Konzertfotografie
Im Rahmen der Bildberichterstattung
Autor: Gerald Langer
Standortbestimmung im Juli 2015
Inhalt
Würzburg (music-on-net) – Die Würzburger Main Post hat in einem Beitrag von Michael Bauer vom 6. Juli 2015 ausführlich zu dem sehr speziellen Thema Konzertfotografie Stellung bezogen. Aktueller Anlass war das Konzert von Mark Knopfler im Luitpoldpark in Bad Kissingen am 4. Juli 2015, das im Rahmen einer mehrspaltigen allgemeinen Betrachtung lediglich in einer Randnotiz am Schluss erwähnt wurde.
Das Thema einer möglichst uneingeschränkten Bildberichterstattung brennt anderen Medienvertretern, die ihre Inhalte im Parallelverfahren als Printausgabe und im Online-Auftritt vermarkten, aber eben auch reinen Online-Plattformen, unter den Nägeln. Auf zwei aktuelle Beiträge anderer Zeitungen zu diesem Thema sei hier verwiesen:
Da ich in der glücklichen Lage bin, die Inhalte meiner Websites nicht vermarkten zu müssen, unterscheidet sich mein Blick, trotz einiger Gemeinsamkeiten, zwangsläufig etwas von der Sichtweise der Medien, die mit der Verarbeitung und Verbreitung von Informationen verständlicherweise Einnahmen erzielen müssen, da sie eine Vielzahl an Mitarbeitern beschäftigen.
Konzertfotografie: Professionelle Bildberichterstattung – Erläuterung am Beispiel Mark Knopfler
Der Schlüssel zur professionellen Bildberichterstattung ist die Foto-Akkreditierung. Hier ist eine zunehmende Verschärfung der Regelungen bei angesagten Künstlern feststellbar, auf die sich ein Foto-Journalist, so er denn einen bestimmten Künstler fotografieren möchte, einzulassen hat.
Im Falle Mark Knopfler bedeutete dies für mich:
- Konzertfotos nur von den ersten beiden Songs des Konzertes (branchenüblich sind noch immer die ersten drei Songs).
- Die Nichtverwendung von Blitzgeräten ist obligatorisch und wäre bei diesem Open-Air-Konzert auch unsinnig gewesen.
- Standort für die akkreditierten Fotografen war entweder am Mischpult, auf dem Behinderten-Podest oder seitlich neben der Bühne, nicht jedoch im vorhandenen Fotograben.
- Foto-Veröffentlichung ist ausschließlich für das akkreditierte Medium möglich – in meinem Falle sind es die Fränkischen Nachrichten (FN).
- Das Mark-Knopfler-Management hat mit meiner Vertragsunterschrift die lebenslangen Vermarktungsrechte an den von mir beim Konzert in Bad Kissingen geschossenen und veröffentlichten Bildern erworben. Würde ein solches Konzertbild tatsächlich von Mark Knopfler weiterverwendet werden, darf ich mir eine Erwähnung in den sogenannten Bildunterschriften (credits) erhoffen. Na toll!
- In meinem Fall wurde nur ein Bild veröffentlicht, da die Fränkischen Nachrichten (FN) bei Konzerten regelmäßig keine umfangreichen Bildergalerien online stellen.
- Möchte ich nun das bei den FN verwendete Bild oder gar andere Bilder aus meinem Fundus zum Beispiel auf meiner Seite www.music-on-net.de oder anderswo verwenden, geht das nur nach schriftlicher Genehmigung des Mark-Knopfler-Managements.
- Erschwerend kommt hinzu, dass der unterschriebene Vertrag weder eine postalische noch eine E-Mail-Adresse des Managements aufweist, der Kontakt offensichtlich gar nicht gewünscht wird.
Konzertfotografie durch das zahlende Publikum
Die Fotografie mit Smartphones, die von Generation zu Generation immer leistungsfähiger werden und dabei auch technisch immer bessere Ergebnisse liefern, werden bei Konzerten hingegen meist von Künstlern und örtlichen Veranstaltern geduldet. So war es auch beim Mark-Knopfler-Konzert in Bad Kissingen.
Hier wird munter darauf los fotografiert und noch während des Konzertes glückselig in den sozialen Netzwerken gepostet.
Will man dieses „Problem“ bei einem Open-Air in den Griff bekommen, kann man es überhaupt kontrollieren? Ich denke, dass dies mit einem vertretbaren Aufwand seitens des Veranstalters nicht möglich sein wird.
Bei den Saal-Konzerten von Kate Bush in London im letzten Sommer herrschte allerdings auch ein absolutes Handy-Fotografier-Verbot. Wer sich nicht daran hielt und erwischt wurde, flog im hohen Bogen aus dem einstigen Hammersmith Apollo.
Als akkreditierter Fotograf ist man jedes Mal unsicher, ob man nach den ersten zwei (oder drei) Songs denn mit dem eigenen Smartphone weiterfotografieren und diese Bilder dann auch veröffentlichen darf. Oder stellt man sich diesbezüglich mit der Akkreditierung schlechter als der „normale“ Konzertgänger?
Warum überhaupt noch professionelle Konzertfotografie?
Wer einmal aus einem Fotograben fotografiert hat, ist regelrecht infiziert.
Es mag wenige Ausnahmen geben, aber Konzertfotografen sind regelmäßig auch Trophäenjäger, die sich von angesagten und prominenten Künstlern geradezu magisch angezogen fühlen. Häufig ist noch nicht einmal eine besondere Bindung oder ein tiefergehendes Interesse an der Musik des „Objektes der Begierde“ feststellbar. Es geht um „den“ Schuss, das besondere Foto, das sich von vielen anderen absetzt!
Neben der Sportfotografie gibt es wohl kaum andere fotografische Genres, wo so viel Material nach kritischer Durchsicht im digitalen Papierkorb landet. Das, was übrig bleibt, wird danach mehr oder weniger noch mit einschlägigen Bildbearbeitungsprogrammen bearbeitet, bevor es veröffentlicht wird.
Wohlhabend wird der für die normale Tagespresse arbeitende Fotograf mit der Konzertfotografie nicht. Es ist der jeweils eigene Ehrgeiz, das eine „ultimative“ Foto zu schießen, der uns Konzertfotografen, egal für wen wir arbeiten, antreibt.
Mit der gleichzeitig zunehmenden Präsentation unserer Bildergalerien in den sozialen Netzwerken tragen wir natürlich dazu bei, dass unsere Konzertbilder für jedermann geradezu inflationär zugänglich gemacht werden. Der dauernden Sucht nach dem nächsten „gefällt mir“ widerstehen nur die wenigsten von uns.
Dabei bemerken wir noch nicht einmal, dass wir letztlich immer oberflächlicher mit dem Künstler und seiner Musik umgehen und unfreiwillig Teil einer recht billigen, für den jeweiligen Interpreten zudem komplett kostenlosen, Vermarktungsstrategie werden.
Aber jetzt erst regen wir uns darüber auf, dass uns über das Management des Künstlers immer weiter gehende Vorgaben gemacht werden.
Keine Konzertfotografie: Ein inakzeptabler Eingriff in die Pressefreiheit
Mache ich eine Personenaufnahme, benötige ich dazu grundsätzlich das Einverständnis der zu fotografierenden Person. Auch ein Künstler als eine Person des öffentlichen Interesses hat ein Recht auf Respekt der Persönlichkeitsgrenzen, auch wenn uns Fotografen das nicht gefallen mag. Wenn Bob Dylan sagt, es gäbe genug Bilder von ihm und damit Konzertfotos grundsätzlich untersagt, akzeptieren wir das auch. Er beweist Haltung, verkauft dennoch seine Alben und geht stur seinen künstlerischen Weg. Bravo!
Für mich geht es letztlich bei diesem Thema darum, dass der professionelle Fotograf nicht schlechter gestellt werden darf als der normale Konzertbesucher, der mit immer besseren Handykameras ungehemmt aus der ersten Reihe immer perfektere Bilder schießen darf.
Publikumsfotografie im Rahmen von Konzerten vs. professionelle Konzertfotografie
Hier erlaube ich mir als Verantwortlicher einer nicht kommerziellen Website eine gänzlich andere Auffassung als die Main Post zu vertreten.
Mir ist vollkommen klar, dass mit Fanfotografien angereicherte Bildergalerien die Klickzahlen gegenüber reinen Konzertfotogalerien deutlich nach oben schrauben können. Habe dies selbst einmal ausgetestet.
Allerdings mutiere ich so auch zum Party-Fotografen, fungiere als der verlängerte Arm der selbstverliebten Generation „Selfie“.
„Schaut alle her, ich war auch dabei!“
Für den Künstler ist diese Art der Erhöhung der Webseitenzugriffe vollkommen irrelevant. Gesucht wird in der Galerie schließlich nicht er, sondern der zum Narzissmus neigende Konzertbesucher, der damit freiwillig die Zugriffszahlen auf das Medium und damit auch die Attraktivität der kommerziell betriebenen Seite für diejenigen Unternehmen, die dort ihre Werbebanner positionieren, unweigerlich erhöht.
Diesen Weg möchte ich auf meinen Websites partout nicht gehen. Insofern kann ich eine Vorgabe – keine Publikumsaufnahmen – wie sie scheinbar Herbert Grönemeyer für das Schweinfurter Konzert machte, durchaus nachvollziehen.
Welche Konsequenzen zieht man für sich aus der jetzigen Situation?
Letztlich ist der für Tageszeitungen tätige – freie oder angestellte – Fotograf, der auch über die Konzertfotografie sein Einkommen bezieht, von den Vorgaben der eigenen Redaktion abhängig. Diese bestimmt letztlich die Konzertereignisse, über die berichtet werden soll. Hier zählt wiederum die zu erwartende Quote an Lesern und Klicks!
Wenn man in der Redaktion die Auffassung vertritt, nur über die größeren Events mit namhaften Künstlern, den Stars der Szene, berichten zu wollen, wird sich der Fotograf vor Ort wohl oder übel auch künftig mit Vertragsregelungen auseinandersetzen müssen, die das „Werk des Konzertfotografen“ nicht nur kleinreden, sondern ihn quasi auch noch enteignen.
Das ist natürlich ein ungeheuerlicher Vorgang, dem der Konzertfotograf nur dadurch entgegentreten kann, dass er den Vertrag schlichtweg nicht gegenzeichnet. Er darf aber nicht erwarten, dass sich ein anderer Fotograf aus Solidarität ebenfalls nicht auf den unausgewogenen „Deal“ einlässt. Die „Schmerzgrenze“ bestimmt ein jeder Konzertfotograf für sich selbst. Wir sind nämlich alle Einzelkämpfer.
Will man aber mit einem Medium auch einen kleinen Beitrag zur Kulturförderung leisten, dann schickt man Konzertfotografen eben nicht nur zu Mark Knopfler oder Roxette oder anderen Größen, sondern auch zu deutlich kleineren Clubauftritten junger Bands, über die dann in Wort und Bild berichtet wird. Hier kann man Konzertfotografie, meist über den dritten Song hinaus, extrem ausleben, auch wenn die Lichtverhältnisse dort manchmal schwierig sein mögen.
Dann können wir anderswo uns unmoralisch erscheinende Fotoverträge auch schmunzelnd ablehnen.
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