
Herbert Grönemeyer
Album: Unplugged 2 – Von allem anders
Format: Vinyl, CD, Digital
VÖ: 17.10.2025
Label/Vertrieb: Vertigo Berlin/Groenland/Universal Music
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Inhaltsverzeichnis
Rezension
„Je oller, desto doller“, möchte man sagen. Herbert Grönemeyer dreht mit knapp 70 nochmals richtig auf.
Dreißig Jahre nach seinem bahnbrechenden MTV Unplugged von 1995, das als erstes nicht-englischsprachiges Album in der Reihe Geschichte schrieb, legt Herbert Grönemeyer mit „Unplugged 2 – Von allem anders“ eine etwas andere Fortsetzung vor.
Dieses Album ist kein bloßer Rückblick, sondern streckenweise eine Neuerfindung hinreichend bekannter Songs:
22 Klassiker aus den letzten drei Jahrzehnten plus die neue Ballade „Flieg“ werden rein akustisch präsentiert.
Grönemeyer reflektiert nicht nur seine Karriere, sondern auch persönliche Wandlungen. Der Titel „Von allem anders“ ist insofern die perfekte Metapher und spielt gleichzeitig mit dem 1998er Albumtitel „Bleibt alles anders“.
Die Aufnahmen, die sich über ein Jahr erstreckten, klingen wie ein persönliches Tagebuch, das die Hits zu neuem Leben erwecken lässt.
Das Album öffnet mit „Sekundenglück“, einem Stück aus dem Jahre 2003, das hier zu einem leisen Statement wird. Wo das Original mit rockiger Intensität pulsierte, schleicht sich die Unplugged-Version wie ein Herzschlag ein. Klavier und Streicher weben eine fragile Atmosphäre, in der Grönemeyers Stimme die „einzigartigen tausendstel Momente“ beschreibt.
Es ist kein typischer Album-Opener, sondern eine Einladung, tiefer einzutauchen in die Songs eines der erfolgreichsten deutschen Musikkünstler.
Die Produktion, dominiert von Alfred Kritzers Streichern, hebt die existenzielle Melancholie hervor, die im Original unter Gitarrenriffs etwas verschütt gegangen ist.
Danach folgt die einzige Neuveröffentlichung „Flieg“, eine Kooperation mit der Multi-Instrumentalistin Suena, die Komposition und Gesang beisteuert.
Diese dreiminütige Ballade ist unruhig und ruhig zugleich. Im Vergleich zu den Remakes wirkt „Flieg“ frisch und geradezu experimentell.
Ein Ohrwurm ist erneut „Ich dreh mich um dich“ aus dem Jahr 2011. Grönemeyer gesteht in Interviews, dass dieser Track ihn im Studio neu berührte. Die Emotionen, die er vor Jahren empfand, hätten sich verändert.
Eine Ausnahme unter den zahlreichen Remakes ist „Flugzeuge im Bauch“ von 1984, das bereits vor dem ersten Unplugged entstanden ist. Der 64-köpfige Berliner Rundfunkchor ersetzt die selbst gesungenen Chöre des Originals und verleiht dem Hit noch mehr an hymnische Größe.
Auf „Unplugged 2“ gibt es also viel „Altes“ neu zu entdecken.
„Unplugged 2“ ist dabei mehr als bloßes Song-Recycling. Anders als 1995, wo MTV den Rahmenbedingungen diktierte. Die Band um Alex Silva spielt mit Präzision, Gäste wie Peter Fox bringen Abwechslung, vor allem Chor und Orchester erweitern den Horizont. Die Songs gehen unter die Haut, vorausgesetzt man mag Grönemeyers Stimme.
Die deutsche Pop-Ikone hat nachweislich einige Hymnen für die Ewigkeit geschrieben, die auch nach Jahrzehnten noch berühren.
In Zeiten, da Pop oft flüchtig ist, bietet dieses Album eine gewisse Beständigkeit. Die darauf versammelten Tracks laden zu wiederholtem Hören ein.
Als Schlusspunkt, „Zeit, das sich was dreht“ zu wählen, ist, obwohl als Fußball-Hymne“ konzipiert, wohl gegenwärtig eher als Statement in Anbetracht der weltpolitischen Großwetterlage zu bewerten.
Ob als DO-CD im Hardcoverbuch mit 36-seitigem Booklet, als Vinyl, oder als digitaler Download, ist dieses Album für Fans des Bochumers ein Objekt der Begierde.
Grönemeyer beweist, dass er auch nach Jahrzehnten auf der Bühne immer noch relevant, berührend und lebendig ist, die meisten seiner Songs kein Verfallsdatum erkennen lassen.
Nur ist das aktuelle Album streng genommen eben kein klassisches Unplugged mit Publikum, was frühe MTV-Unplugged Auftritte auszeichnete, sondern ein exzellent aufgenommenes Studioalbum.
Mich stört’s nicht.
Tracklist
- Sekundenglück
- Flieg (feat. Suena)
- Mensch
- Doppelherz/Iki Gönlüm (feat. BRKN)
- Ich dreh mich um dich
- Herzhaft
- Das ist los
- Flugzeuge im Bauch
- Fang mich an
- Angstfrei
- Der Weg
- Mut
- Demo (Letzter Tag) (feat. LEA)
- Fall der Fälle
- Warum (feat. Peter Fox)
- Deine Hand (feat. Balbina)
- Lebe mit mir los
- Unfassbarer Grund
- Turmhoch
- Neuer Tag
- Glück
- Mein Lebensstrahlen
- Zeit, dass sich was dreht
Line-up
- Herbert Grönemeyer: Gesang, Klavier
- Alex Silva: Gitarre, Arrangements
- Armin Rühl: Drums
- Norbert Hamm: Bassgitarre
- Jakob Hansonis: Gitarre
- Stephan Zobeley: Gitarre
- Alfred Kritzer: Keyboard, Akkordeon, Orgel, Streicher-Arrangements
- Rhani Krija: Percussion
Gastmusiker und Sänger:
- Lea: Gesang (vdiverseTracks)
- Balbina: Gesang (z.B. „Doppelherz“)
- Peter Fox: Gesang (z.B. „Mensch“)
- Berkan (BRKN): Gesang (z.B. „Doppelherz / İkı Gönlüm“)
- Suena: Komposition und Gesang („Flieg“)
- Berliner Rundfunkchor (64 Stimmen): Chor (bes. „Flugzeuge im Bauch“)
- Christoph Kramer: Klatschen (Gastauftritt)
- Zahlreiche Orchestermusiker: Streicher, Bläser (u.a. in Hansa Studios und RBB-Rundfunksaal)
Credits
Produzenten: Herbert Grönemeyer, Alex Silva, mit Beiträgen von Lucry \& Suena (für „Flieg“)
Aufnahmelocations: Hansa Studios Berlin, RBB-Rundfunksaal, über ein Jahr hinweg (2024–2025)
Tontechnik: Verantwortet durch das Team um Alex Silva, mit Fokus auf akustische Intimität
Label: Vertigo Berlin / Grönland, exklusiv lizenziert an Universal Music GmbH
Mastering und Mixing: In den renommierten Berliner Studios, betont puren, unverstärkten Sound
Tour 2026 – „Mittendrin akustisch“
7. Februar 2026: Hannover, ZAG Arena
9. Februar 2026: Berlin, Uber Arena
10. Februar 2026: Hamburg, Barclays Arena
12. Februar 2026: Mannheim, SAP-Arena
14. Februar 2026: München, Olympiahalle
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