Hannes Wader
Datum: 10.10.2013
Venue: Saalbau Luisengarten Würzburg
Autor/Fotograf: Gerald Langer
Inhalt
Konzertbericht
„Memories are made of this!“ Der Liedermacher und das Liedgut der 1950er im Würzburger Saalbau Luisengarten
Würzburg (music-on-net) – Der Herbst ist in Würzburg spürbar angekommen. Schmuddelwetter, bei dem man am liebsten daheim bleiben möchte, wenn nicht heute Abend Hannes Wader in der Stadt wäre.
Seit Monaten ist das Konzert angekündigt, der Saalbau Luisengarten restlos ausverkauft. Im Foyer schon lange vor Beginn leichtes Gedränge, der überwiegende Teil des Publikums ist erkennbar in der zweiten Lebenshälfte angekommen. „Generation Gleitsichtbrille“, meist in Pärchen-Formation. Häufig trifft man in der Heimatstadt auf bekannte Gesichter – heute Abend sehe ich allerdings im Publikum nicht ein einziges.
Kurz nach 20:00 betritt der legendäre Liedermacher die übersichtliche Bühne des etwas schmucklosen Saalbaus, der heute Abend in seiner gestalterischen Zurückhaltung aber ein durchaus passendes Ambiente für den deutschen „working class hero“ bietet.
Viel braucht Hannes Wader ohnehin nicht – seine Gitarre, einen Notenständer, zwei Monitorboxen, ein Mikrofon, von dem er sich nur selten lösen wird und seine Stimme, die nach all den Jahren „on the road“ immer noch unter die Haut geht. Das zweiteilige – insgesamt zweistündige – Set bestreitet er ausschließlich im Stehen. Der mittlerweile 71-Jährige – diesjähriger Gewinner des „Echo“ für sein Lebenswerk – ist körperlich und geistig topfit.
Nah dran
Mit dem aktuellen Album „Nah dran“, dessen Songtitel er heute Abend geschickt und unaufdringlich in seine Setlist aufgenommen hat, und einigen Evergreens hält er Rückschau in die 1950er Jahre, die Ära, die seine Jugend und seinen späteren Werdegang als Liedermacher und Interpret von Volksmusik, besser von deutschem Liedgut, entscheidend geprägt hat.
Zu Beginn gleich ein Klassiker von Hannes Wader – „Heute hier, morgen dort“. Danach tosender Beifall, der sich zwischen den Songs regelmäßig wiederholen soll, während Wader schon gedanklich das nächste Lied vorbereitet. Kleine technische Unvollkommenheiten wie beim Anstimmen von „Schon morgen“ meistert er souverän mit dem Hinweis „eine kleine Unschärfe muss bleiben“.
Er ist heute wahrlich „nah dran“ am Publikum, welches ihn frenetisch feiert, während er – immer den richtigen Ton treffend – kleine verbale Pretiosen reicht. Mit „Boulevard St. Martin“ ehrt er den deutsch-jüdischen Widerstandskämpfer Peter Gingold und seine Aktivitäten in der französischen Résistance.
„Autumn Leaves“ – beinahe 60 Jahre lang wäre er auf der Suche nach einer brauchbaren deutschen Übersetzung dieses französischen Chansons gewesen. Jetzt habe er seine eigene Version geschrieben, diese gefiele ihm nun endlich. All das kommt ohne jedwede Arroganz, zeigt seinen etwas spröden, auf ausreichend Lebenserfahrung basierenden Humor. Seine deutsche Version des Titels lautet „Die welken Blätter“. Am Ende singt er ihn französisch weiter. Dieser Wechsel zwischen deutscher, englischer und französischer Sprache begegnet uns heute Abend immer wieder und darf als Verbeugung vor dem Original, möglicherweise auch als Reminiszenz an seine frühesten Liedermachertage gewertet werden, als er noch über zu wenig eigenes Songmaterial verfügte und auf diese Weise das Programm „strecken“ musste.
Songmaterial hat Hannes Wader mittlerweile zu Genüge, einiges ist noch in Arbeit. Zwei neue Lieder – nur mit Arbeitstitel versehen – baut er in sein Set ein. „Idyllen“ und „Für Cordula“, Hannes Waders Ehefrau.
Sein Verhältnis zu Frauen überhaupt versucht er in „Nah dran“ zu beschreiben, ohne dabei allzu viel von sich selbst preiszugeben.
Die zweite Halbzeit
Nach „Dass wir so lang leben dürfen“, einer Gedichtvertonung, geht es in die halbstündige Pause.
In der zweiten Hälfte noch einige „Herbstlieder“ – „Alle Hügel und Täler“ im Geiste des Romantikers Joseph Freiherr von Eichendorff und „Der Drachen“ als Aufarbeitung von Kindheitserinnerungen und dem Verhältnis zum früh verstorbenen Vater.
Im „Lied vom Tod“ geht es dann um das Thema Sterblichkeit, ein süffisantes Opus mit mittlerweile dreißig Strophen, von denen Hannes Wader nur einige vorträgt.
„Im Wartesaal zum großen Glück“, ein „Griechisches Lied“ (im 7/8 Takt), der „Traum vom Frieden“, „Leben, einzeln und frei“ und ein Zugabenset mit dem von Elvis Presley popularisierten „Muss i denn …“, Dean Martin’s „Memories Are Made Of This“ und Roger Miller’s „King Of the Road“.
Ein vielfältiges Programm, ein großartiger Hannes Wader, der seine Ankündigung, nach Würzburg zurückzukehren, hoffentlich bald wahr macht.
Setlist
Heute hier, morgen dort
Schon morgen
Die welken Blätter
Boulevard St. Martin
Ohne Titel (Arbeitstitel „Idylle“)
Ohne Titel (Arbeitstitel „Für Cordula“)
Nah dran
Dass wir solange leben dürfen
Pause
Hommage an die alten Lieder
Alle Hügel und Täler
Der Drachen
Das Lied vom Tod
Im Wartesaal zum großen Glück
Griechisches Lied
Traum vom Frieden
Leben, einzeln und frei
Zugabe
Bin auf meinem Weg schon so lang
Wooden Heart (Muss i denn…)
Memories Are Made Of This
King Of The Road
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