25. Africa Festival Würzburg 2013
Datum: 30.05. bis 02.06.2013
Venue: Mainwiesen Würzburg /Posthalle Würzburg
Show: Africa Festival Würzburg
Website
Autor/Fotograf: Gerald Langer
Festivalbericht – Persönlicher Rückblick auf ein ganz besonderes Jubiläum
Inhalt
Würzburg (music-on-net) Eigentlich sollten die angekündigten musikalischen Delikatessen im Zentrum der Berichterstattung stehen. Doch es soll ausgerechnet im Jubiläumsjahr alles ganz anders kommen.
Donnerstag, 30. Mai 2013
Offene Bühne
Am Donnerstag, Fronleichnam, Feiertag nicht nur in Würzburg, zeigt sich die Sonne sogar zeitweise am Himmel. Die Wetterprognose für diesen Festivaltag ist zumindest gut, der Wasserstand des Mains – gut sichtbar von den Mainwiesen – allerdings durchaus Besorgnis erregend. Der Basar am frühen Nachmittag und auch am Abend schon gut besucht. Der Programmauftakt des 25. Africa Festival Würzburg bei der Offenen Bühne mit der Blues affinen Tuareg-Rockband Tamikrest aus dem Norden Malis setzt erste musikalische Akzente.
Konzertfotos | Tamikrest
Danach folgt ein nicht minder großartiger – regelrecht explosiver – Auftritt von Fatoumata Diawara, die bereits 2010 auf der Offenen Bühne und letztes Jahr beim Würzburger Hafensommer aufgetreten war. Dass dieses Multitalent aus Mali neben all der Fröhlichkeit auch eine sehr nachdenkliche Seite hat, zeigt sie bei der sich anschließenden Übergabe des diesjährigen Music Award.
Konzertfotos | Fatoumata Diawara
Neben ihr wird auch der mutige, politisch engagierte, Bassekou Kouyaté, ein Meister an der Ngoni – der westafrikanischen Laute -ausgezeichnet. Kouyaté soll uns nach der Preisverleihung noch auf der Offenen Bühne begeistern.
Manu Dibango, 2013 Schirmherr des diesjährigen Festivals, erhält den Music Award für sein schier unüberschaubares musikalisches Lebenswerk.
Die Abendkonzerte im Zelt
Mit Acoustic Africa – Female Voices – African Music At Its Best! wird eine Band angekündigt, die mir als solche, ich gebe es gerne zu, bisher kein Begriff war, aber derartig apostrophiert, natürlich sofort höchste Erwartungen weckt.
Konzertfotos | Acoustic Africa
Und? Diese wurden voll erfüllt. Lebens- und Spielfreude gehen hier Hand in Hand, der Funke springt schon bald auf das Publikum über.
Blues, Rhythm & Blues, Funk und Pop werden wunderbar bekömmlich gemischt, die Bühne für den Altmeister Manu Dibango und seine Soul Makossa Gang nicht nur vorgewärmt, sondern regelrecht zum Glühen gebracht. Mit Cheik Tidiane Seck steht Dibango ein Vollblut-Jazzmusiker zur Seite. Das Programm „Hommage à Mali“ ist quasi maßgeschneidert für das Jubiläumsfestival und seine diesjährige Orientierung mit dem Fokus auf das krisengeschüttelte westafrikanische Mali.
Natürlich lässt der fast Achtzigjährige, den man bei all seiner Coolness und Freundlichkeit gut und gerne auch 20 Jahre jünger einschätzen könnte, die Female Voices and Dancers nochmals auf die Bühne und sorgt so für beste Festivallaune.
Konzertfotos | Manu Dibango
Ein großartiger Auftakt am ersten Festivaltag und eine – nach Programmheft – ebenso wunderbare musikalische Perspektive für die nächsten Tagen. Wenn es doch bloß wieder zu regnen aufhören würde! Dass unangenehme Nass von oben ist „verheißungsvoll“ der mitternächtliche Wegbereiter zum entfernten Parkplatz nach dem Ende des letzten Auftrittes im großen Zelt.
Tatsächlich – alles soll anders kommen als geplant und letztlich auch gehofft!
Freitag, 31. Mai 2013
Am Freitagvormittag überschlagen sich die Meldungen.
Africa Festival auf den Mainwiesen abgesagt, Basar abgesagt, Offene Bühne am Freitag über das Soziale Netzwerk erst zugesagt, dann kurzfristig und durchaus nachvollziehbar vor Ort dann doch widerrufen.
Ratlose Besucher am geschlossenen Zugang zum Festivalgelände, auf selbigem eine unübersehbare Abbautätigkeit. Die asphaltierte Haupterschliessungsstraße ist überwiegend mit Fahrzeugen belegt, die Material aufnehmen und vor das Gelände fahren. Für Besucher muss schon allein aus Gründen der Unfallverhütung und eines möglich reibungslosen Abbaues das Gelände ab sofort geschlossen bleiben.
Von der Friedensbrücke und der Brücke der Deutschen Einheit der Blick auf eine geradezu gespenstische Szenerie. Neben dem sichtlich gestiegenen Wasserpegel des Mains ein fast lautlos vonstatten gehender Rückbau von Ständen und Zelten. Im Friedrich-Koenig-Gymnasium wird eine Notunterkunft für Camper eingerichtet.
Die Festivalleitung ist in dieser Krisensituation trotz vieler eigener freiwilliger Helfer auf die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Hilfskräften von THW, Feuerwehr und anderen Rettungsdiensten angewiesen. Die Traurigkeit über die nahende Krisensituation ist vielen Festivalbesucher ins Gesicht geschrieben. Die meisten zeigen jedoch Verständnis für die Reaktionen der Festivalleitung.
Das Festival reduziert sich in den nächsten drei Tagen im Wesentlichen auf die Abendveranstaltungen, die allesamt in der Posthalle stattfinden. Im Theater am Neunerplatz wird das Kinder- und Kinoprogramm des Kultursenders Arte angeboten.
Schadenbegrenzung muss die Devise von nun an heißen.
Die Posthalle Würzburg als Ausweichspielort
Am Freitagabend also die ersten Konzerte in der Posthalle. Doch zuvor Worte der Dankbarkeit von Dr. Stefan Oschmann, der um Fassung ringt, und von Moderatorin Sarah Bergh an alle Helfer, die es ermöglicht haben, das 25. Africa Festival wenigstens als Music Festival in den zurückliegenden Stunden zu retten.
Habib Koité & Bamada spielen anschließend ein großartiges Set, dass die ausgefeilte Gitarrentechnik Koité’s herrlich in seine Rhythmusband einbindet. Neunzig Minuten sind die strikte Vorgabe für die erst spielenden Künstler, nicht eine einzige davon ist langweilig. Habib Koité hat sich seit dem 8. Africa Festival nicht nur in Würzburg eine große Fangemeinde erspielt, sondern wird mittlerweile weltweit geschätzt.
Konzertfotos | Habib Koite
Salif Keita – die goldene Stimme Malis – wirkt zu Beginn eher etwas verhalten und etwas entrückt. Dieser erste Eindruck soll sich allerdings im Laufe des Konzertes schnell legen. Der von der eigenen Familie in jungen Jahren aufgrund seines Albinismus Verstoßene entführt sein Publikum in tranceartige Zustände und regt somit die ersten Reihen zum eifrigen Mittanzen ein. Dem Wunsch nach Zugabe kommt er nur allzu gerne nach.
Konzertfotos | Salif Keita
Danach noch Havana Club Night in der Posthalle mit Open End!
Der Freitagabend gibt allen das halbwegs gute Gefühl, dass sich zumindest die Abendveranstaltungen stimmungsmäßig in der Zweckarchitektur der Posthalle durchaus wie in einem Zelt entfalten können. Für jedweden Romantizismus ist nicht nur im sprichwörtlichen Sinne kein Raum vorhanden.
Samstag, 1. Juni 2013
Die Abendkonzerte in der Posthalle
Der Samstag und darauf folgende Sonntag laufen dann noch routinierter ab. Vor dem ersten Konzert und zwischen den beiden Konzerten gibt es Präsentationen afrikanischer Damenoberbekleidung und Accessoires von Modeschöpferin Madame Rama Diaw. Auch für Männer – nicht nur mit Kamera – durchaus sehenswert. Vor einem dunklen Brandschutz-Vorhang kommt die Farbenpracht dieser Mode besonders zur Geltung.
Bevor die goldene Stimme des Senegals erklingen soll, lauschen wir zunächst der feinsten Stimme der Kapverden. Nancy Vieira bewegt sich sicher in den unterschiedlichsten Musikströmungen zwischen Pop und Jazz. Den Fado ihrer portugiesischen Wahlheimat Lissabon baut sie in ihre Songs ebenso ein wie brasilianische Tanzrhythmen.
Urlaub, Sonne, Strand und Cocktails sind Assoziationen, die nicht nur bei mir frei gesetzt werden. Dabei klingt Vieira keineswegs banal. Ihren Auftritt kann man sich allerdings auch in einem kleineren familiären Rahmen vorstellen. So hat sie – als Support von Youssou N’Dour – allerdings die Möglichkeit, ein breites Publikum ansprechen zu können.
Konzertfotos | Nancy Vieira
Youssou N’Dour, mittlerweile senegalesischer Kultur- und Tourismusminister, mit einer weltmusikalisch geprägten Biografie, ist natürlich unumstrittener Star des Abends. Das Abendkonzert mit ihm und seiner Band Le Super Etoile de Dakar war das erste, welches ausverkauft war. Kein Wunder – Minister Youssou N’Dour bringt die Posthalle zum Toben.
Ein kleines Best Of seiner gut dreißigjährigen Karriere, die ihn mit Weltstars wie Peter Gabriel, Sting, Bruce Springsteen und vielen anderen gemeinsam auf die Bühne brachte und ein schier unersättliches Publikum. Der Auftritt beim Africa Festival in Würzburg bereitet auch ihm unübersehbar große Freude.
Konzertfotos | Youssou N’Dour
Sonntag, 2. Juni 2013
Die Abendkonzerte in der Posthalle
Am Sonntagabend wird das Finale des Festivals mit der schwedisch-ugandischen Sängerin Jaqee und feinstem Reggae eingeläutet. Blues, Rock, auch Psychedelisches verbindet sie geschickt und beweist dabei deutlich mehr Bühnenpräsenz als noch vor zwei Jahren auf der Offenen Bühne. ich gebe zu – meine Erwartungen werden weit übertroffen.
Konzertfotos | Jaqee
Für den Reggae–Fan ist der anschließende Auftritt von Alpha Blondy & Solar System sicherlich ein weiterer Höhepunkt des diesjährigen Festivals. Kraftvoll, immer auch politisch und mit einer enormen Bühnenpräsenz setzt der mittlerweile sechzigjährige Alpha Blondy einen fetten Schlusspunkt unter vier ganz besondere Festivaltage.
Konzertfotos | Alpha Blondy
Resümee zum 25. Africa Festival Würzburg
Das Africa Festival Würzburg als solches hat seinen angestammten Platz auf den Mainwiesen verloren und ist natur-, besser katastrophenbedingt, „heimatlos“ geworden.
Wie geht’s weiter? Wo geht’s weiter? Geht’s denn überhaupt weiter? Der aufgrund des Hochwassers entstandene finanzielle Schaden dürfte beträchtlich sein.
Ein Africa Festival Spendenkonto Hochwasser wurde angelegt:
Konto Nr. 47365275
BLZ 790 500 00 Sparkasse Mainfranken Würzburg
International:
IBAN: DE52 7905 0000 0047 365275
BIC: BYLADEM1SWU
Bankname: Sparkasse Mainfranken
Das Thema ist brisant, deswegen hier einige Gedanken des Autors:
Das Africa Festival Würzburg ist primär verbunden mit den Namen seiner Initiatoren und dem gemeinnützigen Verein Afro Project e.V. Hier wird man sich überlegen müssen, wo dieses kulturelle Großprojekt in der Region Unterfranken künftig hinsteuern soll.
Noch größer, noch großartiger oder kleiner werden, sozusagen gesund schrumpfen und damit aber hinter den vielleicht immer höheren Erwartungen des Publikums zurückbleiben und dann möglicherweise an Attraktivität verlieren?
Was will das Africa Festival künftig sein? Sicherlich nicht nur ein Musikfestival, sondern afrikanische Kultur überhaupt in die Stadt Würzburg bringen. Damit ist das Festival natürlich seit Jahren auch touristisch durchaus von Interesse.
Kann man sich vielleicht vorstellen, die Abendveranstaltungen künftig regelmäßig wetterunabhängig in der Posthalle stattfinden zu lassen und Basar mit Offener Bühne in der Innenstadt anzubieten? Mögliche Konflikte mit Weindorf und anderen Veranstaltungen sollten dabei möglichst nicht entstehen.
Oder muss der Ort für Abendveranstaltungen des Festivals unmittelbar verknüpft sein mit Basar und Offener Bühne? Böte ein, noch weiter zu entwickelnder, Standort im Bereich der ehemaligen Leighton Barracks nicht auch gute Voraussetzungen für ein solches Festival?
Warum kann das Festival nicht auf der den Mainwiesen benachbarten Talavera stattfinden?
Also: Fragen über Fragen!
Afro Project e.V. und Stadt Würzburg werden sich – nach der Schadenbilanzierung – zusammensetzen und gemeinsam eine Strategie entwickeln müssen, wenn man dieses kulturelle Highlight in der Region belassen möchte.
Und das Umsonst & Draußen Festival soll ja in wenigen Wochen auch wieder auf den Mainwiesen stattfinden.
Blicken wir also gespannt nach vorne!
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