Das Würzburger Jazzfestival feiert seinen 30. Geburtstag
Datum: 15.10. bis 26.10.2014
Venue: Felix-Fechenbach-Haus Würzburg
Show: Würzburger Jazzfestival
Website
Autor/Fotograf: Gerald Langer
Inhalt
Festivalbericht
Ein jazziges Wochenende am 25. Oktober und 26. Oktober 2014 im Felix-Fechenbach-Haus Würzburg
Würzburg (music-on-net) – Dreißig Jahre Jazzfestival und dazu ein prall gefülltes Programm. Der Samstagabend nahezu ausverkauft. Zu Beginn Begrüßungs- und Dankesworte des Vereinsvorsitzenden Dr. Jörg Meister und des Schirmherrn der Jubiläumsveranstaltung, Oberbürgermeister Christian Schuchardt.
Danach mit Mikka & Talk’Jazz ein assoziativer Exkurs in die Geschichte des Würzburger Jazzfestivals. Mikkas Erzählstimme und sein Auftritt als Conférencier mit obligatorischer Fliege am Kragen, kombiniert mit Improvisationen heimischer Jazzer. Ein gelungener, unterhaltsamer und dabei sehr extravaganter Auftakt.
Dispact reißen anschließend Genregrenzen nieder. Die Band hat den Wayne-Shorter Preis der Hochschule für Musik im Jahre 2013 gewinnen können und liefert heute Abend eine Mixtur aus Eigenkomposition und Interpretationen von Material des amerikanischen Jazzsaxophonisten. Sehr spannend und energiegeladen. Diese Band hat nicht nur mein Herz erobert. Volltreffer!
Sehr kontrolliert der folgende Auftritt des Würzburg Art Ensembles, welches bereits beim letztjährigen Festival vertreten war. Heute hat sich noch ein Streicherquartett hinzugesellt. Marc Hype, DJ aus Berlin scratched gelegentlich dazu. Sehr verkopft, dabei merkwürdig distanziert. Es bleibt dennoch die blosse Bewunderung ob des Funktionierens des gigantischen Klangkörpers, der hier auf der Bühne im Felix-Fechenbach-Haus vertreten ist.
„Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit“, wusste schon Karl Valentin. Und manchmal ist sie auch richtig anstrengend! Mir geht’s hier so als Zuhörer.
Den eigentlichen Höhepunkt des Abends verpasse ich – leider.
Aber aus gut unterrichteten Kreisen wird mir von einem phänomenalen Auftritt des Earnie Watts Quartetts berichtet, das nach ursprünglich geplanten Programm zwischen 22:00 und 22.30 beginnen sollte, aber doch erst gegen 23:30, also zu bereits weit vorgerückter Stunde, an den Start geht. Nicht nur tolle Musik sei zu hören gewesen, sondern auch die eine oder andere Geschichte von Reptilien und angespartem Geld unter der Schlafstätte. Erst gegen 1:00 (noch Winterzeit) endet der erste Abend des 30. Würzburger Jazzfestivals nach stürmisch geforderter Zugabe.
Der Sonntagabend des Würzburger Jazzfestivals beginnt mit der Big Band Würzburg. Große Bühne, viele Musiker, in mehreren Reihen die Tiefe der Bühne nutzend und Big-Band-Jazz unter der Leitung von Hubert Winter. Als Zugabe ein feines Summertime. Sehr zugängliche Darbietung mit vokaler Unterstützung von Reinette van Zijtvelt-Lustig. Das ist die Band, die eigentlich breite interessierte Massen ansprechen sollte. Das Felix-Fechenbach-Haus ist an diesem Sonntagabend dennoch längst nicht ausverkauft.
Anschließend ist der gemeinsame Auftritt von La Paloma – das donnernde Leben!… feat. Ulrich Gumpert & Günter Baby Sommer geplant.
Es kommt allerdings anders. Gumpert ist unverschuldet ein Opfer der Deutschen Bahn geworden, hängt irgendwo fest, niemand weiß, ober er im Laufe des Abends überhaupt noch eintreffen wird. Alles kein Problem für Günter Baby Sommer, der im Rahmen eines Soloprogrammes unter Verweis auf seine Vorbilder ein Lehrstunde für Drummer und Nicht-Drummer präsentiert. Amerikanischer Jazz war in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik auch für „Kurz- und Langwellenspringer“ nicht so leicht zugänglich und wie im Westen des geteilten Deutschlands.
Danach improvisatorische Eskapaden mit Klarinette, Saxophon und Trompete mit lokalen Musikern. Als das beeindruckende spontane Set schon beendet ist, taucht auch Ulrich Gumpert im Grombühler Stadtteilzentrum auf. Sein Gesicht zunächst wirkt wie eingefroren. So sehen „sichtlich genervte Opfer der Deutschen Bahn“ aus.
Es folgt noch ein kurzes gemeinsames Set mit Kostproben aus dem ursprünglich geplanten Programm mit La Paloma, welches von Hans Albers in Deutschland noch in den Kriegsjahren richtig populär gemacht wurde, zum Warm Up für den fingerfertigen Gumpert.
Beim Hafensommer 2013 hatte ich Nik Bärtsch‘s Ronin leider verpasst. Heute ab 22:30 endlich der ersehnte Nachholtermin beim Würzburger Jazzfestival. Und ich bin schlichtweg überwältigt. Licht ist zwar Mangelware, statt Fotokamera benötigt man eher ein Nachsichtgerät, aber die Kompositionen und das Spiel der Musiker von schier unglaublicher Intensität.
Konzentration, Lockerheit, Spielfreude und immer wieder ein freundliches Lächeln zwischen den Mitgliedern der eingespielten Band. Diese Soundlandschaften sind cinemaskopisch und stoßen unser Kopfkino an. Entsprechend groß der Applaus für den sogenannten Zen-Funk unter Zeremonienmeister Nik Bärtsch. Egal wie die Konzertfotos werden. Dieses Quartett hat sich in mein Herz gespielt, und zwar genau an den Ort, wo mein Gehörgang endet.
Zwei abwechslungsreiche Abende liegen hinter uns, ein jeder wird für sich seinen Favoriten gefunden haben.
Und schon sind Augen und Ohren wieder gerichtet auf das letzte Oktoberwochenende 2015 – das 31. Würzburger Jazzfestival.
Man muss sich zeitig Ziele setzen.
Bildergalerien vom 30. Würzburger Jazzfestival
Big Band Würzburg – Würzburg – Felix-Fechenbach-Haus – 26-10-2014
La Paloma | Würzburg – Felix-Fechenbach-Haus – 26-10-2014
Nik Bärtsch’s Ronin – Würzburg | Felix-Fechenbach-Haus – 26-10-2014
Würzburg Art Ensemble – Würzburg – Felix-Fechenbach-Haus – 25-10-2014
Dispact – Würzburg – Felix-Fechenbach-Haus – 25-10-2014
Mikka & Talk’Jazz – Würzburg | Felix-Fechenbach-Haus – 25-10-2014
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