die High End 2016 leistet somit sicherlich keinen unmittelbaren Beitrag für ein neues Verbraucherverhalten in Sachen Musik. Dennoch ist zu erwarten, dass der eine oder andere Impuls für die handelsübliche Unterhaltungselektronik von den hier vertretenen Herstellern ausgehen wird. Am Messestand mobiler HiRes-Player, die in etwa so groß sind wie iPods, war jedenfalls erstaunlich viel los.

Keinen nennenswerten Beitrag zu einem neuen Käuferbewusstsein liefern sicherlich zentnerschwere Plattenspieler in einer weltweiten Auflage von gerade einmal zehn Stück, Objektpreis sage und schreibe jeweils 108.900 €, von denen innerhalb zweier Messetage bereits zwei verkauft wurden. Das sind schlicht und ergreifend Fetische, für Menschen mit extrem dicken Geldbeutel vielleicht ein „Must Be“, für Musikliebhaber allerdings ohne jegliche Relevanz.

Eine High End 2017 sollte deshalb die Zielgruppe der Musikkonsumenten mit „normalem“ Einkommen nicht weitgehend außer Acht lassen, sondern möglichst eindrucksvoll zeigen, wie man auch mit einem überschaubaren Budget äußerst qualitätvoll Musik in den eigenen vier Wänden erleben kann. So etwas ist nämlich noch immer möglich. Der Händler Ihres Vertrauens zeigt diese Kunst des Zusammenwirkens verschiedener audiophiler Bausteine dem interessierten Kunden, solange wir noch bei ihm direkt einkaufen und nicht den Weg über das Internet beschreiten.

© Gerald Langer


Einige Impressionen (mir hatten es besonders die Plattenspieler angetan)


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