
Robert Plant
Titel: Saving Grace
Formate: Vinyl, CD, Digital
VÖ: 26.09.2025
Label/Vertrieb: Nonesuch
Homepage: https://www.robertplant.com
Inhaltsverzeichnis
Rezension (Album)
Eine erneute Reise zu den amerikanischen Wurzeln
Robert Plant’s zwölftes Soloalbum „Saving Grace“ markiert einen weiteren bemerkenswerten Schritt in der musikalischen Evolution des ehemaligen Led Zeppelin-Frontmanns.
Das am 26. September 2025 über Nonesuch Records veröffentlichte Album zeigt Plant in Zusammenarbeit mit seiner neuen Band Saving Grace, mit der er bereits seit über sechs Jahren zusammenarbeitet und die sogar ihren Namen für dieses Projekt leiht.
Entstehung und Konzept
Die Entstehung von „Saving Grace“ erstreckte sich über einen beeindruckend langen Zeitraum von April 2019 bis Januar 2025, wobei die Aufnahmen in Studios in den Cotswolds und an der walisischen Grenze stattfanden. Plant beschreibt das Album als „ein Liederbuch der Verlorenen und Gefundenen“ und betont die besonders fröhliche Atmosphäre bei der Zusammenarbeit.
Die Pandemie spielte eine wichtige Rolle bei der Formierung dieser besonderen Konstellation, da Plant während der Lockdown-Zeit in der englischen Landschaft enge Verbindungen zu den lokalen Musikern knüpfte. Diese organische Entwicklung führte zu einem Sound, der sich durch eine europäische Ästhetik in der Interpretation amerikanischer Roots-Musik auszeichnet.
Musikalische Ausrichtung
„Saving Grace“ folgt Plant’s langjähriger Tradition der Neuinterpretation, ähnlich seinen erfolgreichen Kollaborationen mit Alison Krauss. Das Album enthält zehn sorgfältig ausgewählte Coverversionen von Künstlern verschiedener Epochen und Genres, darunter Memphis Minnie, Moby Grape, Blind Willie Johnson, The Low Anthem, Martha Scanlan, Sarah Siskind und Low. Besonders bemerkenswert ist Plant’s erneute Hinwendung zu Low, deren Songs „Silver Rider“ und „Monkey“ bereits auf seinem 2010er Album „Band of Joy“ zu hören waren.
Das musikalische Spektrum reicht von traditionellen Folk-Balladen bis hin zu Blues-inspirierten Stücken, wobei die Tracks durch die Arrangements zusätzliche Tiefe erhalten. Der Opener „Chevrolet“ beispielsweise bearbeitet Donovan’s B-Seite „Hey Gyp (Dig the Slowness)“ aus dem Jahr 1965, die ihrerseits eine Adaption von Memphis Minnies und Kansas Joe McCoy’s „Can I Do It for You“ von 1930 darstellt.
Der Sound von „Saving Grace“ ist wohltuend unspektakulär:
Es gibt keine großen Gitarrenriffs, keine bombastische Aufmachung, keine nostalgischen Rückgriffe auf den Zeppelin-Sound.
Stattdessen dominieren Zwischentöne, ungewöhnliche Instrumentierungen (Cello, Banjo, akustische Gitarre) und vor allem Melodieführungen, die emotional durchlässig bleiben. Robert Plant und Suzi Dian verleihen jedem Song eine eigene, oft melancholische Note, etwa wenn sie Low’s „Everybody’s Song“ als psychedelischen Gospel interpretieren, oder „Gospel Plough“ mit Vogelgezwitscher und minimalistischer Begleitung einfangen.
Das Album zelebriert ein spürbares Vertrauen in das musikalische Kollektiv.
Robert Plant, der Erfahrene, lebt auf dieser Platte die Rolle des Ältesten, der Geschichten weitergibt, gleichzeitig aber Raum lässt für neue Stimmen – nicht nur seine eigene. Dabei bleibt er immer authentisch, trotz oder vielleicht gerade wegen der vielen Cover-Versionen.
Line-up und Instrumentierung
Die Besonderheit dieser Formation liegt in der ungewöhnlichen Instrumentierung ohne Bass, wodurch das Cello eine tragende Rolle in der rhythmischen und harmonischen Struktur übernimmt.
Suzi Dian nimmt eine zentrale Position als Co-Sängerin ein, ähnlich der Rolle, die Sandy Denny einst bei Led Zeppelins „The Battle of Evermore“ innehatte.
Produktion
Das Album wurde von Robert Plant und der Band Saving Grace produziert, wobei die lange Entstehungszeit eine intensive künstlerische Entwicklung ermöglichte. Die Aufnahmen fanden über sechs Jahre verteilt in verschiedenen Studios in den malerischen Cotswolds und entlang der walisischen Grenze statt, was dem Album eine besondere landschaftliche Atmosphäre verleiht.
Die Produktion zeichnet sich durch eine bewusst zurückhaltende, oft atmosphärische Herangehensweise aus, die den intimen Charakter der Musik unterstreicht. Das Album klingt digital und auf Vinyl hervorragend.
Würdigung und Bedeutung
„Saving Grace“ ist ein weiterer Beweis für Plant’s außergewöhnliche Fähigkeit, sich kontinuierlich neu zu erfinden, ohne dabei seine künstlerische Integrität zu verlieren. Die 77-jährige Musiklegende beweist erneut, dass sie sich weigert, auf seinen Lorbeeren auszuruhen. Seine Stimme wirkt so frisch, dass man ins Zweifeln gerät, ob das wirklich Robert Plant ist.
Besonders hervorzuheben ist die Interpretation von Low’s „Everybody’s Song“, die nach dem Tod der Schlagzeugerin Mimi Parker im Jahr 2022 und der anschließenden Auflösung der Band eine zusätzliche emotionale Tiefe erhält. Die Zeilen „All your dreams are waking up / You can’t live forever“ bekommen dadurch eine besondere Prägnanz, die Plant’s Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit widerspiegelt.
„Saving Grace“ steht in der Tradition von Plant’s erfolgreichsten späten Werken wie „Raising Sand“ und „Band of Joy“ und zeigt einmal mehr, dass der Sänger durch den Blick in die Vergangenheit seine stetig evolvierende musikalische Zukunft sichert. Die Veröffentlichung des Albums wird von einer ausgedehnten Nordamerika-Tournee im Herbst 2025 begleitet.
Für mich eines der bisher überzeugendsten Alben des Jahres 2025. Es passt perfekt in die momentan herrschende Herbststimmung.
Höchste Empfehlungsstufe!
Tracklist
- Chevrolet (ursprünglich von Memphis Minnie/Kansas Joe McCoy, via Donovan)
- As I Roved Out (Traditional, Arrangement von Sam Amidon)
- It’s A Beautiful Day Today (Moby Grape/Bob Mosley)
- Soul Of A Man (Blind Willie Johnson)
- Ticket Taker (The Low Anthem)
- I Never Will Marry (Traditional)
- Higher Rock (Martha Scanlan)
- Too Far From You (Sarah Siskind)
- Everybody’s Song (Low) – 4:16
- Gospel Plough (Traditional) – 4:27
Line-Up
- Robert Plant – Gesang
- Suzi Dian – Gesang
- Oli Jefferson – Schlagzeug, Percussion
- Tony Kelsey – Gitarre
- Matt Worley – Banjo, Saiteninstrumente
- Barney Morse-Brown – Cello
Credits und Produktion
Produktion: Robert Plant & Saving Grace
Aufnahme: 2019–2025, Cotswolds & Welsh Borders