Eläkeläiset
Datum: 03.10.2012
Venue: Posthalle Würzburg
Support: Vladiwoodstok
Autor/Fotograf: Gerald Langer
Inhalt
Konzertbericht
Die spinnen, die Finnen!
Zu diesem Schluss mag möglicherweise Obelix nach Besuch des Konzertes mit Eläkeläiset in der Posthalle Würzburg gekommen sein.
Würzburg (music-on-net) Bevor die „Rentner“ (Übersetzung von „Eläkeläiset“) aus dem dünn besiedelten Finnland die gut gefüllte Posthalle zum Tanzen und Toben bringen werden, darf die nicht minder schräge Band Vladiwoodstok aus deutschen Landen das Publikum auf Betriebstemperatur bringen.
Vladiwoodstok (Support)
Der eine oder andere mag sie bereits beim diesjährigen Umsonst & Draußen Festival in Würzburg schon erlebt haben, für die meisten Zuhörer sind sie bestimmt Neuentdeckungen, die sich mit ihrer Melange aus Ska, Polka und Rock perfekt in den musikalischen Kontext des gesamten Abends einfügen werden.
Unter anderem wird die Popschatulle der (heiligen) Madonna geöffnet, „La Isla Bonita“ hervorgeholt und recht frei in den von Vladiwoodstok als Ompa Twang oder Dirty-Harry-Polka bezeichneten Stil-Mix transferiert.
Ein altes Cassettengerät wird zwischendurch bemüht – noch etwas mehr Lo-Fi für die Bühne. Schlussendlich entsteht hier Musik, die vom leichten Kopfnicken, Kopfschütteln, mit den Füssen wippen bis zur Hacke-Spitze-Polka zu animieren weiss. Mit ihrem aktuellen Album Blockfish bestreiten Vladiwoodstok ein kurzweiliges Programm, welches auf ausdrücklichen Wunsch des Publikums gar um eine Zugabe ergänzt wird.
Eläkeläiset
Hatten schon die Vladiwoodstoks auffallend wenig Bühnenequipment benötigt, soll es bei Eläkeläiset nicht viel üppiger zugehen. Zwei schäbige Bürotische mit leicht vergilbter Oberfläche werden am Bühnenrand platziert – das Mini-Schlagzeug steht ohnehin schon – fehlt noch ein Stuhl und die Band mit auffallend schlankem Instrumentarium.
Wollen die Finnen das Konzert im Sitzen bestreiten? Sind sie möglicherweise wirklich Rentner im weit fortgeschrittenen Lebensalter? Die eigens angereiste Delegation der Humppajugend Nordfriesland weiss es besser – also Entwarnung!
Rüstige finnische „Rentner“ und viel Humppa
Kurze Zeit später erscheinen die rüstigen finnischen Rentner und es gibt Humppa in allen Variationen. Neben Eigenkompositionen wagen sie sich absolut respektlos an verschiedenste musikalische Gassenhauer heran, wobei sie das Original nahezu bis zur Unkenntlichkeit zu verstümmeln wissen. Dies kann durchaus spannend sein, wie ihre Version des Gassenhausers Jump von Van Halen beweist. Dieser Kunstgriff hat sie allerdings auch schon in manche Schwierigkeit gebracht. Plattenfirmen fühlten sich verschiedentlich auf den Plan gerufen und haben der Band zum Beispiel das Spielen und Veröffentlichen von Songs der legendären Band Nirvana untersagt.
Die Band provoziert natürlich solche Auseinandersetzungen. Vor diesem Hintergrund ist auch ihre – vergebliche – Bewerbung zur Teilnahme am Eurovsion Song Contest 2010 zu verstehen. Bei Konzerten verkaufen sie schon auch mal ihre eigenen Bootlegs.
Auch die destruktiven Attitüden des Rockgeschäftes haben sie studiert. Ein Billigkeyboard wird gegen Ende der Show genüsslich mit den Füssen malträtiert.
In Deutschland haben Eläkeläiset eine stabile, eher weiter wachsende Fangemeinde. Die Band ist Kult. Man kann sie mögen oder auch nicht. Sie lassen den Betrachter und Zuhörer keineswegs kalt. Verständigungsschwierigkeiten gibt es nicht – das Finnische hat ab etwa ein Promille ohnehin viele gefühlte Ähnlichkeiten mit der deutschen Sprache. Die Band ist sowieso multilingual. Irgendwie sind diese Finnen anders als die oftmals wortkargen, die wir aus zahlreichen Aki-Kaurismäki-Filmen kennen.
Nach gut hundert Minuten und etlichen Zugaben ist die Party vorbei. Die Bierlache vor der Bühne hat eine beträchtliche Größe erreicht, der Boden klebt etwas. Die Fans in den ersten Reihen dürften dennoch voll auf ihre Kosten gekommen sein.
Alles Humppa?
Setlist – Vladiwoodstok
Intro Cartoon – Jipsonic – Ace Of Spades – My Vodka – Mama – Whisky Bar – Vladislav Bonita – Blockfish – Finnish Dynamite – Cancion Del Mariachi – Down In Vladiwoodstok