Taubertal-Festival 2012 (Live)

Taubertal-Festival 2012

Datum: 10.08. bis 12.08.2012
Venue: Eiswiese Rothenburg ob der Tauber
Show: Taubertal-Festival
Autor/Fotograf: Gerald Langer


Festivalbericht

Das Taubertal-Festival im Rückblick

Rothenburg ob der Tauber  (music-on-net) – Drei Tage Festival im Taubertal am Fuße von Rothenburg, das auch noch bei prognostizierten guten Wetterverhältnissen, sind eine schöne Perspektive für ein Wochenende im August.

Gibt es in Deutschland überhaupt vergleichbare Kulissen für ein Open Air dieser Größenordnung? Der Veranstalter selbst bewertet es als ein noch kleines Festival. Natürlich ist das Taubertal-Festival klein im Vergleich zu Rock am Ring und Rock im Park. Für regelmäßig wiederkehrende Besucher ist es allerdings eine Institution, die man in dieser Jahreszeit nicht missen möchte.

Die musikalische Ausrichtung orientiert sich keineswegs am Kuschelrock und an der Radiotauglichkeit, wenngleich letztere nicht zwingend ein Ausschlusskriterium ist. Für Daheimgebliebene und Liebhaber von rockigen Klängen bietet auch das mittlerweile 17. Taubertal-Festival ein breites Spektrum angesagter und – manchmal auch zu unrecht – etwas in Vergessenheit geratener Künstler und Bands. Nicht alle konnte ich „live“ erleben. Das umfangreiche Programm auf zwei Bühnen zwingt zu Schwerpunktsetzungen. Das Warm-Up am Donnerstagabend im Steinbruch, sozusagen die dritte Bühne, mit 5Bugs, Moop Mama und Hoffmaestro fand somit ohne mich statt. War trotzdem ein schöner Abend, wie ich aus gut unterrichteten Kreisen erfahren durfte. Auch der Emergenza-Bühne blieb ich aus Zeitgründen fern. Ärgerlich – auch für mich!

Mein (erster) Anreisetag war der Freitagnachmittag – rechtzeitig zu Sondaschule und zur ersten Pressekonferenz.

Festivaltag # 1 – Freitag, der 10. August 2012


Sondaschule
Sondaschule Taubertal Festival 2012 © Gerald Langer 2
Sondaschule – Taubertal-Festival 2012 © Gerald Langer


Die Kapelle aus Nordrhein-Westfalen in ihren Schuluniformen macht Spaß und hat viel Spaß. Sänger Costa Cannabis (Tim Kleinrensing) und seine „Sondaschüler“ legen sich mächtig ins Zeug, um die Stimmung anzuheizen. Keine ganz leichte Aufgabe, ist doch der Platz vor der Bühne anfangs noch erstaunlich leer. Einige Angereiste werden sich noch auf dem Zeltplatz mit dem Aufstellen ihrer Schlafstätte vergnügen.

Mit ihren Schuluniformen und anfangs grellen Sonnenbrillen bereiten Sondaschule erfolgreich das Parkett für die Abendveranstaltungen vor. „Sklaven der Uhr“ und „Es ist wie es ist“ – Texte frei von tiefschürfender Poesie, dafür direkt und komisch. Sie klingen stellenweise mit ihrem Bläser durchsetzten Ska-Punk wie – nur eben mit leichter Verspätung – der Neuen Deutschen Welle der 1980er Jahre entsprungen. Auch die Website der Band durchaus sehenswert und aufschlussreich: http://www.sondaschule.de/


Royal Republic
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Royal Republic – Taubertal-Festival 2012 © Gerald Langer


Indie-Rock aus Schweden serviert die Band um Sänger und Gitarrist Adam Grahn. Das Stimmungsbarometer steigt beträchtlich, wenngleich die Ansagen von Grahn durchaus nerven können. Die Musik nun härter, aggressiver, dicke Lippe eben. Irgendwie machen die Männer aus Malmö auf ungezogene Buben. Dazu gehört auch, dass Grahn immer wieder kontrolliert zur Seite ausspuckt. Das Publikum sieht’s ihm nach. Zum Fotografieren ist er allerdings große Klasse. Ein normales, entspanntes Gesicht macht er selten, immer wieder Grimassen. „We Are The Royal“ – so der Titel ihres Debütalbums. Die königliche Familie Schwedens darf sich freuen und rocken wie das Publikum im Taubertal. Ein dickes „Dankescheeeen“ zurück an Royal Republic.


Broilers
Broilers Taubertal Festival 2012 © Gerald Langer 4
Broilers – Taubertal-Festival 2012 © Gerald Langer


„Ganz egal was ich auch mache, es muss geile Musik da sein“ lautet ihr Motto und diesem werden sie gerecht. In „80 Tagen um die Welt“ und „Weck die Toten auf“ deuten auf den Elan hin, mit dem die Band zu Werke geht. Mir fallen bei den Broilers unweigerlich die ebenfalls aus Düsseldorf stammenden Altpunker die „Toten Hosen“ ein, die mir jeglichen Biss verloren zu haben scheinen. Tote Hose, eben. Gut, die Broilers gibt es auch schon seit 20 Jahren, sie wirken dennoch erfreulich frisch und munter.


The Wombats
The Wombats Taubertal Festival 2012 © Gerald Langer 12
The Wombats – Taubertal-Festival 2012 © Gerald Langer


„Seid ihr gut drauf“, so die Frage von Matthew Murphy, Sänger und Gitarrist des Trios aus Liverpool, gleich zu Beginn des Sets an des Publikum. Die Band spielt fabelhaft. Der Bassist Tord Øverland Knudsen eine Herausforderung für jeden Fotografen. Er springt wie von der Tarantel gestochen auf der Bühne umher. Dan Haggis am Schlagzeug treibt den Indie-Rock der Band an. Explosive, energiegeladene Musik, die zum Tanzen einlädt. Für mich eine meiner persönlichen Entdeckungen beim diesjährigen Taubertal Festival, wenngleich es die Band bereits seit 2003 gibt. Das Tonträgersortiment ist mit The Wombats Proudly Present: A Guide to Love, Loss & Desperation und The Wombats Proudly Present: This Modern Glitch zwar noch überschaubar, es scheint dafür umso gehaltvoller.


Placebo
Placebo Taubertal Festival 2012 © Gerald Langer 8


Sie sind „die“ Headliner am Freitag. Nur wenige Auftritte in diesem Jahr in Deutschland, einer davon im Taubertal. Große Erwartungen und sie werden zur vollsten Zufriedenheit auch erfüllt.

Brian Molko, Sänger und Gitarrist, damit Frontmann der Band, moderiert höflich durch das neunzigminütige Set. In gut verständlichem Deutsch wendet er sich den Damen zu – „Remember Me“ – besser: Special Needs vom Album Sleeping with Ghosts folgt.

Wir werden Placebo sicherlich nicht vergessen. Die Lightshow mit fünf Screens über dem Bühnenraum war großartig und hat den Alternativ-Rock von Placebo bestens in Szene gesetzt. Der Auftritt hat dazu geführt, dass ich derzeit die Alben von Placebo wieder einmal hervor geholt habe. Ein neues Album von den Briten wäre schön. Die Veröffentlichung von Battle For The Sun liegt immerhin schon drei Jahre zurück. Die Version von Kate Bush’s Running Up That Hill als eine von insgesamt vier Zugaben einfach superb. Placebo sollten sich bloß nicht an deren Veröffentlichungsstrategie orientieren. Dann müssten wir auf ein neues Album noch lange warten.

Festivaltag # 2 – Samstag, der 11. August 2012


H-Blockx
H Blockx Taubertal Festival 2012 © Gerald Langer 1
H-Blockx – Taubertal-Festival 2012 © Gerald Langer


Die deutsche Rockband existiert schon seit 1990 und hat eine entsprechend große Fangemeinde. Mit ihrem Cross-Over-Stil begeistern sie die Massen. Wenn ich ehrlich bin – mich nicht so recht. Sie haben ihr mittlerweile siebtes Album HBLX im Gepäck. Bei „Little Girl“ werden die Damen Huckepack genommen. Die Menge tobt. Der Boden vor der Bühne trocken. Aufgrund des fehlenden Regens diesmal ein neues Problem – der Staub, der aufgewirbelt wird. Der Boden wird zwar zwischen den Konzerten mit dem Schlauch von der Security befeuchtet. Dies hält aber nicht besonders vor. Aber wünschen wir uns deshalb ein verregnetes Taubertal? Sicherlich nicht! Die meisten Besucher stört es ohnehin nicht. Einige Verwegene werden sogar handgreiflich und wirbeln gar künstlich Staub auf – naja!


Madsen
Madsen Taubertal Festival 2012 © Gerald Langer 16
Madsen – Taubertal-Festival 2012 © Gerald Langer


Indierock – sehr engagiert vorgetragen von den drei Brüdern Johannes, Sebastian und Sascha Madsen aus dem Wendland mit Niko Maurer am Bass. Sie sind mittlerweile zum vierten Mal beim Taubertal Open Air. „Wir fahren mit dem Boot heute Nacht“, „Lass es raus“, „Du tust mir nicht weh“, „Geh mir aus dem Weg“ und „Lass die Musik an“ vom demnächst erscheinenden Album „Wo es beginnt“ sorgen für eine sehr positive Grundstimmung. Drei als Hasen verkleidete Zuschauer tanzen ausgelassen auf der Bühne mit. Madsen – auch ohne Hasen – hörens- und auch sehenswert!


Bush
BUSH Taubertal Festival 2012 © Gerald Langer 13
Bush – Taubertal-Festival 2012 © Gerald Langer


Gavin Rossdale und seine Band Bush sind zurück. Die Reunion liegt nun beinahe zwei Jahre zurück und ist gelungen, wenngleich von der Ur-Besetzung lediglich noch Robin Goodridge am Schlagzeug dabei ist. Benannt haben sie sich nach ihrem ersten Auftrittsort in London, dem Shepherd’s Bush. Ihr Auftritt beim diesjährigen Taubertal Open Air – phänomenal. Eine wirkungsvolle Lightshow, ein charismatischer Sänger, der die Security vor die nicht einfache Aufgabe stellt, ihn bei seinem Rundlauf durch das Publikum zu folgen. Mit dem neuen Album „Sea Of Memories“ haben sich Bush bereits 2011 zurückgemeldet.

Rossdale hat die typischen Gitarrenposen alle drauf – in die Knie gehen und ganz weit zurücklehnen, spielen und ohne Hilfe wieder nach vorne aufrichten und aufstehen. Ja, so jung und beweglich möchte ich auch gerne sein.

Die Latte für den nachfolgenden abendlichen weiteren Headliner „The Boss Hoss“ liegt somit hoch.


The BossHoss
The BossHoss Taubertal Festival 2012 © Gerald Langer 17
The BossHoss – Taubertal-Festival 2012 © Gerald Langer


Bei The Boss Hoss hatte ich – ehrlich gesagt – Bedenken, ob sie so recht in den Kontext der übrigen Bands passen würden. Zu sehr nervt mittlerweile die Eingängigkeit ihrer bislang kommerziell erfolgreichsten Single Don’t Gimme That, die einem – Land auf Land ab – aus den Radios entgegen dudelt. Man ist ihr sozusagen wehrlos ausgeliefert.

Folgerichtig beginnt ihr Auftritt mit einer simulierten Radioeinspielung, bis die siebenköpfige Band mit Background Bläsern auf die Bühne kommt. Hoss Power und Boss Burns sind die zentralen Figuren der Band. Sie bestimmen die Szenerie und wirken auf mich – wider Erwarten – so frisch wie im September 2006, als ich der Band als Support der Kölsch Rocker BAP bei einem Open Air in Arnstein erstmals begegnet bin und – tatsächlich und nichts ahnend – für Amerikaner aus dem Umfeld von Nashville gehalten habe.

Das Umschalten auf amerikanisches Englisch beim Auftritt ist geblieben. Dennoch feiert die Berliner Band die größten Erfolge noch immer im deutschsprachigen Raum.

„Folks, you want one more?“ The Boss Hoss liefern ein neunzigminütiges Konzert inklusive Zugaben, bei denen sie unter anderem demonstrieren, wie gut eine Trommel klingt, wenn man erst mal eine Flasche Bier darüber ausgeschüttet hat. The Boss Hoss sind für mich – wider Erwarten – die große Überraschung.

Ein Live-Auftritt der Band kann wirklich uneingeschränkt empfohlen werden.

Festivaltag # 3 – Sonntag, der 12. August 2012


Heaven Shall Burn
Heaven Shall Burn Taubertal Festival 2012 © Gerald Langer 22
Heaven Shall Burn – Taubertal-Festival 2012 © Gerald Langer


Die Metal-Core Band aus Saalfeld in Thüringen kündigt sich mit einem Intro an, dass an einen einfahrenden Zug erinnert. Und danach wird’s richtig laut. Doch noch Blitz und vor allem Donner über dem Taubertal?

Hier brennt nicht der Himmel, hier brennt die Hütte. Was lassen die Burschen Dampf ab! Sänger Marcus Bischoff brüllt sich die Seele aus dem Leib. Headbangin’ bis der Kopf herunterzufallen droht. Eigentlich eine Musikrichtung mit einer Zielgruppe, der ich nicht unbedingt angehöre, aber wirklich sympathisch, sehens- und hörenswert. Tut sie euch an – Heaven Shall Burn sind so etwas wie Rohrreiniger für die Ohren, und daher nicht ohne Nebenwirkungen. Ohrenstöpsel zur Schmerzlinderung empfehle ich daher dringend. Kommt garantiert immer noch genügend im Gehörgang an.


Social Distortion
Social Distortion Taubertal Festival 2012 © Gerald Langer 38
Social Distortion – Taubertal-Festival 2012 © Gerald Langer


Social Distortion sind so etwas wie die graue Eminenz des Punkrocks, von dem sie sich allerdings erkennbar zugunsten des Bluesrocks verabschiedet haben. Und letzteren spielen sie mit einer Hingabe, dass mir der Mund offen steht. Tempo wird variiert und Stücke wie „Machine Gun Blues“, „Silly Boy“ oder „Story Of My Life“ werden von Mike Ness und seiner Band eindringlich vorgetragen.

Der Fünfzigjährige ist zweifellos vom Leben gezeichnet. Krankenhaus- und Gefängnisaufenthalte, Drogenentzugsprogramme, das wilde Leben des Rock’n Roll hinterlässt Spuren. Da hilft auch seine Verkleidung als American Gigolo kaum. Sieht dennoch verwegen aus.

Die Band spielt längst nicht mehr in Urbesetzung, Dennis Dannell und Brent Liles sind auf tragische Weise ums Leben gekommen. Mike Ness scheint auch nicht mehr ganz textsicher. Ein Roadie bringt laufend neue großformatige Textvorlagen und klebt sie Mike vor die Füße. Scheint aber nur eine Prophylaxe zu sein.

Eine wunderbare Version von Johnny Cash’s Ring Of Fire demonstriert eindrucksvoll, wie man eine Country-Nummer auch interpretieren kann. Alles in allem – ein wirklich fabelhafter Auftritt.


Beatsteaks
Beatsteaks Taubertal Festival 2012 © Gerald Langer 18
Beatsteaks – Taubertal-Festival 2012 © Gerald Langer


Die Berliner sind mittlerweile Stammgäste auf der Eiswiese.

„Wir sind sechs Typen, die einfach Musik machen wollen und verstehen nicht, dass so viele sie hören wollen!“ Ich gebe zu, ich verstehe es auch nicht so ganz, aber die Resonanz, die sie während ihres Finales beim 17. Taubertal Open Airs beim Publikum erfahren, ist mehr als nur beeindruckend, sie ist überwältigend. Zwei Zugabenblöcke – unglaublich. Sänger Armin mehr im Publikum als auf der Bühne.

Mich sprechen sie live nicht so sehr an, mir hängt halt noch – wohl altersbedingt – der schräge Mike Ness von Social Distortion nach.

„Jedem das Seine“.

Die Wahlmöglichkeiten bei einer fast viertägigen Konzertveranstaltung wie dem Taubertal- Festival 2012 sind vielfältig und es muss und kann nicht immer alles und am besten auch noch zu einhundert Prozent gefallen.

Sie waren schon gut, die Beatsteaks!

„Das kleine deutsche Festival“ hat sich – so der Veranstalter Volker Hirsch – einen guten Ruf erworben. Aufgrund der besonderen örtlichen Gegebenheiten kann das Festival nicht wachsen. Man könne nur an der Qualität arbeiten.

Mit Placebo konnte man in diesem Jahr sicherlich einen besonderen Akzent setzen.

Ein Festival in dieser Größenordnung braucht auch künftig Headliner für drei Festivaltage. Viele Festivalbesucher lösen Tagestickets und sind eben nicht drei Tage mit von der Partie. Schauen wir also gespannt in die Zukunft.

Das Ende des 17. Taubertal Festivals mit den noch laufenden Abbauarbeiten ist der Beginn der Vorbereitungen auf das 18. Taubertal-Festival. Es findet vom 9. August bis zum 11. August 2013 statt.

Die ersten 1.000 Tickets für Frühbucher gibt es für 79 Euro inkl. VV-Gebühr und Campingplatz.

Infos gibt es unter: www.taubertal-festival.de.

Und noch ein Hinweis:


Die Texte bei den Bildergalerien sind dem Online-Auftritt om Taubertal-Festival 2012 entnommen worden


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