Record Stores
VÖ: 24.09.2015
Label: seltmann+söhne
Autor / Fotograf / Herausgeber: Bernd Jonkmanns
Umfang: 384 Seiten
Preis: 49,00 €
Rezension (Buch)
Die meisten Plattensammler der 1970er und 1980er Jahre haben den Formatsprung vom Vinyl zur CD zunächst ohne großes Murren und Klagen mitgemacht. Ich selbst darf mich in diese große Gruppe der „Mitläufer“ durchaus einreihen.
Mit der Einführung der CD und ihrer absolut unproblematischen postalischen Versendung gegenüber dem vergleichsweise sperrigen und empfindlichen Vinyl verschwanden zusehends auch die klar definierbaren Orte zum Erwerb der Scheiben, die „Plattenläden“, die im Nachgang zu CD-Shops mutierten, in denen das Vinyl für gut zwei Jahrzehnte eine eher marginale Rolle spielte.
Die große Stunde der „Versender“ hatte geschlagen, bevor Home-PC’s mit eingebautem CD-Brenner zu ungewünschten Multiplikatoren von hörbarem Kulturgut wurden. Ein Kopierschutz der musikalischen Datenträger lief letztlich ins Leere. Die traditionellen Plattenfirmen, vor allem aber die Künstler, hatten das Nachsehen.
Konservierte Musik wurde infolgedessen mehr und mehr zur bloßen Datei und war plötzlich überall, zum Beispiel als mp3-file, verfügbar. Daran hat vor allem die Computerbranche verdient, die die einschlägigen Player zu Kult-Objekten werden liess. Deren meist jugendliche Nutzer wussten mit dem elterlichen Schallplattenspieler samt seiner häufig angestaubten Plexiglasabdeckung nicht allzu viel anzufangen. Zudem waren die schwarzen Scheiben entweder aus der greifbaren Nähe der Wohnlandschaften verschwunden oder gar beim Trödler verscherbelt worden.
Das Musik-Streaming führt mittlerweile zum Exodus der letzten CD-Läden. CD und Vinyl sind mittlerweile gängiges Versandgut und werden überwiegend von den letzten Branchenriesen vertrieben, die nicht nur „nationwide“, sondern „worldwide“ agieren.
In den letzten Jahren erfährt – dem großen Trend trotzend – gerade das Vinyl gewissermaßen eine Renaissance, welche das stete Bröckeln in der Branche sicherlich nicht aufhalten kann, aber dazu führt, dass man sich mehr und mehr an die Orte erinnert, die für viele Plattensammler vor etlichen Jahren wenigstens stundenweise zu vertrauten Treffpunkten Gleichgesinnter wurden – den Plattenladen oder Record Store.
Bernd Jonkmanns
Der zunächst handwerklich ausgebildete und dann studierte Fotograf Bernd Jonkmanns, der in der Werbebranche begann und sich in den letzten Jahren immer wieder unterschiedlichen Reportage-Projekten widmete, hat über Jahre hinweg diese besonderen Orte auf 5 Kontinenten, in 35 verschiedenen Städten, insgesamt über 160 Record Stores, fotografiert und damit – nahezu rein visuell – in seinem schwergewichtigen Buch „Record Stores“ verewigt.
Der Textteil ist mir persönlich etwas zu kurz geraten. Gerne hätte ich von den fotografisch Porträtierten noch ein bisschen mehr erfahren.
Bernd Jonkmanns stellt jedem Ladenbesitzer regelmäßig vier Fragen:
- Welches war deine erste Platte, die du erworben hast?
- Wann hast du deinen Laden eröffnet?
- Welches war die teuerste Platte, die du verkauft hast?
- Welches ist dein Lieblingsalbum?
Bleibt aber noch das lesenswerte einseitige Vorwort von Christoph Dallach, der als freier Journalist DIE ZEIT, das ZEITMAGAZIN, den KulturSPIEGEL und SPIEGEL-ONLINE mit Beiträgen zum Thema Musik versorgt.
Record Stores ist ein unterhaltsames Bilderbuch für alle Musik besessenen Sammler. Die Bildersprache ist universal und die Fotografien von Jonkmanns fangen die Atmosphäre dieser besonderen Handelsorte, die überwiegend von Männerhand geführt werden, wunderbar ein.
Schön, dass es auch in Deutschland noch einige Plattenläden gibt, die nach der Lektüre hoffentlich ebenfalls zu Pilgerzielen werden, wie Stores an der kalifornischen Küste.
Das Buch schließt dankenswerterweise mit einer Adressübersicht samt Hinweis auf die einschlägigen Websites der Record Stores.
Das Buch schließt dankenswerterweise mit einer Adressübersicht samt Hinweis auf die einschlägigen Websites der Record Stores.
Im Paradiso
Im letzten Jahr bin ich zufällig auf den Plattenladen Concerto in Amsterdam gestoßen. Bei schlechten Wetter hätte ich aus diesem wunderbar unübersichtlichen Record Store den Ausgang wahrscheinlich nicht vor Ladenschluss gefunden.
Hier ein paar Fotos, die ich damals mit dem Smartphone gemacht habe:
P.S.:
Habe mir noch ein „Projekt“ vorgenommen:
Besuch der Plattenläden in Amsterdam. Noch gibt es in dieser, auch ansonsten sehr reizvollen, Stadt ein vergleichsweise hohes Angebot für die Freunde des „Schwarzen Goldes“.
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