Bryan Ferry
Datum: 27.09.2015
Venue: Meistersingerhalle Nürnberg
Support: Femme Schmidt
Autor/Fotograf: Gerald Langer
Inhalt
Konzertbericht
Love Is The Drug
Nürnberg (music-on-net) – Endspurt bei der Deutschlandtournee 2015 von Bryan Ferry.
Den 70. Geburtstag durfte „Dandy Ferry“ am gestrigen Tag zwar konzertfrei, aber „on the road“ feiern. Die bereits für das Jahr 2014 angesetzte Tour musste er aufgrund einer akuten Kehlkopfentzündung frühzeitig abbrechen und eine Karenzzeit nehmen. Die ist ihm offensichtlich gut bekommen. Die Kritiken zu seinen zurückliegenden Konzerten daher überwiegend positiv bis begeistert.
Femme Schmidt als Support
Im Vorprogramm bietet Femme Schmidt, geborene Elisa Schmidt, im Sextett eine ansehnliche halbstündige Show, die in ihrer popmusikalischen Bekömmlichkeit auch Spurenelemente von Jazz und etwas Soul aufweist. Bei aller Popularität, die sich Frau Schmidt mittlerweile auf deutschen und britischen Bühnen erspielt hat, gelingt es ihr zwar durchaus, das Publikum, überwiegend der Generation 55 plus angehörend, etwas auf Betriebstemperatur und zum Klatschen zu bringen, aber heute wollen doch die meisten von uns vordringlich noch einmal eintauchen in eine längst vergangene Zeit, nämlich die der 1970er und beginnenden 1980er Jahre.
Mister Bryan Ferry
In der Blütezeit des britischen Glam-Rock war Bryan Ferry mit seiner Band Roxy Music nämlich eine Institution. Der bereits damals häufig zur Schau gestellten Schnoddrigkeit der Rockmusik wurden neue äußerliche Werte wie exaltierte Kostümierungen entgegengesetzt. Der Rockmusiker wurde zum androgynen Wesen, der schon auch gerne mal den Kajalstift zum Aufhübschen des eigenen Konterfeis nutzte. Bryan Ferry mutierte wie Landsmann David Bowie über die nachfolgenden Jahre hinweg zum immer smart und jugendlich aussehenden männlichen Kleiderschrank, der, fast nebenbei, britische Musikgeschichte mitschrieb.
Seine Band Roxy Music ließ Bryan Ferry mehrmals in der Versenkung verschwinden. 2005 ein Auftritt noch bei Live Aid und eine Tour mit wenigen Ankerpunkten auch in Deutschland. Seitdem wird immer wieder über ein neues Album spekuliert. Aber, wollen wir ehrlich sein – Roxy Music sind Geschichte und man sollte diese Band um Himmelswillen auch nicht mehr reanimieren. Das ist schließlich auch gar nicht nötig.
Denn mit seiner blendend eingespielten Band aus überwiegend deutlich jüngeren Musikern verfügt Ferry über ein unglaubliches Potential, sodass gerade die Songs der Roxy-Music-Ära , die wir alle so mögen, auch nach Jahrzehnten noch wunderbar zünden.
Bryan Ferry’s Solo-Alben kann man nicht allesamt uneingeschränkt empfehlen, obwohl ich selbst einen Großteil davon besitze. Die heute und andernorts von Ferry getroffene Songauswahl geht sicherlich für die meisten Hörer in Ordnung. Seine Interpretationen von Bob-Dylan-Songs, von denen er heute Abend einige bietet, gefallen. Sie klingen auf besondere Art und Weise reizvoll, wenn sie vom „Commander Of British Empire“ präsentiert und die ihnen innewohnende Dylan’sche Grantigkeit in Ferry’s, immer etwas lasziv klingenden, Gesang übersetzt werden.
„Tara“ vom 1982er Album „Avalon“ läutet die zweite Halbzeit des Konzertes ein und ist rein instrumental – Ferry möge es mir nachsehen – bis zu diesem Zeitpunkt der musikalische Höhepunkt der Show. Die gefühlvoll spielende – personell zu diesem Zeitpunkt reduzierte Band – haut nicht nur mich förmlich um. Der Beifall fällt entsprechend üppig aus.
Von diesem Moment an läuft das Konzert furios weiter und erreicht mit einem satten Paket aus Roxy-Music-Songs ein unglaubliches Finale, das nur noch die wenigsten auf den gut gepolsterten Stühlen der Nürnberger Meistersingerhalle verharren lässt. Der Raum vor der Bühne ist schnell rappelvoll. Für viele eine Möglichkeit, diesem nach wie vor charismatischen Künstler wenigstens für ein paar Minuten etwas auf die Pelle zu rücken.
Als Zugabe „Let‘s Stick Together“ und “Jealous Guy” bei sich drehender Diskokugel über der Bühne. Ob es John Lennon so gefallen hätte, sei mal dahin gestellt. Uns schon!
Der Auftritt zeichnet somit ein neunzigminütiges Portrait des Bergarbeitersohnes, der zur Stilikone wurde, mit seiner Band Roxy Music die Glam-Rock-Jahre nachhaltig mit geprägt hat, um sich danach nimmermüde und unverkrampft an unterschiedlichen Musikstilen und Interpreten zu probieren, denen er dann das Gütesiegel „Bryan Ferry“ unüberhörbar aufzudrücken vermochte.
„Mr. Cool, du bist in Würde gealtert und hast endlich auch ein paar Fältchen und ergrautes Haar bekommen. Nach diesem Konzert werde ich Dein Tun und Lassen auch weiterhin verfolgen. Allerdings hatte ich schon gehofft, dass Du heute Abend zu einem weiteren Zugabenset auf die Bühne zurückkehrst! Sei’s drum. Verrat mit bloss noch eines, wie ich banale Textzeilen – ähnlich den nachfolgenden – wieder aus meinem Kopf bekommen kann:
„rhododendron ist an nice flower – love ist the drug – the party’s over“ – Oh, Mr. Nice Guy, you really did everything, to turn us on!“
Line-Up
Bryan Ferry – Vocals
Paul Beard – Piano & Keyboards
Jacob Quistgaard – Lead Guitar
Neil Hubbard – Rhythm Guitar
Luke Bullen – Drums
Jimmy Sims – Bass
Lucy Wilkins – Violin
Jorja Chalmers – Sax & Keyboards
Fonzi Thornton – Backing Vocals
Bobbie Gordon – Backing Vocals
Rhianna Kenny – Backing Vocals
Setlist
Avonmore
Driving Me Wild
Slave to Love
Ladytron (Roxy Music)
Bob Dylan’s Dream (Bob Dylan)
Don’t Think Twice, It’s All Right (Bob Dylan)
Smoke Gets in Your Eyes (Jerome Kern)
Bête Noire
Zamba
Stronger Through the Years (Roxy Music)
Tara (Roxy Music)
Take A Chance With Me
One Night Stand
If There Is Something
More Than This (Roxy Music)
Avalon (Roxy Music)
Love Is the Drug (Roxy Music)
Virginia Plain (Roxy Music)
Do The Strand (Roxy Music)
Zugaben:
Let’s Stick Together
Jealous Guy (John Lennon)