Mr. M’s All Stars: Baden-Baden 2016

Mr. M’s All Stars

Datum: 19.03.2016
Venue: Kurhaus Baden-Baden
Show: Mr. M’s Jazz Club
Website
Autor/Fotograf: Jörg Neuner


Konzertbericht

Sitting on the couch of the stage 

Baden-Baden (music-on-net) – Samstagabend in Mr. M’s Jazz Club im Kurhaus Baden-Baden. Der All Star Abend. Das heißt für Gastgeber Marc Marshall (Mr. M), selber singen, aber auch wohlverdient auf dem Bühnensofa Platz nehmen nach der Moderation von zwei Abenden hochkarätigem Jazz-Programm: Nach der Verleihung des Joachim-Ernst-Berendt- Preises an Nils Landgren am Donnerstag. Nach einem ungewohnt free-jazzigem Doppel-Familien-Abend mit den Brüdern Kühn sowie Vater und Sohn Dauner am Freitag.

Nun die Kür am dritten Abend, für die sich Marshall stets illustre Gäste auf die Bühne einlädt und den Abend auf der Bühne genießt. Und am dritten Abend kommt besonders zur Geltung, dass es eigentlich gar nicht wirklich eine Bühne ist. Die Sofas stehen auf minimaler Erhöhung gerade zwei Meter von der ersten Tischreihe entfernt, umringt von der Band. Familiärer geht es nicht.

Zur Familie gehört definitiv mittlerweile Peter Fessler. Der vier-oktavige Stimm-Akrobat ist zum vierten Mal dabei und fühlt sich sichtlich zu hause.

Die weibliche Stimme – somit die einzige in diesen drei Tagen – gehört Lucia Cadotsch. Studierte Jazz-Sängerin aus der Schweiz, 2012 mit dem Neuen Deutschen Jazz-Preis ausgezeichnet und seit dem ersten Album 2009 mit unterschiedlichen Formationen unterwegs in Europa. Und dies nicht nur in Sachen Jazz, auch ein Projekt mit klassischer Country-Musik findet sich da – die große Kollegin Norah Jones lässt grüßen.

Der schätzungsweise jüngste Anwesende im Saal darf ebenfalls an der Seite von Mr. M Platz nehmen. Simon Oslender, mit 17 Jahren schon ein ganz Großer an der Hammond-Orgel, die gerade noch so auf die kleine Bühne passt.

Dahinter die bewährte All Star Band mit dem musikalischen Leiter Frank Lauber am Saxophon, Christian von Kaphengst am Bass, Hendrik Soll am Piano, Bruno Müller an der E-Gitarre und last but not least Hans Dekker am Schlagzeug.

Ladies First zur Eröffnung, Cadotsch greift zum American Songbook mit Hoagy Carmichaels Skylark. Hell, klar und klassisch. Fessler braucht nicht wirklich ein Lied, er improvisiert einen Fantasie-Sprachen-Mix durch alle Höhen und Tiefen, wobei man schon auch mal wichtige Aussagen versteht, wie: „ Hanging in Baden-Baden sipping Champagne …“.

Oslender hat den dramatischen Part; allerdings bereits vor dem Konzert. Seine eigene Hammond-Orgel hatte beim Sound-Check am Nachmittag den Dienst quittiert. Aber die Jungs hinter den Kulissen sind so vernetzt, dass nun trotzdem eine Hammond samt Rotation-Speaker in ihrer hölzernen Pracht auf der Bühne steht. Und Oslender zieht gleich alle Register, dass das Publikum und die Kollegen auf der Bühne die Ohren anlegen.

Garniert von diversen Soli verstricken sich alsdann Fessler und Cadotsch in ein Duett jenseits aller Sprachen; die beiden scheinen sich aber prächtig zu verstehen.

Die Musiker der Band haben auch andere Projekte und so stellt Bruno Müller den Titelsong seines gerade erschienen ersten Albums vor. Anschließend begleitet er Cadotsch Solo auf der Gitarre bei Bang Bang. Auch diese beiden scheinen sich in dieser sehr getragenen Version prächtig zu verstehen, sind sie doch sehr häufig musikalisch miteinander unterwegs.

Fessler bedient sich dann mit Laura bei Chet Baker. Den Blech-Part übernimmt er gleich mit, braucht allerdings kein Instrument dafür. Er spielt dies – ganz Familienmitglied – zu Ehren der gerade geborenen Tochter von Kaphengst.

Mit trockener Kehle singt Marshall von der Dietrich, I Wish You Love. Aber eigentlich wünscht er etwas anderes, nämlich den obligatorischen Bühnen-Champagner. Meist dauert es nur zwei bis drei Lieder, bis sich eine gespendete Flasche einfindet. Heute muss er da ein bisschen bohren.

Das späte Nass scheint dann aber auch sofort ins Blut zu gehen. Kaum sind die Gläser zum Trinkspruch erhoben, geht mit Feel Like Making Love auf der Bühne die Party los. Alles singt, Marshall rockt entfesselt umher, Oslender haut in die Tasten und das Publikum ist ruck-zuck auch auf den Beinen. Gleich hinterher fetzt Isn’t She Lovely. Marshall baut sich vor der Orgel auf und feuert den Jungstar an.

Etwas außer Puste liefert sich der Gastgeber mit Fessler noch ein kleines Vocal-Duell, bevor das Festival mit Amazing Grace als Zugabe mit furiosem Orgelfinale und allen Stimmen zu Ende geht.


Konzertfotos | Mr. M’s All Stars Band



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