
Die Main Post verweist auf nicht oder nur schwer akzeptable Vorgaben im Hinblick auf die Berichterstattung zum Konzert von Nena in Bad Kissingen
Inhaltsverzeichnis
Mein Standpunkt
Hin und wieder überkommt es mich dann doch. Ich lese irgendwo einen Beitrag, der das Hinterfragen meiner eigenen Haltung in einer konkreten Angelegenheit geradezu provoziert.
So ging es mir beim Lesen eines kurzen Artikels in der Main Post.
Der einschlägige Main Post Artikel
Die Redaktion erklärt öffentlich, warum sie nicht über das Nena-Konzert in Bad Kissingen am 31.08.2025 berichtet.
Hier der Link:
Zusammenfassung des Artikels
Die Hauptargumente der Redaktion
Die Zeitung führt zwei zentrale Kritikpunkte am Vertrag von Nenas Management an:
- Maximale Fotobeschränkung: Nur vier Fotos durften gemacht werden, was für eine angemessene Konzertberichterstattung völlig unzureichend sei.
- Zeitliche Verwendungsbegrenzung: Nach drei Monaten müssten alle Bilder offline genommen und aus dem Archiv entfernt werden, was auch die E-Paper-Ausgabe betreffen würde.
Die Redaktion sieht hierin einen „unzumutbaren Eingriff“ in ihre journalistische Arbeit und argumentiert, dass dies „nicht im Interesse der Leserinnen und Leser“ sei.
Journalistische Prinzipien vs. Praxis
Die Main-Post betont, dass Pressevorgaben grundsätzlich normal seien (wie die üblichen „ersten drei Songs ohne Blitz“-Fotoregel), aber Nenas Bedingungen seien schlichtweg zu restriktiv für eine sinnvolle Pressearbeit.
Leserreaktionen
Die Kommentare zeigen eine überwiegend zustimmende, aber teilweise auch kritische Haltung:
Befürworter der Redaktionsentscheidung argumentieren:
- „Pressefreiheit bedeutet nicht Gefälligkeitsjournalismus“
- Verweis auf Nenas kontroverse Corona-Haltung als zusätzlichen Grund für die Skepsis
- Lob für die Transparenz der Redaktion
Kritiker wenden ein:
- Andere Zeitungen kämen mit den Vorgaben zurecht
- Der Artikel selbst sei paradox („berichtet über das Konzert“ trotz gegenteiliger Behauptung)
- Verdacht auf Aufmerksamkeitsheischerei („Viel Lärm um Nichts“)
Medienkritische Einordnung
Der Fall illustriert mehrere interessante Aspekte des heutigen Journalismus:
- Machtverhältnisse: Wie weit können Künstler-Managements die Berichterstattung kontrollieren?
- Digitale Herausforderungen: Die „Drei-Monats-Regel“ zeigt technische und praktische Probleme der Online-Archivierung
- Transparenz als Prinzip: Die öffentliche Begründung einer „Nicht-Berichterstattung“ ist zwar ungewöhnlich, aber prinzipiell richtig
Fazit
Die Main Post hat zunächst eine prinzipientreue Entscheidung getroffen, die durchaus kontrovers diskutiert werden kann. Während manche die Haltung als zu starr kritisieren, verteidigt die Redaktion legitime journalistische Standards gegen übermäßige Beschränkungen.
Der Artikel zeigt exemplarisch die Spannungen zwischen Künstler-Marketing und Pressefreiheit auf und macht deutlich, dass Journalismus sich nicht beliebig einschränken lassen sollte – auch wenn dies bedeutet, auf eine Geschichte zu verzichten.
Leider wird die vorgetragene Haltung der Main Post durch einen zuvor veröffentlichten Beitrag vom 04.09.2025 – Überschrift: „Nena beim Flugplatz Open Air Bad Kissingen: Warum acht Zaungäste von außen mit dem Star gefeiert haben“ – verwässert.
Hier der Link:
Aus diesem Verhalten kann ich leider nur zwei Schlüsse ziehen:
- Der betreffende Main Post Mitarbeiter hat sich persönlich geärgert, dass er nicht über das Konzert in Wort und Bild berichten kann
und / oder
- die Redaktion nutzt ihre im Artikel vom 06.09.2025 vorgetragene Haltung dahingehend, um über die „Nicht-Berichterstattung“ doch an den „Klickzahlen“ des Nena-Konzertes in Bad Kissingen zu partizipieren.
Ich vermute, dass es am Ende doch um die „Klicks“ geht.
Das soll kein spezifischer Vorwurf an die Main Post sein. Dieses Problem stellt sich allen größeren Medien, die sich unter anderem auch mit dem umfassenden Themenbereich Kultur auseinandersetzen.
Für das, was Kultur ausmacht, interessieren sich möglicherweise nicht allzu viele Leser:innen, für das „Boulevard“ drumherum allerdings schon.
Das hat die Redaktion der natürlich Main Post längst erkannt. Nur so lässt sich erklären, dass die übliche Bildberichterstattung der Main Post zu Konzertveranstaltungen regelmäßig nur aus sehr, sehr wenigen Konzertbildern, aber dafür aus zahllosen Publikumsbildern besteht, die ausschließlich Gäste zeigen, die fröhlich in die Kameras der Fotograf:innen lächeln. Insbesondere diese Gäste sollen am nächsten Morgen die Bildergalerien so lange durchsuchen, bis sie sich selbst entdecken oder, besser noch, auf die angebotene Affiliate-Werbung klicken und im Idealfall einen Online-Kauf auslösen.
Um die Künstler:innen geht es bei derart konzipierten Bilderstrecken nur noch am Rande. Die Veranstaltung liefert die Kulisse, vor der das Publikum sich selbst inszeniert oder eben inszeniert wird. Die Generation „Instagram“ steht hierzu gerne bereit.
Insofern wäre die äußerst einschränkende Vorgabe hinsichtlich aktueller Konzertfotos von Nena für die Main Post gewiss „verschmerzbar“ gewesen. Beim Artikel vom 06.09.2025 hat man – so, wie ich selbst auch bei diesem Beitrag – ein Archivfoto gewählt.
Es stellt sich viel mehr die Frage, ob man als Verantwortliche(r) einer Tageszeitung über eine Künstlerin berichten möchte, die ihre Glanzjahre eindeutig in den frühen und mittleren 1980er Jahren hatte, in letzter Zeit eher durch fragwürdige Statements, insbesondere während der Pandemie, auffiel.
© Gerald Langer