
Jeff Tweedy
Titel: Twilight Override
Formate: Vinyl, CD, Digital
VÖ: 26.09.2025
Label/Vertrieb: Sony / dBpm Records
Homepage: https://jefftweedy.com
Inhaltsverzeichnis
Rezension (Album)
Ein monumentales Statement der Kreativität
Jeff Tweedys fünftes Soloalbum „Twilight Override“ ist ein ambitioniertes Triple-Album mit – sage und schreibe – 30 Songs. Nach seinem letzten Solowerk „Love Is the King“ von 2020 markiert diese opulente Veröffentlichung einen neuen Höhepunkt in Tweedy’s ohnehin beeindruckender Karriere. Mit einer Gesamtspielzeit von 1 Stunde und 51 Minuten bietet das Album eine kurzweilige Reise durch die verschiedenen Facetten von Tweedy’s künstlerischem Schaffen.
Konzept und Entstehung
Das Album entstand als persönliche Reaktion auf die gesellschaftlichen Umbrüche der 2020er Jahre.. Die Inspiration für ein Triple-Album kam während einer Autofahrt mit seinen Söhnen, als sie The Clashs „Sandinista!“ komplett durchhörten.
Aufgenommen wurde „Twilight Override“ in Tweedys eigenem Studio „The Loft“ in Chicago. Das Album folgt seiner Philosophie, dass „Kreativität die Dunkelheit frisst“ – ein Konzept, das sich erfolgreich durch die gesamte Veröffentlichung zieht.
Diese kreative Überzeugung manifestiert sich in der schieren Menge und Vielfalt des Materials, das Tweedy als Gegenmittel zur gesellschaftlichen Düsternis positioniert.
Musikalische Entwicklung
Die erste Disc eröffnet mit dem sechsminütigen „One Tiny Flower“, einem Song, der zwischen Americana, Art-Rock und Psychedelia navigiert und durchaus auf Wilco’s Meisterwerk „Yankee Hotel Foxtrot“ hätte stehen können.
Diese Vielseitigkeit zieht sich durch das gesamte Album, das von melancholischen Spoken-Word-Stücken über schwebenden Ambient bis hin zu süßen Melodien reicht. Die musikalische Palette umfasst harsche elektrische und zarte akustische Gitarren, widerspenstige Streicher und vereinende Chorgesänge.
Die zweite Disc verschiebt den Fokus stärker auf die Instrumentierung, mit komplexeren Gitarrenarbeiten in „New Orleans“ und schwebenden Harmonien in „Blank Baby“. Das siebenmiuntige „Feel Free“ am Ende der zweiten Disc fungiert als Scharnier zwischen den dunkleren mittleren Passagen und dem experimentelleren Ausklang.
Die dritte Disc bringt schließlich eine entspanntere Atmosphäre mit sich, von dem verspielten „Lou Reed Was My Babysitter“ bis hin zu den poetischen Bildern in „Stray Cats in Spain“.
Thematische Tiefe
Lyrisch legt Tweedy seine Seele bloß und konfrontiert sich mit persönlichen Zweifeln und gesellschaftlichen Ängsten. Songs wie „Caught Up In The Past“ zeigen den Künstler in einem Strudel der Reue, während „Throwaway Lines“ poetisch den ewigen Kampf um Selbstakzeptanz thematisiert. Das zentrale Thema des persönlichen Wachstums und der Schwierigkeiten dabei durchzieht das gesamte Album.
Produktion und Arrangement
Die Arrangements profitieren von der intimen Familienatmosphäre der Aufnahmen. Tweedy’s Söhne Spencer und Sammy sind nicht nur als Musiker, sondern als kreative Partner präsent, was dem Album eine besondere Wärme und Authentizität verleiht.
Die Einbindung der Chicagoer Band Finom durch Sima Cunningham und Macie Stewart an den Backing Vocals erweitert die klangliche Palette erheblich.
„30 neue Tracks, die ihren Platz verdienen und Hoffnung für eine beunruhigte Welt bieten“, so der Rolling Stone.
Trotz der monumentalen Länge verliert das Album nie die Aufmerksamkeit der Hörer und wirkt als geschlossenes Ganzes.
Bedeutung im Gesamtwerk
„Twilight Override“ positioniert sich als Tweedy’s bisher beeindruckendstes Soloalbum. Es markiert einen Wendepunkt in seiner Solodiskografie, weg von kleineren Nebenprojekten hin zu einem monumentalen Statement. Die Verbindung von familiärer Intimität und künstlerischer Ambition schafft ein einzigartiges Werk, das sowohl als persönliches Dokument als auch als zeitgenössisches Manifest seiner Fähigkeiten als Songwriter und Musiker funktioniert.
Das Album demonstriert eindrucksvoll Tweedy’s Fähigkeit, auch nach über drei Jahrzehnten im Musikgeschäft noch neue künstlerische Territorien zu erkunden. Seine tägliche Songwriting-Praxis, die er seit Jahren pflegt, kulminiert hier in einer Auswahl der besten 30 Songs aus etwa fünf Jahren intensiver Kreativität.
Das Album unterstreicht Jeff Tweedy’s Position als einer der wichtigsten zeitgenössischen Songwriter und beweist, dass Kreativität tatsächlich die Dunkelheit fressen kann.
Tracklist
Disc 1
- One Tiny Flower (6:20)
- Caught Up in the Past (4:23)
- Parking Lot (3:53)
- Forever Never Ends (3:11)
- Love Is for Love (5:06)
- Mirror (3:38)
- Secret Door (3:14)
- Betrayed (3:52)
- Sign of Life (2:45)
- Throwaway Lines (3:02)
Disc 2
- KC Rain (No Wonder) (2:56)
- Out in the Dark (3:33)
- Better Song (3:33)
- New Orleans (4:36)
- Over My Head (Everything Goes) (3:47)
- Western Clear Skies (3:00)
- Blank Baby (2:54)
- No One’s Moving On (4:16)
- Feel Free (7:07)
Disc 3
- Lou Reed Was My Babysitter (3:19)
- Amar Bharati (2:25)
- Wedding Cake (1:51)
- Stray Cats in Spain (3:03)
- Ain’t It a Shame (3:47)
- Twilight Override (3:17)
- Too Real (3:36)
- This Is How It Ends (4:15)
- Saddest Eyes (3:19)
- Cry Baby Cry (4:02)
- Enough (3:35)
Line-Up
- Jeff Tweedy – Lead Vocals (alle Tracks), Akustikgitarre, Bass, E-Gitarre, Klavier, 12-String-Gitarre, elektronische Percussion, Synthesizer-Programmierung, Klatschen
- Spencer Tweedy – Schlagzeug, Vocals, Percussion, Synthesizer, Klavier, Tambourin
- Sammy Tweedy – Synthesizer, Vocals, Synthesizer-Programmierung, Klavier, Vocal-Effekte
- Liam Kazar – Bass, Vocals, Klavier, Akustikgitarre, E-Gitarre
- Sima Cunningham – Klavier, Vocals
- Macie Stewart – Violine, Vocals, Mellotron, Klavier, Synthesizer
- James Elkington – E-Gitarre, Mandoline, Akustikgitarre, Klavier