Helge Schneider
Datum: 08.07.2017
Venue: Weinfestplatz Volkach
Autor/Fotograf: Gerald Langer
Konzertbericht
240 Years Of Singende Herrentorte
Volkach (music-on-net) – Man muss schon eine Antenne für Helge Schneiders Humor haben, um sich in den nächsten zwei Stunden auf dem Weinfestplatz Volkachs nicht selbst als deplatziert zu empfinden.
Das aktuelle Tour-Motto lautet:
„240 Years of Singende Herrentorte“. Der zugehörige Promotiontext versucht sich in einer Erklärung, aus der ich hier ansatzweise zitieren möchte:
„Helge hat seine Ahnengalerie erforscht. Und dabei kam raus, es gibt ab kommendem Sommer etwas zu feiern: 240 Years of „Singende Herrentorte!“.
Das kam so: Am 14. Juli Im Jahre 1777 wurde Helge 1. im Sauerland geboren. Mit Beethoven drückte er die Schulbank in Bonn. Auch er war ein musikalisches Naturtalent. Im Jahre 1818 trat er erstmals unter seinem Fantasienamen „die singende Herrentorte“ in einem Hotel in Ulm auf und riskierte damit Kopf und Kragen, denn die Kirchenfürsten fanden diese Bezeichnung höchst merkwürdig. ………“
Erwartungsgemäß hat diese, im Original sehr umfangreiche, Beschreibung mit dem Inhalt der heutigen Show nichts, aber auch gar nichts, gemein. „Stop making sense“, meinten schon die Talking Heads und hatten (wohl) recht.
Das nunmehr fast 62-jährige Gesamtkunstwerk hat viele Facetten. Schneider ist Komiker, Kabarettist, Film- und Theaterregisseur, Schriftsteller, Schauspieler und ein begnadeter Multiinstrumentalist. Vor allem aber ist er ein Unterhaltungskünstler, der gleichermaßen improvisiert und polarisiert. Man mag ihn oder man mag ihn nicht.
Auch sein heutiger Bühnenauftritt verknüpft Klamauk mit überwiegend Jazz angehauchten musikalischen Intermezzi, die erst in der zweiten Halbzeit des Konzertabends, also nach der Pause, prägender werden. Dabei verfügt Helge Schneider über eine formidable Band mit Musikern, die er bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit auf die Schippe nimmt. Auch sein Butler, der ihm nach Aufforderung Tee reicht, bekommt sein Fett weg. Helge gibt schließlich vor, ihn aus der Gosse geholt zu haben. Hörigkeit sowohl bei seinen Mitarbeitern als auch beim devoten Publikum, das jeden seiner Kalauer lauthals belacht.
Er weiß längst, dass er mit seinem musikalischen Talent wohl fachliche Anerkennung ernten kann, das Publikum will aber partout mit Blödeleien geködert werden, mit denen er mehr oder weniger kunstvoll, gleichzeitig auf unvermeidliche Nebengeräusche reagierend, sehr spontan das präsentierte Liedgut verwebt.
Ach, was würde ich dieses Quintett um Carlos am Saxophon, Rudi am Kontrabass, Peter am Schlagzeug, Sandro an der Gitarre und Helge am Klavier gerne einen Abend lang einfach nur Musik machen hören. Gerne darf auch Sergej zwischendurch wie ein Pavian über die Bühne hüpfen. Vor allem aber möge Helge Schneider die Texte weglassen. Das „Katzenklo“ stand im Übrigen – Gott sei es gedankt – nicht im Programm!
Klar, das alles ist ein sehr subjektiver Wunsch meinerseits.
Viele hundert „bestuhlte“ Zuhörer und Zuhörerinnen sind an diesem Samstagabend voll auf ihre Kosten gekommen. Unzufriedenheit in den Gesichtern sähe gewiss ganz anders aus. Das hundertfach erprobte Konzept wird auch am nächsten Abend in Karlsruhe, anschließend in Freiburg aufgehen. Wetten, dass!
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