Jimmy Cornett & The Deadmen
Datum: 06.11.2021
Venue: Blues-Club Baden-Baden
Website
Autor/Fotograf: Jörg Neuner
Konzertbericht
Nordlichter an der Oos
Die Deadmen sind jetzt seit genau 10 Jahren quasi eine Familie, die vor Allem für den gemeinsamen Auftritt auf der Bühne lebt. Dass dieses „Familien-Leben“ während der Corona-Maßnahmen nicht möglich war, hat sie fast noch mehr getroffen, als die ausgefallenen Gagen. Sie haben es trotzdem geschafft, ihr neues Album aufzunehmen. Und sie waren sehr froh über die Möglichkeit von Live-Streaming-Konzerten, um über das Chat-Feedback wenigstens ein bisschen mit ihrem Publikum im Kontakt zu sein, das genauso wie sie alleine zuhause sitzen musste. So erzählt es Jimmy Cornett im Interview mit dem Blues-Club vor dem Auftritt.
Und der Auftritt startet mit Claudi Lippmann, die ihr Drum-Set erklimmt und mit kräftigen, tiefen Schlägen den Beat für den Abend vorgibt. Frank Jäger erscheint als nächster und ergreift seinen Kontrabass, um das Bass-Gewitter zu komplettieren, mit dem die Zwerchfelle des Publikums auf Betriebstemperatur gebracht werden, bevor die Gitarren in Aktion treten. Die E-Gitarre greift sich sodann Dennis Adamus um den treibenden Rhythmus mit seinen kraftvollen Riffs zu ergänzen. Und schließlich erscheint Cornett, der dem „Hoochie Coochie Man“ als Einstiegsnummer mit der Akustik-Gitarre die persönliche Note der Deadmen verleiht.
Die persönliche Note bedeutet Blues-Rock vom Feinsten mit überwiegend eigenen Stücken aus mittlerweile vier Studio-Alben, garniert mit einem German Blues Award. Sie ist geprägt vom faszinierenden Zusammenspiel der zwei Gitarren, wobei es Cornett immer wieder auch mit der Akustik-Gitarre schafft, sich mit Adamus packende Duelle zu liefern. Die beiden verweben Lead- und Rhythmus-Gitarre immer wieder im spannenden Wechsel, ohne dass sich einer in unendlichen Soli verliert. Dazu wechselt Cornett auch mehrfach zur E-Gitarre und dann auch gerne zum Bottleneck, was den meist sehr rockigen Stücken einen deutlichen Blues-Stempel aufdrückt, wie in „White Trash Boogie“.
Von der linken Bühnenseite steuert Jäger seinen Part zum Rhythmus-Fundament bei, indem er seinem Flammen-lackierten akustischen Bass schön saitenknallend schlägt, und auch optisch mit Haartolle und Hemd für einen Rockabilly-Touch sorgt.
Dahinter sitzt die starke Frau, von der Cornett sagt, sie wäre zwar nicht ganz von Anfang an dabei gewesen, aber sie schwinge so sehr auf der gleichen Wellenlänge, dass sie im Geiste ebenfalls Gründungsmitglied ist. Und das stellt die studierte Drummerin eindrücklich unter Beweis. Sie ist mit Jäger nicht nur das rhythmische Rückgrat der Band; sie kann ihre ständige, unglaublich druckvolle Arm- und Beinarbeit auch schlagartig zu feinfühliger Fingerspitzen-Akrobatik zurücknehmen – und bewegt ihre Stöcke so behutsam über alle Trommeln und Becken, dass sie sogar die Melodien unterstützt.
Rein optisch setzt sie auf den markanten Look der Jungs noch einen drauf, mit ihrem Rockabilly-Style der 50ies und fast lückenlosen Tattoos – deutlich mehr als Cornett und Adamus, die ihr Leben für die Musik auf Ihren Armen verewigt haben.
Immer wieder treiben sich die beiden Gitarren gegenseitig an, werfen auch Jäger die Bälle zu und werden gepusht von Lippmanns Schägen aus dem Hintergrund. Wesentlich getragen wird das Ganze natürlich von Cornetts prägnant rauher Stimme, die an diesem Abend wohl aber etwas belegt ist.
So bittet er das Publikum für den langgezogenen Refrain von „Northern Lights“ um Unterstützung in den hohen Lagen, was sofort aufgenommen wird. Cornett freut sich über die gute Stimmung und darüber, dass sich der Löwensaal in Lichtental doch mehr gefüllt hat, als er es derzeit von seinen wenigen Konzerten kennt. „Danke Baden-Baden, das ist sehr freundlich von euch!“ honoriert er den Gesangs-Support. Ein weiblicher Gast ist sogar aus dem allernördlichsten Norwegen angereist. Sie hatte Cornett dort auf einem Festival gesehen und sich jetzt auf den Weg an die Oos gemacht. Dieses Festival war auch ein Ursprung für das aktuelle Album, eben „Northern Lights“.
BOOM! – BOOM! – BOOM! Die Basstrommel leitet das zweite Set ein. „Whoa, Black Betty – Bam-ba-lam!“ Auch ein volles Brett wie Ram Jams Klassiker bekommt eine unnachahmliche Dynamik zwischen stampfendem Bass, E-Gitarren-Riffs und Cornetts Filigran-Picking auf der Akustik-Gitarre. Dazu Lippmann im Hintergrund mit einem quasi permanenten Schlagzeug-Solo. Das dürfte gerne noch länger als die dargebotenen sechs Minuten weiterlaufen. Die Band wirkt noch enger zusammengewachsen als bei Ihrem ersten Gastspiel auf dieser Bühne 2019.
„For The Ride“ – Jäger reitet seinen Bass, indem er ihn seitlich kippt und auf ihm stehend spielt. Das Publikum kommt jetzt nach der Pause auch in Bewegung soweit es die 2G-Corona-Regeln erlauben.
Dann wird es wieder etwas zurückgelehnter: der Harley-Biker Cornett singt vom Leben auf der Straße: „Highway … „
„… Is My Home“ kommt gleich der erste Refrain aus dem Publikum zurück. Cornett zeigt sich angetan von der Textsicherheit der Baden-Badener – gemeinsam umfahren sie einige akustische Hindernisse und besingen den Highway bis zum Horizont.
Ein weiteres kraftvolles Solo von Adamus, ein Saitenwechsel bei laufendem Song und die Ode an die Heimat St. Pauli – mit „The Sailor“ endet das zweite Set. Abgang der Deadmen in umgekehrter Reihenfolge wie beim Auftritt.
Der Ruf nach Zugabe auch aus den hinteren Reihen kommt Cornett trotz mittlerweile arg strapazierter Stimme als Akustik-Solo nach. Mit Bob Segers „Turn The Page“ ist dann aber auch die letzte Seite des Konzerts aufgeschlagen.