Peter Gabriel
Datum: 13.10.2013
Venue: Hanns-Martin-Schleyer-Halle Stuttgart
Show: Back To Front – Celebrating the 25th Anniversary of „So“
Support: Jennie Abrahamson (Gesang, Piano) und Linnea Olsson (Gesang und Cello)
Autor/Fotograf: Gerald Langer
Inhalt
Konzertbericht
Stuttgart (music-on-net) – Meine Erwartungen an dieses Konzert von Peter Gabriel in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle sind sehr hoch, verfolge ich seine Karriere als eingefleischter Fan seit nunmehr etwa vierzig Jahren. Am 16. Juni 1987 habe ich das Original-Line-Up, das auch heute am Start ist, just an diesem Ort erleben dürfen. Die damalige Show habe ich trotz fortgeschrittenen Alters noch in allerbester Erinnerung.
Back To Front nennt Gabriel die aktuelle Tour, die dem 25-jährigen Jubiläum seines bisher kommerziell erfolgreichsten Albums So gewidmet ist. Alleine die spiegelverkehrte Grafik des Konzertplakates vor der Halle macht neugierig. Bloße Neugierde hilft dem einen oder anderen heute wohl kaum, ist das Konzert doch offiziell ausverkauft. Restkartenbestände gibt es nur insofern, als von privater Seite einige wenige einzelne Karten vor der Halle noch feil geboten werden. Glücklich all diejenigen, die ihr Ticket seit Monaten in der Tasche haben und die Halle sukzessive füllen.
Wider Erwarten gibt es heute einen Support, der sich aus den Background-Sängerinnen der erweiterten Peter Gabriel Band rekrutiert.
Support
Jennie Abrahamson (Gesang, Piano) und Linnea Olsson (Gesang und Cello) bieten ein feines, von Peter Gabriel persönlich angekündigtes, knapp zwanzigminütiges Set bei sparsamer Instrumentierung und mit glasklaren Stimmen. Im Frühjahr waren die beiden Schwedinnen bereits in den kleineren Clubs der Republik unterwegs gewesen. Die Zusammenarbeit mit Peter Gabriel wird ihnen sicherlich den letzten Kick zu mehr öffentlicher Aufmerksamkeit geben. Heute Abend werden sie mehrfach die Gelegenheit haben, ihr Talent unter Beweis stellen zu können.
Das Menue in der Übersicht – die Speisekarte
Ab 19:45 serviert Peter Gabriel sein Drei-Gänge-Menü (Acoustic – Electric – So), wie er das musikalische Konzept dieser Tour regelmäßig bezeichnet. Dass er dabei unsere Landessprache wählt, ist für ihn seit vielen Jahren eine selbstverständliche und freundliche Geste, welche die letzten im Publikum möglicherweise noch vorhandenen Barrieren zum Weltstar einreißen hilft. Die Schleyer-Halle liegt ihm vom ersten Erscheinen auf der Bühne an regelrecht zu Füßen.
Aperitif
Als Aperitif wird ein akustisches Set gereicht, das mit dem „Immer – noch – Arbeitstitel“ O But beginnt und bei den nachfolgenden Songs die Band auf der Bühne zusammenführt. Schade ist, dass Gabriel bei der vorzüglichen „Vorspeise“ Wert darauf legt, das sie bei der wenig atmosphärischen Saalbeleuchtung eingenommen wird.
Hauptgang
Beim elektrischen und förmlich elektrisierenden Hauptgang gibt es kein typisches Best Of, sondern eine sorgfältige Auswahl aus dem Backkatalog. Digging In The Dirt ist fantastisch, die drei nachfolgenden Stücke Secret World, The Family And The Fishing Net und No Self Control aus der Perspektive im Fotograben ohnehin überirdisch und unvergesslich. Why Don’t You Show Yourself als letzter Bissen der Hauptspeise fällt, allerdings auf immer noch hohem Niveau, etwas ab. Eine klitzekleine Gräte hat halt auch der beste Fisch, an der verschluckt man sich aber auch nicht.
Dessert – So (beinahe) in Originalbesetzung
Heute Abend wollen wir aber vor allem eines – das Dessert , die komplette Aufführung des Albums So in Originalbesetzung und in der Song-Folge, wie sie zuletzt im Jahre 2012 veröffentlicht wurde.
Zusammenfassend darf ich feststellen, dass dieses Album scheinbar nicht altert, wirklich nichts von seinem Esprit verloren hat. Die damalige mehrmonatige, nicht immer nur einfache Zusammenarbeit der Band mit dem Freigeist Peter Gabriel war einigen psychischen Belastungsproben ausgesetzt, was sicherlich dem Arbeitstempo von Gabriel und seiner gleichzeitigen Detailversessenheit geschuldet ist.
Bleibende Schäden hat die Zusammenarbeit offensichtlich nicht hinterlassen – auf der Bühne stehen im Jahr 2013 ausgereifte Musiker, die dieses Magnum Opus in dieser Konstellation Mitte der 1980er Jahre zusammengebracht hat und die sich bis heute Freunde nennen dürfen.
Welche Vielfalt dieses legendäre Album bietet, wird mir heute Abend erneut bewusst.
Die Originalstimmen von Kate Bush und Laurie Anderson fehlen mir bei Don’t Give Up und This Is The Picture überhaupt nicht – die Schwedinnen meistern die entsprechenden Gesangpassagen genial. Phänomenal auch Mercy Street mit dem am Boden liegenden, zusammen gekauerten Gabriel. Ein ebenso superbes We Do What We’re Told.
Das Album wird eben nicht einfach heruntergespielt, sondern völlig neu akzentuiert. Dabei gewinnen insbesondere die eher ruhigeren und etwas unauffälligeren Songs des Albums gewaltig.
Zugabe – ein fulminanter Nachschlag zum Dessert
Als Zugabe – sozusagen als Nachschlag zum Dessert – ein theatralisches The Tower That Ate People, bei dem ein Lichterkranz von der Decke fährt, Gabriel nach oben blickend „gefangen“ nimmt und kurzzeitig eine Doppelhelix, fantastisch illuminiert, erkennen lässt.
Mit der Hymne für Steve Biko, bei der die Bandmitglieder nacheinander die Bühne verlassen, bis nur noch Manu Katchè im Schein der ihn geradezu bedrohlich näher rückenden Strahler die letzten Rhythmen schlägt, endet, wie schon im Jahre 1987, ein großartiger, für uns alle wohl unvergesslicher Abend. Ich jedenfalls habe noch immer Gänsehaut, wie damals im Sommer 1987.
Manche Dinge ändern sich nie, was für ein Glück!
Line-Up
Peter Gabriel: Vocals, Keyboards
Tony Levin: Bass
David Rhodes: Guitars
David Sancious: Keyboards
Manu Katché: Drums
Jennie Abrahamson: Vocals / Background Vocals
Linnea Olsson: Background Vocals
Setlist des musikalischen Menues
Acoustic
Oh But
Come Talk to Me
Shock the Monkey
Family Snapshot
Electric
Digging in the Dirt
Secret World
The Family and the Fishing Net
No Self Control
Solsbury Hill
Why Don’t You Show Yourself
So
Red Rain
Sledgehammer
Don’t Give Up
That Voice Again
Mercy Street
Big Time
We Do What We’re Told (Milgram’s 37)
This Is the Picture (Excellent Birds)
In Your Eyes
Encore
The Tower That Ate People
Biko
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