Rise Against
Datum: 02.03.2012
Venue: Hanns-Martin-Schleyerhalle Stuttgart
Support: The Architects und Touche Amore
Autor/Fotograf: Gerald Langer
Inhalt
Konzertbericht
Die Hardcore-Dreisamkeit erschüttert die Stuttgarter Hanns-Martin-Schleyerhalle wie ein Erdbeben der Stärke 3 auf der Richterskala
Stuttgart (music-on-net) Vor Monaten wurde das Konzert als das Hardrock-Highlight des nahenden Frühlings angekündigt. Infolgedessen strömen am heutigen frühen Freitagabend zuhauf Jugendliche auf die Hanns-Martin-Schleyerhalle zu. Mittendrin scheinbar nur ein Senior – nämlich der Rezensent.Der Konzertbeginn des Dreiteilers ist kurzfristig aus organisatorischen Gründen auf 19:00 vorverlegt worden.
SUPPORT #1: THE ARCHITECTS
THE ARCHITECTS beginnen pünktlich. Exakt dreißig Minuten wird brachial und schnell gerockt. Sänger Sam Carter beherrscht die Rockerposen allesamt. Zusammen mit zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug kämpft die Band aus Brighton gegen die schwierige Akustik in der Hanns-Martin-Schleyerhalle an.
SUPPORT #2: TOUCHE AMORE
Eine Viertelstunde Verschnaufpause für die Zuhörer, Umbaupause für die Roadies – schon geht’s mit der nächsten Band, TOUCHE AMORE aus Los Angeles, weiter. Nach einleitenden und fast entspannend klingenden Sphärenklängen, wird auch hier blitzschnell der Vorschlaghammer des Hard-Rock herausgeholt. Akustisch haben sie dabei ähnliche Probleme wie zuvor THE ARCHITECTS. Unabhängig davon zeichnet beide Bands leider – aus der Sicht des betagten Besuchers – nichts wirklich Nachhaltiges aus.
Wollen wir hier auch nicht überkritisch sein. Beide Bands, die, nicht nur in der Schleyerhalle, sondern auch in den einschlägigen sozialen Netzwerken bereits über durchaus beträchtliche Fangemeinden verfügen, sind sozusagen ein „Zubrot“ für den anstehenden Headliners RISE AGAINST.
RISE AGAINST
Nach einem fulminanten Auftritt beim Taubertal-Festival 2011 nun die Möglichkeit, die Band bei einem Hallenkonzert zu erleben.
Ich nehme es gleich vorweg – es war abermals überwältigend. Bei dieser Band passt alles. Die Inszenierung von Hardrock wird bei RISE AGAINST auf den Punkt gebracht.
Die perfekt zu nennende Lightshow, die Intensität der Musik, Exaltiertheit, Schnelligkeit, sehenswerte Luftsprünge von Gitarrist Zach Blair und Bassist Joe Principe, dazu die bei Sänger Tim McIlrath kurz vor dem Zerbersten stehenden Halsschlagadern, wenn er sich im wahrsten Sinne des Wortes die Seele aus dem Leib singt.
Das Konzert dauert exakt 95 Minuten, davon nicht eine Sekunde Langeweile. Das Set selbst, nicht bloß im Schatten des letzten Albums „Endgames“, sondern ein Parforceritt durch das Oeuvre der Band. Nach knapp einer Stunde wird das Set unterbrochen durch zwei Solointerpretationen von Tim McIlrath an der akustischen Gitarre – „Audience Of One“ & „Swing Life Away“.
Exakt an dieser Stelle offenbart sich der Unterschied zum vorher gehörten Support. Die Stücke der Chicagoer Rocker haben Seele, die gerade in den akustischen Versionen, nahezu bei Lagerfeuerromantik vor tausenden Zuhörern, für jeden spürbar freigelegt wird.
Tim McIlrath hat genau das Charisma, was sich bei Sam Carter von The Architects und Jeremy Bolm von Touche Amore leider in der Ausprägung (noch) nicht erkennen lässt.
Der Sound auch hier – wirklich bestialisch laut, jedenfalls jenseits der Schmerzgrenze. Ich selbst trage Ohrenstöpsel. Aber selbst beim kurzzeitigen Herausnehmen selbiger stelle ich fest, dass man zumindest bei RISE AGAINST endlich die Raumakustik – hörbar – im Griff hat.
Nach drei Zugaben geht die „great f***ing time“ (Tim McIlrath) zu Ende. Ja, auch der Gebrauch der „four-letter-words“ will gelernt sein.
„Thank you to all the people, who give us the fire to do this every night“, so Tim McIlrath vor dem Zugabenset.
“Thank you, Rise Against” für diesen Abend in Stuttgart.
Mit all den zufrieden dreinschauenden Jugendlichen lasse ich mich aus der Hanns-Martin-Schleyerhalle zum Parkplatz spülen. In der Stadt wartet noch meine Tochter, die mit ihrem Papa einen Tagesausflug gemacht hat, allerdings für die Rockmusik härter Gangart nicht allzu viel übrig hat. Aber ich kann ihr ja auf der Rückfahrt noch ein bisschen vorschwärmen, denn noch gilt die Devise: „(Still not) too old for Rock’n’Roll“.